Rz. 147

Ein Erlass aus sachlichen Gründen ist vor allem geboten, wenn die Verzinsung zwar dem Wortlaut entspricht, jedoch nach dem Zweck des zugrunde liegenden Gesetzes nicht mehr zu rechtfertigen ist und dessen Wertungen zuwiderläuft.[1] Dies gilt auch dann, wenn für den Stpfl. nach der konkreten Sachverhaltsgestaltung kein Zinsvorteil entstehen konnte.[2]

Nachzahlungszinsen, die auf einer zulässigen rückwirkenden Gesetzesänderung einer materiellen Rechtsnorm beruhen, sind mangels eines Zinsvorteils vor Inkrafttreten des Gesetzes zu erlassen.[3] Auch bei einem rückwirkenden Wegfall einer Steuerbefreiung und dadurch bedingten späteren Steuerfestsetzung kommt im Wege der verfassungskonformen Auslegung ein anderes Ergebnis in Betracht.[4]

 

Rz. 148

Auf die Festsetzung von Nachzahlungszinsen kann aus Gründen sachlicher Billigkeit verzichtet bzw. festgesetzte Zinsen können erlassen werden, wenn und soweit der Stpfl. auf die sich aus der Steuerfestsetzung ergebenden Steuerforderungen schon vor dem Wirksamwerden der Steuerfestsetzung freiwillige Leistungen erbracht und das FA diese Leistungen angenommen und behalten hat.[5] Nach der BFH-Rspr. ist es nicht ermessensgerecht, bei der Berechnung des Erlassantrags den Zinslauf der "fiktiven Erstattungszinsen" abweichend von den für Erstattungszinsen geltenden Regelungen zu bestimmen. Für die Ermittlung der vollen Monate i. S. d. § 238 Abs. 1 S. 2 AO bei Erstattungszinsen ist der Tag der Zahlung mitzurechnen und das Ende des (ersten) vollen Monats gem. §§ 187 Abs. 2, 188 Abs. 2 Var. 2 BGB i. V. m. § 108 AO zu bestimmen.[6] Dem wird jetzt durch die Neufassung der AEAO[7] Rechnung getragen. Der Stpfl. hat keinen Anspruch auf Festsetzung höherer Leistungen nach § 163 AO wegen freiwillig geleisteter Zahlungen auf nicht geschuldete Steuern.[8]

 

Rz. 149

Billigkeitsmaßnahmen nach § 227 AO kommen dagegen nicht schon deswegen in Betracht, weil sich nachträglich festgesetzte USt und die vom Leistungsempfänger abziehbaren Vorsteuerbeträge per Saldo ausgleichen.[9] § 233a AO stellt nur auf den wirtschaftlichen Vorteil eines Stpfl. ab.

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