2.1 Rechtsgeschäftlich bestellter gemeinsamer Empfangsbevollmächtigter, Abs. 1 S. 1

 

Rz. 15

Vorrangig ist die Bekanntgabe an einen von den Feststellungsbeteiligten nach § 80 AO rechtsgeschäftlich bestellten gemeinsamen Empfangsbevollmächtigten. Sind mehrere Personen an dem Feststellungsverfahren beteiligt, ist die Feststellung also eine einheitliche, trifft die Feststellungsbeteiligten nach § 183a Abs. 1 S. 1 AO die Obliegenheit, einen gemeinsamen Empfangsbevollmächtigten zu bestellen, der ermächtigt ist, Verwaltungsakte und Mitteilungen für das Feststellungsverfahren und ein diesbezügliches Einspruchsverfahren (nicht: gerichtliches Verfahren) entgegenzunehmen. Die Obliegenheit ist auf die Bestellung eines (einzigen) gemeinsamen Empfangsbevollmächtigten gerichtet. Die Bestellung je eines Empfangsbevollmächtigten für jeden Feststellungsbeteiligten oder für Gruppen von Feststellungsbeteiligten genügt nicht (vgl. jedoch Rz. 21).

 

Rz. 16

Die Bekanntgabe an den rechtsgeschäftlich bestellten Empfangsbevollmächtigten nach Abs. 1 S. 1 setzt keine intakte Gesellschaft/Gemeinschaft voraus.[1] Die Bestellung des Empfangsbevollmächtigten beruht auf der freien Willensentscheidung jedes einzelnen Feststellungsbeteiligten. Es kann ihm überlassen bleiben, die Empfangsvollmacht zu widerrufen oder der Bekanntgabe an den Empfangsbevollmächtigten zu widersprechen. Dazu brauchen keine besonderen Gründe vorzuliegen. M. E. ist daher die Regelung des Abs. 2 S. 1 Nr. 2, wonach bei Ausscheiden aus der Personenvereinigung und bei ernsthaften Meinungsverschiedenheiten die Bekanntgabe nicht nach Abs. 1 erfolgen kann, auf die Fälle der fiktiven Bevollmächtigung des Abs. 1 S. 2 und 3 zu beschränken. Gerade bei ernsthaften Meinungsverschiedenheiten zwischen den Feststellungsbeteiligten oder Ausscheiden aus der Personenvereinigung kann erwartet werden, dass der Feststellungsbeteiligte die Empfangsvollmacht widerruft oder der Bekanntgabe an den Empfangsbevollmächtigten widerspricht, wenn er dies zur Wahrung seiner Rechte für erforderlich hält, und dass er dies dem FA mitteilt. Dies ergibt m. E. auch § 183a Abs. 2 S. 2 AO. Andernfalls wäre diese Vorschrift gegenstandslos. Sie enthält insoweit eine Ausnahme von der Regelung des § 183a Abs. 2 S. 1 AO.

Dagegen gilt dies nicht für den Fall des Abs. 2 S. 1 Nr. 1, also wenn die Personengemeinschaft nicht mehr besteht oder rechtsfähig geworden ist. Hierzu Rz. 46.

 

Rz. 17

Die Bestellung erfolgt durch positiven Akt, d. h. Erteilung der Bekanntgabevollmacht an den Empfangsbevollmächtigten und Mitteilung hiervon an die Finanzbehörde. Tritt ein weiterer Feststellungsbeteiligter in die Personenvereinigung ein, muss er zusätzlich den Empfangsbevollmächtigten für sich bestellen.[2] Die Erteilung der Empfangsvollmacht ist nicht formgebunden. Wird eine Person in einer Steuererklärung als Empfangsbevollmächtigter benannt, reicht dies zur Bestellung aus. Insbesondere wenn die benannte Person Steuerberater ist, ist zu vermuten, dass die Erteilung der Empfangsvollmacht ordnungsgemäß erfolgt ist.[3] Es genügt auch eine Anscheins- oder Duldungsvollmacht.[4]

 

Rz. 18

Die Feststellungsbeteiligten sind frei, eine geeignete Person als Empfangsbevollmächtigten zu benennen. Es muss sich nicht um einen Feststellungsbeteiligten handeln.

 

Rz. 19

Es handelt sich nicht um eine erzwingbare Verpflichtung, sondern um eine Obliegenheit. Die Verwaltung kann die Erfüllung der Obliegenheit nicht erzwingen, ihre Verletzung hat lediglich die in § 183a Abs. 1 S. 2ff. AO enthaltenen Folgerungen.

 

Rz. 20

Die Bestellung eines gemeinsamen Empfangsbevollmächtigten soll die Bekanntgabe im Verwaltungsverfahren vereinfachen. Regelfall ist daher, dass ein einziger Empfangsbevollmächtigter für alle Feststellungsbeteiligten bestellt wird. Im Zweifel bedeutet daher die Bestellung eines (neuen) Empfangsbevollmächtigten gleichzeitig den Widerruf der Bestellung des bisherigen Empfangsbevollmächtigten.[5]

 

Rz. 21

Ob die Obliegenheit besteht, einen einzigen Empfangsbevollmächtigten zu benennen, und daher bei ihrer Nichterfüllung die Folgerungen des Abs. 1 S. 2, 3 eintreten, hängt davon ab, ob die Nichtbestellung eines gemeinsamen Empfangsbevollmächtigten das Verwaltungsverfahren erschwert. Diese Obliegenheit besteht daher nicht, wenn der Gesichtspunkt der Verwaltungsvereinfachung die Bestellung eines gemeinsamen Empfangsbevollmächtigten nicht erfordert. Das ist der Fall, wenn nur wenige Feststellungsbeteiligte vorhanden sind (etwa bis zu drei Personen), die Bekanntgabe an jeden von ihnen also keine wesentliche Störung des Verwaltungsablaufs darstellt.[6] Entsprechendes gilt, wenn nicht ein gemeinsamer Empfangsbevollmächtigter bestellt ist, sondern je einer für verschiedene Beteiligtengruppen. Auch dann wird die Obliegenheit als erfüllt angesehen werden können, wenn insgesamt an nicht mehr als etwa drei Personen (Empfangsbevollmächtigte) bekannt zu geben ist. Die Entscheidung, mehr als einen Empfangsbevollmächtigten zuzulassen, liegt im Ermessen der Finanzbehörde. Dabei ist das Vereinfachungsinteresse der Finanzverwaltung mit dem Interesse der Fests...

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