Rz. 39

Die §§ 204ff. AO enthalten keine unbedingte Verpflichtung der Finanzbehörde, verbindliche Zusagen zu erteilen. Ob eine Zusage erteilt wird, liegt im Ermessen der Finanzverwaltung.[1] Bis zum 31.12.1986 "konnte" die Finanzverwaltung Zusagen erteilen; durch das Steuerbereinigungsgesetz 1986 v. 19.12.1985[2] wurde S. 1 mit Wirkung v. 1.1.1987 so geändert, dass Zusagen erteilt werden "sollen". Damit ist die Stellung des Stpfl. erheblich gestärkt worden. Er hat zwar immer noch keinen Rechtsanspruch auf Erteilung einer Zusage; der Ausdruck "soll" zeigt jedoch, dass der Gesetzgeber als Regelfall davon ausgeht, dass die Zusage erteilt wird. Der Finanzverwaltung steht zwar weiterhin das Ermessen zu, zu entscheiden, ob sie eine Zusage erteilen will. Das Ermessen ist aber nur dann pflichtgemäß ausgeübt, wenn die Erteilung der Zusage der Regelfall, die Verweigerung der Zusage die Ausnahme ist. Das Gesetz enthält insoweit eine ermessensleitende Regelung. Die Finanzverwaltung darf die Erteilung einer Zusage danach nur dann verweigern, wenn besonders schwerwiegende Gründe dies rechtfertigen; im Regelfall ist die Zusage zu erteilen. Schwerwiegende sachliche Gründe liegen etwa vor, wenn die Erteilung einer Zusage als Einzelfallentscheidung nicht sachgerecht ist, weil in dieser Frage eine Grundsatzentscheidung der Finanzverwaltung oder des BFH zu erwarten ist oder eine entsprechende gesetzliche Regelung bevorsteht. Abgelehnt werden kann eine verbindliche Zusage auch, wenn sich der Sachverhalt nicht für eine Zusage eignet, etwa weil die Verhältnisse unklar oder unübersichtlich sind.[3] Arbeitsüberlastung der Finanzverwaltung rechtfertigt die Verweigerung der Zusage dann, wenn es sich um eine vorübergehende Notsituation in der Verwaltung handelt (z. B. Krankheit des zuständigen Sachbearbeiters). In diesen Fällen dürfte aber eine Verschiebung der Entscheidung bis zur Beseitigung der Notsituation ermessensgerechter sein als eine Ablehnung des Antrags.[4] Eine allgemeine Arbeitsüberlastung der Finanzverwaltung rechtfertigt dagegen die Ablehnung der Erteilung der Zusage nicht, da sonst die Ablehnung als Regel, die Erteilung als Ausnahme erscheinen könnte und damit das gesetzliche Regel-/Ausnahmeverhältnis ins Gegenteil verkehrt würde. Da die Finanzverwaltung Zusagen erteilen "soll", dies also zu ihren regelmäßigen Aufgaben gehört, muss sie für die dafür erforderlichen Kapazitäten Vorsorge treffen.

 

Rz. 40

Ein sachlicher Grund für die Ablehnung der Erteilung der Zusage liegt vor, wenn kein ausreichendes Bedürfnis des Stpfl. für die Zusage vorliegt, da die knappen Kapazitäten der Finanzverwaltung dann unangemessen in Anspruch genommen werden. Dieses Bedürfnis fehlt etwa, wenn die steuerlichen Folgen eines Sachverhalts leicht zu überschauen sind oder wenn die finanzielle Bedeutung für den Stpfl. gering ist (z. B. Auslaufen des Sachverhalts; völlige Ungewissheit, ob ein solcher Sachverhalt in Zukunft überhaupt verwirklicht wird). In jedem Fall muss die Zusage an einen konkreten Sachverhalt anknüpfen; die Beurteilung hypothetischer Sachverhalte fällt nicht unter § 204 AO.

 

Rz. 41

Die Ablehnung der Erteilung einer Zusage ist nach § 121 Abs. 1 AO zu begründen. Wird die Entscheidung auf Arbeitsüberlastung gestützt, genügt ein allgemeiner Hinweis zur Begründung nicht. Es ist auf die Arbeitssituation in der einzelnen Behörde bzw. Dienststelle einzugehen und dabei darzustellen, aus welchen Gründen die Interessen des Stpfl. hinter denen der Verwaltung zurückstehen müssen.

[1] Niedersächsisches FG v. 19.8.1981, VI 81/80, EFG 1982, 170; Buciek, DStZ 1999, 389.
[2] BStBl II 1985, 735.
[3] AEAO, zu § 204 Nr. 5, VwA 1.
[4] Hierzu Buciek, DStZ 1999, 389.

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