Rz. 9

Nach § 195 S. 2 AO kann die an sich zuständige Finanzbehörde eine andere Finanzbehörde mit der Außenprüfung beauftragen. Die Erteilung eines Prüfungsauftrags ist nicht mit einer Zuständigkeitsverlagerung auf die beauftragte Finanzbehörde verbunden, sondern bedeutet lediglich, dass die an sich zuständige Finanzbehörde ihre Zuständigkeit für eine bestimmte Prüfung nicht in Anspruch nimmt.[1] Der beauftragten Behörde kann daher nicht die Entscheidung darüber überlassen werden, ob und in welchem Umfang die Außenprüfung durchgeführt wird. Vielmehr müssen in der Beauftragung der zu prüfende Stpfl. und der zeitliche und sachliche Umfang der Prüfung festgelegt werden. Die beauftragte Behörde ist hieran gebunden.[2] Eine eventuell erforderlich werdende Erweiterung des Prüfungsumfangs ist nur aufgrund eines erweiterten Prüfungsauftrags der für die Besteuerung zuständigen Finanzbehörde möglich.[3]

Die Prüfungsanordnung kann entweder von der beauftragenden oder von der beauftragten Finanzbehörde erlassen werden.[4] Da die Zuständigkeit der beauftragten von derjenigen der beauftragenden Finanzbehörde abgeleitet ist, entfällt sie, wenn sich die Zuständigkeit für die Besteuerung nach Erlass der Prüfungsanordnung ändert.[5] Eine Fortführung des Prüfungsverfahrens nach § 26 S. 2 AO mit Zustimmung der nunmehr für die Besteuerung zuständigen Finanzbehörde ist allerdings möglich.

Innerhalb des durch den Prüfungsauftrag gezogenen Rahmens führt die beauftragte Finanzbehörde die Außenprüfung selbständig durch. Sie entscheidet über Art und Umfang der erforderlichen Ermittlungen und kann nach § 195 S. 3 AO auch weitergehende Tätigkeiten (Steuerfestsetzung und Erteilung verbindlicher Zusagen) entfalten.[6] Daher kann die Durchführung einer Auftragsprüfung nicht als bloße Amtshilfe i. S. v. § 111ff. AO gewertet werden, bei der die ersuchte Behörde auf die Vornahme einzelner, in dem Amtshilfeersuchen konkret bezeichneter Amtshandlungen beschränkt ist.[7]

 

Rz. 10

Die Rechtsnatur des Prüfungsauftrags hängt nach der Rspr. des BFH davon ab, wie dieser dem zu prüfenden Stpfl. bekannt gegeben wird. Geschieht dies durch die beauftragende Finanzbehörde, handelt es sich auch dann um eine auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtete Regelung und damit um einen selbständig anfechtbaren Verwaltungsakt, wenn der Prüfungsauftrag mit der von derselben Behörde erlassenen Prüfungsanordnung verbunden wird.[8] Wird die Beauftragung dem Stpfl. hingegen erst zusammen mit der von der beauftragten Finanzbehörde erlassenen Prüfungsanordnung mitgeteilt, soll es sich dabei um eine rein innerdienstliche Maßnahme handeln, die nicht selbständig angefochten, sondern nur im Rahmen eines Rechtsbehelfsverfahrens gegen die Prüfungsanordnung inzident auf ihre Rechtmäßigkeit überprüft werden kann.[9]

Diese Unterscheidung vermag nicht zu überzeugen.[10]

Die Rechtsnatur der Beauftragung als selbständiger Verwaltungsakt ergibt sich daraus, dass nach § 196 AO in der Prüfungsanordnung lediglich der (sachliche und zeitliche) Umfang der Außenprüfung zu bestimmen ist, während es sich bei der Festlegung der weiteren Prüfungsmodalitäten um verfahrensrechtliche Regelungen handelt, die allenfalls äußerlich mit der Prüfungsanordnung verbunden werden können.[11] Diese Erwägung gilt unabhängig davon, von welcher der beteiligten Finanzbehörden die Beauftragung bekannt gegeben wird.

 

Rz. 11

Als "andere" Finanzbehörden, die mit der Durchführung einer Außenprüfung beauftragt werden können, kommen grundsätzlich alle in § 6 Abs. 2 AO genannten Behörden i. S. d. FVG in Betracht. U. E. dürfen die sich aus dem FVG ergebenden funktionellen Zuständigkeiten der Finanzbehörden durch einen Prüfungsauftrag aber nicht verändert werden.[12] Nach § 17 Abs. 2 S. 1 FVG obliegt die Verwaltung den Steuern den FÄ als örtlichen Landesbehörden. Demgegenüber sind die obersten Landesfinanzbehörden und die Mittelbehörden auf Leitungsaufgaben[13] und die Landesoberbehörden auf die Erfüllung der ihnen nach Maßgabe des § 17 Abs. 3 Satz 1 FVG zugewiesenen oder sonst übertragenen Aufgaben[14] beschränkt. Ein unmittelbares Tätigwerden zur Durchführung der Besteuerung ist ihnen versagt. Entsprechendes gilt für die Verwaltung der Zölle, die nach § 12 Abs. 2 FVG den Hauptzollämtern als örtlichen Bundesbehörden zugewiesen ist. Aus diesem Grund ist davon auszugehen, dass § 195 S. 2 AO grundsätzlich nur eine Verlagerung der Zuständigkeiten zwischen Finanzbehörden gleicher Stufe ermöglicht.[15] Dass dem beauftragenden FA durch Rechtsverordnung gem. § 17 Abs. 2 S. 3 FVG eine Sonderzuständigkeit für einzelne Steuerarten übertragen worden ist, steht der Erteilung eines Prüfungsauftrags nicht entgegen. Denn § 195 Satz 2 AO stellt insoweit eine andere Bestimmung i. S. von § 16 AO dar, die im gleichen Rang wie § 17 Abs. 2 Satz 3 FVG i. V. m. der jeweiligen Rechtsverordnung steht und von dieser Vorschrift nicht berührt wird.[16] Wie sich aus § 208 Abs. 2 Nr. 1 AO ergibt, können die FÄ und Hauptzollämter auch die mit der Steuerfahn...

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