5.1 Allgemeines

 

Rz. 238

§ 173 Abs. 2 AO enthält eine Änderungssperre, die durch eine Außenprüfung ausgelöst wird. Damit tritt aufgrund der Außenprüfung eine verstärkte Bestandskraft ein.[1] Folge dieser verstärkten Bestandskraft ist, dass der Steuerbescheid nur noch unter bestimmten, erschwerten Umständen geändert werden kann (vgl. Rz. 243). Abs. 2 unterstreicht damit die besondere Bedeutung der Außenprüfung, die nach der Zielvorstellung des Gesetzgebers eine umfassende und abschließende Prüfung des Steuerfalls sein soll. Die Änderungssperre i. V. m. der Außenprüfung dient damit in besonderem Maß dem Rechtsfrieden.[2] Der Gesetzgeber gibt damit dem Rechtsfrieden und der Rechtssicherheit Vorrang vor der materiellen Richtigkeit der Besteuerung. Der Grundsatz des § 3 AO, dass Steuern "allen" auferlegt werden, bei denen der Tatbestand zutrifft (und nur diesen Personen), wird insoweit zugunsten der Rechtssicherheit eingeschränkt. Ist die Steuerfestsetzung zugunsten des Stpfl. unrichtig, bedeutet die Änderungssperre, dass er insoweit gleichheitswidrig nicht belastet wird, obwohl der Tatbestand der Besteuerung erfüllt ist. Im umgekehrten Fall wird er ohne die entsprechende Tatbestandsverwirklichung, und damit im Grunde gleichheitswidrig, belastet. Beides schränkt den Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung und der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ein. Dogmatische Grundlage dieser gesetzgeberischen Entscheidung ist, dass die Außenprüfung die endgültige Tatsachenfeststellung darstellt. Danach soll es nach einer umfassenden und intensiven Überprüfung des Steuerfalls durch die Außenprüfung im Interesse des Rechtsfriedens keine erneute Tatsachenfeststellung für die gleiche Steuerart und den gleichen Besteuerungszeitraum bei dem gleichen Stpfl. mehr geben. Der Grundsatz der Rechtssicherheit und des Rechtsfriedens ist eine hinreichende Rechtfertigung für die Einschränkung des Grundsatzes der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und damit des Gleichheitsgrundsatzes.

[2] Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 173 AO Rz. 89.

5.2 Persönlicher und sachlicher Anwendungsbereich der Änderungssperre

 

Rz. 239

Die verstärkte Bestandskraft greift unabhängig davon ein, ob die durch sie verhinderte Änderung der Steuerfestsetzung zugunsten des Stpfl. oder zu seinen Lasten wirken würde. Abs. 2 soll also nicht nur den Stpfl. vor Steuernachforderungen nach Abschluss einer Außenprüfung schützen, sondern soll Rechtsfrieden nach allen Seiten herstellen. Der Rechtsfrieden würde auch gestört, wenn der Stpfl. eine Änderung der Steuerfestsetzung zu seinen Gunsten nach Abschluss einer Außenprüfung verlangen würde. Auch für ihn ist die Außenprüfung die umfassende und abschließende Prüfung des Steuerfalls. Er muss daher, will er eine Änderung zu seinen Gunsten erreichen, die entsprechenden Tatsachen spätestens während der Außenprüfung vorbringen bzw. Änderungsanträge spätestens im Rechtsbehelfsverfahren über die aufgrund der Außenprüfung erlassenen Bescheide bzw. nach Ergehen der Mitteilung nach § 202 Abs. 1 S. 3 AO[1] stellen.

 

Rz. 240

Die Wirkung der Änderungssperre bei Änderungen auch zugunsten des Stpfl. ergibt sich schon aus dem Wortlaut des § 173 Abs. 2 AO, der insoweit keine Einschränkung nur auf Änderungen zulasten des Stpfl. erlaubt. Der Ausschluss auch von Änderungen zugunsten des Stpfl. entspricht dem Zweck der Vorschrift, Rechtsfrieden herzustellen. Nach der Durchführung einer Außenprüfung gibt das Gesetz dem Grundsatz der Rechtssicherheit und des Rechtsfriedens einen höheren Rang als dem Grundsatz der Richtigkeit der Steuerfestsetzung.[2]

 

Rz. 241

Die Änderungssperre nach § 173 Abs. 2 AO gilt, wie sich aus der systematischen Stellung des Abs. 2 ergibt, nur für Änderungen nach § 173 AO. Berichtigungen und Änderungen nach anderen Vorschriften bleiben also auch nach einer Außenprüfung noch möglich. Die Ausdehnung der Änderungssperre auf andere Änderungsvorschriften würde eine Verweisung in diesen Vorschriften auf § 173 Abs. 2 AO voraussetzen, die nicht besteht.[3] Das gilt auch für Änderungen der Steuerfestsetzung nach § 164 Abs. 2 AO. Wird der Vorbehalt entgegen § 164 Abs. 3 S. 3 AO nach einer Außenprüfung nicht aufgehoben, tritt keine Änderungssperre ein, obwohl der Steuerfall durch die Außenprüfung überprüft worden ist. Auch eine entsprechende Anwendung des § 173 Abs. 2 AO auf andere Änderungstatbestände ist nicht möglich. Die Außenprüfung ist typischerweise auf die Ermittlung von Tatsachen gerichtet. Wenn die Außenprüfung somit die abschließende Tatsachenermittlung darstellt, ist ein Ausschluss der Änderung wegen neuer Tatsachen gerechtfertigt. Das gilt aber nicht gleichermaßen für Änderungstatbestände, die keine neuen Tatsachen zur Voraussetzung haben.[4]

 

Rz. 242

Möglich sind daher nach einer Außenprüfung vor allem Berichtigungen und Änderungen nach folgenden Vorschriften:

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