Rz. 32

§ 194 Abs. 1 S. 4 AO erweitert den persönlichen Umfang der Außenprüfung auf Personen, für deren Rechnung der geprüfte Stpfl. Steuern zu entrichten oder Steuern einzubehalten und abzuführen hatte. Eine solche Verpflichtung sieht das Gesetz insbesondere für die LSt[1], die KapESt[2], die Bauabzugsteuer[3], die auf Einkünfte i. S. des § 50a Abs. 1 EStG entfallende ESt bei beschränkt Stpfl. und die Versicherungsteuer[4] vor. Soweit der zur Entrichtung oder Einbehaltung und Abführung Verpflichtete nicht schon nach § 193 Abs. 1 AO der Außenprüfung unterliegt, ergibt sich die Zulässigkeit der Außenprüfung in diesen Fällen aus § 193 Abs. 2 Nr. 1 AO.

§ 194 Abs. 1 S. 4 AO trägt dem Umstand Rechnung, dass sich Bestand und Umfang der Entrichtungs- bzw. Einbehaltungs- und Abzugspflichten nur unter Berücksichtigung der steuerlichen Verhältnisse derjenigen Personen beurteilen lassen, für deren Rechnung diese Pflichten zu erfüllen sind, weil diese Schuldner der von dem geprüften Stpfl. zu entrichtenden bzw. einzubehaltenden und abzuführenden Steuern sind.[5]

 

Rz. 33

In sachlicher Hinsicht beschränkt sich die Mitprüfung auf diejenigen Verhältnisse der anderen Personen, die für die Entrichtungs- bzw. Einbehaltungs- und Abführungsverpflichtung von Bedeutung sind. Im Fall der LSt gehören dazu z. B. Tatsachen, aus denen sich ergibt, ob die mitgeprüfte Person in einem Arbeitverhältnis zu dem geprüften Stpfl. steht und inwieweit von diesem erbrachte Leistungen Arbeitslohn darstellen, im Fall der KapESt Umstände, die auf das Vorliegen einer verdeckten Gewinnausschüttung schließen lassen[6], beim Steuerabzug nach § 50a EStG Tatsachen, die für die beschränkte Steuerpflicht des Empfängers maßgebend sind.

Andere für die Besteuerung der mitgeprüften Personen bedeutsame Verhältnisse dürfen nicht mitgeprüft werden. Da sich der LSt-Abzug nach der Höhe des Arbeitslohns bemisst, ist eine Überprüfung der dem Arbeitnehmer entstandenen Werbungskosten nach § 194 Abs. 1 S. 4 AO unzulässig. Anders kann es sich in den Fällen des Steuerabzugs nach § 50a EStG verhalten, weil in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit den betroffenen Einnahmen stehende Betriebsausgaben oder Werbungskosten die Bemessungsgrundlage für den Steuerabzug nach § 50a Abs. 3 EStG mindern können.

Umstände, die keine Auswirkungen auf die Entrichtungs- bzw. Einbehaltungs- und Abführungspflichten des geprüften Stpfl. haben, dürfen auch dann nicht in die Prüfung einbezogen werden, wenn sie auf denselben Sachverhalten beruhen.[7]

 

Rz. 34

Die nach § 194 Abs. 1 S. 4 AO in die Prüfung einbezogene Person erlangt dadurch nicht die Stellung eines Verfahrensbeteiligten i. S. d. § 78 AO. Es bedarf ihr gegenüber keiner Prüfungsanordnung.[8] Zur Erteilung von Auskünften und zur Vorlage von Unterlagen sind die mitgeprüften Personen grundsätzlich nur nach Maßgabe der §§ 93, 97 AO verpflichtet. Für den Fall der LSt-Außenprüfung erlegt § 42f Abs. 2 S. 2 EStG den Arbeitnehmern des Arbeitgebers allerdings selbstständige Pflichten auf. Diese gelten nach § 42f Abs. 2 S. 3 EStG auch für Personen, bei denen streitig ist, ob sie Arbeitnehmer des Arbeitgebers sind.

Auch die Rechtswirkungen der Außenprüfung treten unmittelbar nur gegenüber dem geprüften Stpfl. ein. Dies gilt insbesondere für die Ablaufhemmung der Festsetzungsfrist nach § 171 Abs. 4 AO.[9] Allerdings läuft nach § 171 Abs. 15 AO die Festsetzungsfrist gegenüber dem Steuerschuldner nicht vor Ablauf der gegenüber dem Steuerentrichtungspflichtigen geltenden Festsetzungsfrist ab.

Die Verwertung der aus der Mitprüfung gewonnenen Erkenntnisse gegenüber den mitgeprüften Personen ist auf der Grundlage von Kontrollmitteilungen nach § 194 Abs. 3 AO möglich. Darauf beruhende Steuerbescheide unterliegen – wegen der auf den geprüften Stpfl. beschränkten Wirkungen der Außenprüfung – nicht der Änderungssperre nach § 173 Abs. 2 AO.[10]

 

Rz. 35

Die Regelung des § 194 Abs. 1 S. 4 AO gilt nach ihrem zweiten Halbs. auch dann, wenn etwaige Steuernachforderungen den anderen Personen gegenüber geltend zu machen sind. Die Regelung trägt dem Umstand Rechnung, dass den Steuerentrichtungspflichtigen die Haftung für die Steuern trifft, die er für Rechnung des Steuerschuldners zu entrichten bzw. einzubehalten hat[11], sodass die bei ihm durchgeführte Außenprüfung in der Regel (auch) der Feststellung dient, ob ihm gegenüber entsprechende Ansprüche bestehen. Durch § 194 Abs. 1 S. 4, 2. Halbs. AO wird klargestellt, dass die Prüfung der steuerlichen Verhältnisse der anderen Personen unabhängig davon zulässig ist, ob die sich daraus ergebenden steuerlichen Konsequenzen gegenüber den anderen Personen als Steuerschuldnern oder gegenüber dem Steuerentrichtungspflichtigen als Haftungsschuldner geltend zu machen sind.[12]

Die Prüfung der steuerlichen Verhältnisse anderer Personen nach § 194 Abs. 1 S. 4 AO ist auch dann zulässig, wenn bei Erlass der Prüfungsanordnung mit der Möglichkeit zu rechnen ist, dass die Inanspruchnahme des Steuerentrichtungspflichtigen als Haftungsschul...

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