Rz. 6

Unter mehreren örtlich zuständigen Finanzbehörden ist grundsätzlich diejenige zur Entscheidung berufen, die zuerst mit der Sache befasst worden ist. Dabei ist der Wortlaut der Vorschrift insofern zu eng gefasst, als § 25 AO nicht nur darüber bestimmt, welche Finanzbehörde "entscheidet", sondern die Zuständigkeit für das gesamte Verwaltungsverfahren festlegt.[1]

Mit der Sache befasst worden ist eine Finanzbehörde, wenn sie irgendwelche Tätigkeiten – z. B. Ermittlungshandlungen – in Bezug auf die Sache entfaltet hat oder wenn diese von einem Stpfl. an sie herangetragen worden ist.[2] Ein Tätigwerden nach außen ist nicht erforderlich; ein Verwaltungsverfahren i. S. v. § 86 AO braucht noch nicht begonnen zu haben.[3]

Bei laufend veranlagten Steuern bleibt die in der Vergangenheit tätig gewordene Finanzbehörde so lange mit der Sache befasst, bis sie die Akten an eine andere Behörde abgegeben hat. In Fällen der Gesamtrechtsnachfolge ist daher das für den Rechtsvorgänger zuständig gewesene FA das zuerst mit der Sache befasste, wenn es zumindest für einen der Rechtsnachfolger zuständig ist. Entsprechendes gilt für die Zusammenveranlagung von Ehegatten bzw. Lebenspartnern im Trennungsjahr. Solange einer der Ehegatten bzw. Lebenspartner seinen Wohnsitz im Bezirk des bisher zuständigen FA behält, bleibt dieses als das zuerst befasste FA für beide Ehegatten bzw. Lebenspartner zuständig.[4] In anderen Fällen ist dasjenige FA zuerst befasst, an das das bisher für den Rechtsvorgänger bzw. die Ehegatten oder Lebenspartner zuständige FA die Akten abgibt.[5]

Die mit der Erstbefassung begründete Zuständigkeit der einen Behörde führt nicht zur Unzuständigkeit der anderen Behörde(n). Deren Zuständigkeit ruht lediglich mit der Folge, dass sich die beteiligten Behörden noch auf die Zuständigkeit einer anderen Behörde einigen können.[6] Die Zuständigkeit der anderen Behörden endet erst dann, wenn die zuerst befasste Behörde entschieden oder das Verwaltungsverfahren auf andere Weise abgeschlossen hat.[7]

[1] Wackerbeck, in HHSp, AO/FGO, § 25 AO Rz. 15; Schmieszek, in Gosch, AO/FGO, § 25 AO Rz. 7.
[2] Wackerbeck, in HHSp, AO/FGO, § 25 AO Rz. 13; Schmieszek, in Gosch, AO/FGO, § 25 AO Rz. 10; Koenig/Pätz, AO, 4. Aufl. 2021, § 25 Rz. 7.
[3] Wackerbeck, in HHSp, AO/FGO, § 25 AO Rz. 13; Schmieszek, in Gosch, AO/FGO, § 25 AO Rz. 10; Koenig/Pätz, AO, 4. Aufl. 2021, § 25 Rz. 7.
[4] Wackerbeck, in HHSp, AO/FGO, § 25 AO Rz. 8f., 14; Schmieszek, in Gosch, AO/FGO, § 25 AO Rz. 6.
[5] Wackerbeck, in HHSp, AO/FGO, § 25 AO Rz. 9, 14; Schmieszek, in Gosch, AO/FGO, § 25 AO Rz. 6.
[6] BFH v. 7.9.2000, III R 39/98, BStBl II 2001, 116; Wackerbeck, in HHSp, AO/FGO, § 25 AO Rz. 16; Schmieszek, in Gosch, AO/FGO, § 25 AO Rz. 10.
[7] Wackerbeck, in HHSp, AO/FGO, § 25 AO Rz. 16; Schmieszek, in Gosch, AO/FGO, § 25 AO Rz. 10; Koenig/Pätz, AO, 4. Aufl. 2021, § 25 Rz. 7.

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