2.1 Zulässigkeit der gesonderten Feststellung

 

Rz. 13

Zulässig ist die gesonderte Feststellung nur, soweit dies in der AO oder anderen Gesetzen bestimmt ist. Steuergesetz kann dabei nach § 4 AO jede Rechtsnorm, also auch eine Rechtsverordnung, sein.[1] Zu den einzelnen gesetzlichen Vorschriften außerhalb der AO, die eine gesonderte Feststellung zulassen, Frotscher, G., in Schwarz/Pahlke/Keß, AO/FGO, Vor § 179 AO Rz. 8ff.

Das Verwaltungsverfahren muss auf einer gesetzlichen Grundlage beruhen. Für das Steuerverfahren bildet § 155 AO diese gesetzliche Grundlage. Für den Regelfall werden Steuern festgesetzt, und zwar durch Steuerbescheid. Einzelne Besteuerungsgrundlagen sind nach § 157 Abs. 2 AO nur unselbständige Teile der Steuerberechnung im Steuerbescheid und können grundsätzlich nicht Gegenstand eines eigenständigen Bescheids sein. Nach § 157 Abs. 2 AO gibt es davon nur eine Ausnahme, wenn dies gesetzlich zugelassen oder vorgeschrieben ist. Vom Gesetz vorgeschriebener Normalfall ist daher das einstufige Verfahren, nach dem alle Entscheidungen nur im Steuerbescheid getroffen werden. Ein zwei- oder mehrstufiges Verfahren, in dem ein Verwaltungsakt Grundlagenbescheid für einen Folgebescheid ist und dieser an die Entscheidungen im Grundlagenbescheid gebunden ist, bedarf einer gesetzlichen Grundlage. Das ergibt sich daraus, dass ein solches zwei- oder mehrstufiges Verwaltungsverfahren unmittelbare Folgen für Bestandskraft, Festsetzungsfrist und damit Erlöschen der Steueransprüche, Rechtsschutz und Umfang der Nachprüfungsbefugnis der Gerichte hat.[2]

Vorgeschaltete Verwaltungsakte mit Bindungswirkung schränken die Nachprüfung des Folgebescheids durch die Gerichte ein. Auch die Garantie eines effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG macht daher eine gesetzliche Regelung für ein zwei- oder mehrstufiges Verfahren erforderlich.

Die gesetzliche Regelung der Zulässigkeit der gesonderten Feststellung ist daher als abschließende Sonderregelung zu dem Grundsatz des § 157 Abs. 2 AO zu verstehen, wonach Besteuerungsgrundlagen regelmäßig nicht Objekt eines gesonderten Verwaltungsakts (Feststellungsbescheid) sind. Ausnahmen von diesem Grundsatz bedürfen einer gesetzlichen Ermächtigung.[3]

 

Rz. 14

Zweckmäßigkeitserwägungen allein reichen nicht aus, eine gesetzlich nicht vorgesehene gesonderte Feststellung vorzunehmen.[4] Eine gesonderte Feststellung außerhalb einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung ist daher nicht zulässig. So war etwa die Ermittlung des Einkommens in dem KSt-Bescheid der Organgesellschaft bis Vz 2013 kein Grundlagenbescheid für die Besteuerung des Organträgers. Für eine gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen auf der Ebene der Organgesellschaft fehlte bis Vz 2013 die Rechtsgrundlage.[5] Ab Vz 2014 enthält § 14 Abs. 5 KStG eine Rechtsgrundlage für eine gesonderte Feststellung der dem Organträger zuzurechnenden Besteuerungsgrundlagen.[6]

 

Rz. 15

Allerdings hat die Rechtsprechung in Sonderfällen eine Bindungswirkung ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung für möglich gehalten, wenn Sachverhalte zu beurteilen sind, die die Finanzbehörde mangels eigener Sachkunde nicht selbst beurteilen kann.[7] Beispiel war etwa die Feststellung des Grades der Schwerbehinderung.[8] Aus rechtlicher Sicht ist diese Auffassung sehr problematisch, da sie zu einer Durchbrechung der Bestandskraft und der Festsetzungsfrist des Steuerbescheids ohne gesetzliche Grundlage führen kann. Durch Gesetzesänderungen wird regelmäßig eine gesetzliche Grundlage für eine solche Bindungswirkung eingeführt, wenn ein Bedürfnis für die Bindung an eine vorrangige Entscheidung besteht. Im Ergebnis dürften solche Fälle kaum noch vorkommen.

 

Rz. 16

Andererseits bedeuten die Wirkungen der gesonderten Feststellung auf die Steuerfestsetzung aber auch, dass eine gesonderte Feststellung vorgenommen werden muss, wenn ihre Voraussetzungen vorliegen und keine gesetzliche Ausnahme, wie etwa § 180 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 AO, vorliegt. Unterlässt die Finanzbehörde den Erlass eines Feststellungsbescheids, ohne dass die Voraussetzungen des § 155 Abs. 2 AO vorliegen, stellt dies einen Verstoß gegen die Grundordnung des Verfahrens dar. Im Klageverfahren gegen den Folgebescheid muss das FG das Verfahren aussetzen und den Erlass des Feststellungsbescheids abwarten. Im Revisionsverfahren ist das Urteil des FG regelmäßig aufzuheben, weil es sich um einen wesentlichen Verfahrensverstoß handelt.[9] Ein in das Ermessen der Finanzverwaltung gestelltes Absehen von der gesonderten Feststellung würde (mittelbar) Bestandskraft und Ablauf der Festsetzungsfrist des Steuerbescheids (Folgebescheid) in das Ermessen der Behörde stellen. Dies ist aus grundsätzlichen rechtsstaatlichen Erwägungen bedenklich. Bedenken bestehen daher insbesondere für die Feststellungen nach der VO zu § 180 Abs. 2 AO, bei der in großem Umfang Ermessensentscheidungen zu treffen sind.[10]

 

Rz. 17

Liegen die Voraussetzungen einer gesonderten Feststellung zwar nicht vor, wird dies aber vom Stpfl. behauptet oder bestehen sonst begründete Zweifel, ob diese Vor...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge