Rz. 124

Der zweite Tatbestand umfasst die Besteuerungsgrundlagen aus einem Gesamtobjekt.[1] Ein Gesamtobjekt liegt vor, wenn einzelne Wirtschaftsgüter zwar einzelnen Stpfl. zuzurechnen sind,[2] diese einzelnen Stpfl. aber bei Planung, Herstellung, Erhaltung oder Erwerb der Wirtschaftsgüter, Anlagen und Einrichtungen gleichartige Rechtsbeziehungen zu Dritten (der auch Eigentümer eines dieser Wirtschaftsgüter usw. sein kann) hergestellt oder unterhalten haben. Dieser Tatbestand trifft typischerweise bei Wohnanlagen (Eigentumswohnungen, Reihenhäuser, freistehende Einfamilienhäuser in einer Gesamtanlage, Ferienhausanlage) zu, insbesondere, aber nicht nur, bei Bauherrenmodellen.[3] Es genügt, dass bei mehreren Beteiligten die gesonderte Feststellung für nur zwei Beteiligte von Bedeutung ist. Auf die Höhe der jeweiligen Beteiligungen kommt es nicht an.[4]

 

Rz. 125

Es müssen zu dem Dritten gleichartige Rechtsbeziehungen unterhalten werden. Das setzt voraus, dass verschiedene Rechtsbeziehungen bestehen, typischerweise also jeweils Rechtsbeziehungen zwischen jedem der Stpfl. und dem Dritten. Besteht nur eine einzige Rechtsbeziehung (eine Gemeinschaft kauft einen Gegenstand), kann es sich nicht um ein Gesamtobjekt handeln, weil es an den verschiedenen gleichartigen Rechtsbeziehungen fehlt. Es wird aber eine Feststellung nach Nr. 2a infrage kommen. Abzulehnen ist daher die Ansicht der Rechtsprechung,[5] wonach für die USt (Vorsteuerabzug) ein Gesamtobjekt vorliegen soll, wenn mehrere Landwirte gemeinsam als Bruchteilsberechtigte einen Mähdrescher erwerben und in ihren eigenen landwirtschaftlichen Betrieben einsetzen. Die Landwirte hatten bei dem Kauf der Maschine eine einzige, einheitliche Rechtsbeziehung zu dem Verkäufer, nicht mehrere "gleichartige" Rechtsbeziehungen. Das Wort "gleichartig" enthält notwendig die Möglichkeit, dass einzelne Bestimmungen der Rechtsbeziehungen untereinander abweichen; das ist bei dem Kauf einer Maschine durch Bruchteilseigentümer nicht denkbar. Tatsächlich lag nicht ein Fall des § 1 Abs. 1 Nr. 2 VO (Gesamtobjekt) vor, sondern des § 1 Abs. 1 Nr. 1 VO. Dieser Tatbestand ist aber auf die USt nach § 1 Abs. 2 VO nicht anwendbar (vgl. Rz. 144); die Auslegung des BFH ist nur daraus zu verstehen, dass anders eine gesonderte Feststellung der Vorsteuerbeträge aus dem Kauf der Maschine nicht möglich gewesen wäre. Diese Auslegung geht aber über den möglichen Wortsinn der Definition des "Gesamtobjekts" hinaus.

 

Rz. 126

Die Rechtsbeziehungen zu den Dritten müssen gleichartig sein, sie brauchen nicht identisch zu sein. Gleichartigkeit bedeutet, dass sie jeweils die gleiche Struktur und im Wesentlichen den gleichen Inhalt aufweisen; Anpassung an individuelle Besonderheiten schadet nicht. Im Einzelnen bedeutet Gleichartigkeit

  • bei Planung: Die einzelnen Wirtschaftsgüter der Anlage müssen nach einem einheitlichen Konzept geplant sein; der Planende (Architekt) muss für alle Stpfl. der gleiche sein. Individuelle Wünsche können in die Planung einfließen, wenn dadurch das Gesamtkonzept nicht zerstört wird;
  • bei Herstellung: Die Herstellung muss durch die jeweils gleichen Unternehmer aufgrund standardisierter Verträge erfolgen. Die Gegenleistung muss für alle Stpfl., unter Berücksichtigung der individuellen Sonderwünsche, gleich sein (gleiche Treuhänder-, Baubetreuer-, Garantiegeberverträge);
  • bei Erwerb: Der Erwerb der Wirtschaftsgüter muss von den jeweils gleichen Personen (der gleichen Personengruppe) aufgrund standardisierter Erwerbsverträge zum, unter Berücksichtigung der Besonderheiten der Objekte, gleichen Preis erfolgen. Die Gleichartigkeit kann auch durch die gleichartige Finanzierung geschaffen werden, wenn ein Kreditinstitut die Finanzierung zu jeweils gleichen Konditionen anbietet (Globalfinanzierung anstelle einer Individualfinanzierung); dies schließt auch ein Damnum ein.[6] Ohne Bedeutung ist es dann, ob alle Stpfl. diese Finanzierung in Anspruch nehmen, oder die Höhe der einzelnen Darlehen;
  • bei Erhaltung: Die Eigentümer des Gesamtobjekts haben jeweils gleichartige Verträge über die Bewirtschaftung, Verwaltung, Betreuung, Instandhaltung, Vermietung usw. der einzelnen Wirtschaftsgüter abgeschlossen. Typisches Beispiel ist die Hausverwaltung einer Wohnanlage. Feststellungen sind auch bei Erhaltungsaufwand oder, nach Erwerb, anschaffungsnahem Aufwand möglich.[7] Aus der Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums bei im Sondereigentum stehendem Wohnungseigentum können sich gleichartige Rechtsbeziehungen ergeben.[8]
 

Rz. 127

Liegt ein Gesamtobjekt in dem beschriebenen Sinn vor, wird das Projekt häufig auf die Zurechnung von Verlusten gerichtet sein (Verlustzuweisungsprojekte). Einzelheiten zur Prüfung und Feststellung der Verluste in diesen Fällen sind durch BMF v. 13.7.1992, IV A 5 – S 0361 – 19/92, BStBl I 1992, 404, geändert durch BMF v. 28.6.1994, IV A 4 – S 0361 – 14/94, BStBl I 1994, 420, geregelt.

[1] Abs. 1 Nr. 2; zum Inhalt der Feststellung BMF v. 2.5.2001, IV A 4 – S 0361 – 4/01, BStBl I 2001, 256.
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