Rz. 7

Das Institut der Außenprüfung ist verfassungsgemäß. Die mit der Durchführung einer Außenprüfung für den Stpfl. verbundenen Belastungen sind im Interesse einer effektiven Wahrnehmung der den Finanzbehörden nach § 85 AO obliegenden Aufgabe grundsätzlich hinzunehmen.[1] Aus den Rechts- und Verwaltungsvorschriften der EU folgt auch kein unmittelbar für die Mitgliedstaaten geltendes Gebot, die unterschiedlichen Regeln auf dem Gebiet der Außenprüfung anzugleichen.[2]

Die unterschiedlichen Voraussetzungen, unter denen Außenprüfungen bei den verschiedenen Gruppen von Stpfl. zulässig sind, bedürfen im Hinblick auf den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG jedoch besonderer Rechtfertigung. Dies gilt insbesondere im Verhältnis zwischen Stpfl. i. S. v. § 193 Abs. 1 AO und allen anderen Stpfl. Während Außenprüfungen bei Stpfl. i. S. v. § 193 Abs. 1 AO ohne weiteres zulässig sind und keiner über die Bezugnahme auf die gesetzliche Vorschrift hinausgehenden Begründung bedürfen[3], ist ihre Zulässigkeit bei anderen Stpfl. von den besonderen – die Prüfungsbedürftigkeit indizierenden und im Einzelfall darzulegenden – Voraussetzungen des § 193 Abs. 2 AO abhängig.

 

Rz. 8

Die darin liegende Ungleichbehandlung zulasten des in § 193 Abs. 1 AO umschriebenen Personenkreises wird bei Stpfl., die einen gewerblichen oder land- und forstwirtschaftlichen Betrieb unterhalten oder die freiberuflich tätig sind, damit begründet, dass die steuererheblichen Verhältnisse eines Unternehmers bei einer Veranlagung an Amtsstelle im Allgemeinen nicht hinreichend aufgeklärt werden können, weil es hierbei auf Geschäftsvorfälle ankommt, die sich erst durch ein Eindringen in die von dem Stpfl. geführten Bücher und Aufzeichnungen beurteilen lassen.[4] Obwohl sich die Aufzeichnungspflichten auf den betrieblichen Bereich beschränken, hält der BFH unter diesem Gesichtspunkt auch die routinemäßige Überprüfung der nichtbetrieblichen Verhältnisse für gerechtfertigt, weil es für die Gewinnermittlung vielfach darauf ankomme, ob und in welchem Umfang bestimmte Vorgänge zum betrieblichen oder privaten Bereich gehörten, und für Schätzungen und Kontrollrechnungen im betrieblichen Bereich häufig die Entwicklung der privaten Verhältnisse mit herangezogen werden müsse.[5]

 

Rz. 9

Die Einbeziehung der Stpfl. i. S. d. § 147a AO durch das Gesetz zur Bekämpfung der Steuerhinterziehung (Steuerhinterziehungsbekämpfungsgesetz) v. 29.7.2009[6], von der ursprünglich Stpfl. betroffen waren, bei denen die Summe der positiven Einkünfte nach § 2 Abs. 1 Nr 4-7 EStG (Überschusseinkünfte) mehr als 500.000 EUR im Kalenderjahr beträgt, oder die eine Aufbewahrungsanordnung zur Absicherung der besonderen Pflicht nach § 90 Abs. 2 S. 3 AO in der damals geltenden Fassung[7] erhalten hatten, war nach der Begründung des Regierungsentwurfs "erforderlich, da solche Prüfungsfälle regelmäßig von erheblicher Bedeutung sind und beachtliche Mehrergebnisse aufweisen".[8] Unter Hinweis darauf hält der BFH die Erweiterung der Außenprüfung nach § 193 Abs. 1 AO auf Stpfl. mit hohen Überschusseinkünften für "nicht offensichtlich verfassungswidrig".[9] In der Literatur ist der Schwellenwert von 500.000 EUR dagegen auf Kritik gestoßen. Er beruhe auf dem nicht unproblematischen Verdacht, dass bei hohen Einkünften besonders oft und in besonders großem Umfang Steuern hinterzogen würden.[10] Ein Steuerverkürzungspotenzial sei bei Überschusseinkünften, die unter 500.000 EUR liegen oder gar negativ sind, nicht minder gegeben.[11] Obwohl die Grenze von 500.000 EUR wenig über die Kontrollbedürftigkeit des Stpfl. aussagt[12], lässt sie sich doch mit der Erwägung rechtfertigen, dass die Finanzverwaltung ihre begrenzten Prüfungsressourcen sinnvollerweise auf große Steuerfälle konzentriert, bei denen eine nicht dem Gesetz entsprechende Steuererklärung die Gefahr besonders hoher Steuerausfälle mit sich bringt.

Die mit der Einfügung des § 147a Abs. 2 AO durch das Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz (StUmgBG) v. 23.6.2017[13] verbundene Ausdehnung des § 193 Abs. 1 AO auf Stpfl. mit bestimmendem oder beherrschendem Einfluss auf Drittstaat-Gesellschaften i. S. d. § 138 Abs. 3 AO begegnet ebenfalls keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken, weil in diesen Fällen typischerweise das Risiko einer Beeinträchtigung des inländischen Besteuerungsrechts besteht.[14]

Rz. 10 einstweilen frei

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