2.1 Grundlagen

 

Rz. 51

Abs. 2 S. 1, 2 regelt die "dingliche Wirkung" der Einheitswertbescheide bzw. der Grundsteuerwertbescheide, die auch gegen den Rechtsnachfolger in den Steuergegenstand oder einen Anteil an diesem wirken. Liegt Gesamtrechtsnachfolge vor, ergibt sich die Bindungswirkung gegen den Gesamtrechtsnachfolger schon aus dem Prinzip des § 45 AO. § 182 Abs. 2 AO spricht diese Folge für Gesamtrechtsnachfolger ausdrücklich aus und dehnt die Bindungswirkung über die Fälle der Gesamtrechtsnachfolge hinaus auch auf den Einzelrechtsnachfolger aus.[1] Die Vorschrift enthält daher eine Ausnahme von dem in § 124 AO verankerten Grundsatz, dass ein Verwaltungsakt nur gegenüber demjenigen wirkt, dem er bekanntgegeben worden ist. Bei § 182 Abs. 2 AO wirkt der Einheitswertbescheid bzw. der Grundsteuerwertbescheid auch gegenüber dem Rechtsnachfolger, obwohl er diesem nicht bekanntgegeben wurde.

Die dingliche Wirkung gilt nach § 184 Abs. Abs. 1 S. 4 AO auch für Grundsteuermeßbescheide.

 

Rz. 52

§ 182 Abs. 2 AO gilt für alle Fälle der Rechtsnachfolge, also sowohl für die Einzelrechtsnachfolge als auch für die Gesamtrechtsnachfolge. Eine Sonderregelung für Gesamtrechtsnachfolge für alle Bescheide enthält § 166 AO§ 182 Abs. 2 AO geht für Einheitswertbescheide bzw. Grundsteuerwertbescheide aber weiter, da es nicht auf die Anfechtungsmöglichkeit ankommt. Im Fall der Rechtsnachfolge hat nach § 22 Abs. 2 BewG bzw. § 222 Abs. 2 BewG eine Zurechnungsfortschreibung zu erfolgen. Die dingliche Wirkung bezieht sich daher naturgemäß nur auf die Wert- und Artfeststellung.

 

Rz. 53

Aus der Regelung des Abs. 2 folgt, dass es einer Bekanntgabe des Einheitswertbescheids bzw. des Grundsteuerwertbescheides an den Rechtsnachfolger nur bedarf, wenn die Rechtsnachfolge eintritt, bevor der Feststellungsbescheid ergangen ist.[2] "Ergangen" ist der Bescheid im Zeitpunkt seines Wirksamwerdens nach § 124 AO. Auf die Kenntnis der Steuerbehörde von dem Eintritt der Rechtsnachfolge kommt es nicht an. Ist die Rechtsnachfolge vor Ergehen (d. h. Wirksamwerden nach § 124 AO) des Feststellungsbescheids eingetreten, gibt die Behörde aber in unverschuldeter Unkenntnis den Bescheid an den Rechtsvorgänger bekannt, entfaltet der Bescheid gegenüber dem Rechtsnachfolger keine Wirkung. Tritt die Rechtsnachfolge vor Ergehen des Bescheids ein, enthält der Bescheid aber auch Regelungen für die Zeit, zu der der Gegenstand dem Rechtsvorgänger zuzurechnen war, ist an Rechtsvorgänger und -nachfolger bekanntzugeben. Betrifft der Bescheid nur die Zeit, in der der Gegenstand nur dem Rechtsnachfolger zuzurechnen ist, genügt die Bekanntgabe an den Rechtsnachfolger.

 

Rz. 53a

§ 182 Abs. 2 AO ist auch Grundsteuermessbescheide nach § 184 Abs. 1 S. 4 AO sinngemäß anzuwenden.[3] Für Gewerbesteuermessbescheide gilt dies jedoch nicht.

Bei Grundsteuermessbescheiden erfasst die dingliche Wirkung bei einer Wert-, Art- oder Zurechnungsfortschreibung auch diejenigen festgestellten Besteuerungsgrundlagen, die nicht fortgeschrieben werden. das gilt, obwohl nach § 17 Abs. 1 GrStG in diesem Fall eine Neuveranlagung durchzuführen ist. Die Neuveranlagung ist aber inhaltlich auf diejenigen Besteuerungsgrundlagen beschränkt, die fortgeschrieben worden sind. Bei einer Zurechnungsfortschreibung sind daher Wert- und Artfeststellung unverändert in die Neuveranlagung zu übernehmen. Eine Änderung insoweit ist nur möglich, wenn ein entsprechender Tatbestand vorliegt, z. B. der der Fehlerbeseitigung nach § 17 Abs. 2 Nr. 2 GrStG.[4] Diese Rechtsfolge ergibt sich daraus, dass Wert-, Art- und Zurechnungsfeststellung jeweils eigenständige gesonderte Feststellungen sind, die nur in einer Urkunde zusammengefasst werden. Eine Fortschreibung einer dieser Besteuerungsgrundlagen berührt die Feststellung und damit die Bestandskraft der anderen festgestellten Besteuerungsgrundlagen nicht.

[1] Brandis, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 182 AO Rz. 7.
[2] AEAO zu § 182 AO Tz. 1.

2.2 Rechtsbehelfsbefugnis

 

Rz. 54

Für die Rechtsmittelbefugnis ist zu unterscheiden: Tritt die Rechtsnachfolge nach Bestandskraft des Einheitswertbescheids ein, hat der Rechtsnachfolger keine Möglichkeit, Rechtsmittel einzulegen, auch wenn er nicht in der Lage war, während des Laufs der Rechtsbehelfsfrist Einspruch einzulegen. § 182 Abs. 2 AO ist insoweit eine Einschränkung des § 110 AO, da sonst der Gesetzeszweck des § 182 Abs. 2 AO vereitelt würde. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann aber dem Rechtsvorgänger gewährt werden, wenn in seiner Person Wiedereinsetzungsgründe vorliegen, obwohl er an dem Gegenstand steuerlich nicht mehr beteiligt ist. Allein der gegen ihn gerichtete Bescheid stellt eine (u. U. nur formale) Beschwer dar, die ihn zur Rechtsverfolgung legitimiert. Es kann nämlich nicht Zweck des Abs. 2 sein, die Rechtsverfolgung stärker einzuschränken, als es das Prinzip der dinglichen Wirkung erfordert. In einem solchen Fall ist der Rechtsnach...

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