Rz. 77

Als der der Gewerbebesteuerung zugrunde zu legende Gewerbeertrag ist der nach den Vorschriften des EStG und des KStG ermittelte Gewinn aus Gewerbebetrieb, korrigiert um Hinzurechnungen und Kürzungen, anzusetzen. Für die GewSt erfolgt daher eine eigenständige Ermittlung dieses Gewinns, wenn auch nach ertragsteuerlichen Grundsätzen. ESt- und KSt-Bescheid sind daher nicht Grundlagenbescheide für den GewSt-Messbescheid; § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO ist nicht anwendbar. Um abweichende Entscheidungen bei Ertragsteuer und GewSt, die den gleichen Grundsätzen unterliegen, zu vermeiden, bestimmt § 35b GewStG, dass bei einer Änderung des Ertragsteuerbescheids bzw. eines Feststellungsbescheids (Gewinnfeststellungsbescheid) der GewSt-Messbescheid ebenfalls zu ändern ist, wenn und soweit durch die Änderung des Ertragsteuer- bzw. Feststellungsbescheids der Gewinn aus Gewerbebetrieb berührt wird. Der Zweck der gesetzlichen Regelung liegt darin, eine Verdoppelung der Rechtsbehelfsverfahren durch Anfechtung von ESt-/KSt-/Feststellungsbescheid einerseits und GewSt-Messbescheid andererseits zu vermeiden.

 

Rz. 78

In der Praxis wird daher von der Anfechtung des GewSt-Bescheids häufig abgesehen. § 35b GewStG ist aber so ausgestaltet, dass nicht unbedingt immer mit seiner Hilfe die richtige GewSt-Belastung hergestellt werden kann. § 35b GewStG greift nur ein, wenn die Änderung den Gewinn aus Gewerbebetrieb des Ertragsteuerbescheids betrifft; nur insoweit ist auch der GewSt-Messbescheid zu ändern. Sonstige Besteuerungsgrundlagen der GewSt, wie z. B. die Hinzurechnungen und Kürzungen, können mit seiner Hilfe nicht korrigiert werden.[1] Hiervon besteht nur dann eine Ausnahme, wenn die Änderung des Gewinns aus Gewerbebetrieb mittelbare Auswirkungen auf Hinzurechnungen und Kürzungen hat, etwa wenn der Stpfl. bei dem Ertragsteuerbescheid eine Änderung durch Ansetzen zusätzlicher betrieblicher Zinsen erreicht. Dann ist der GewSt-Messbescheid auch hinsichtlich der Hinzurechnung der Zinsen zu ändern.[2] Reine Rechtsfehler können nach § 35b GewStG nicht berichtigt werden.

 

Rz. 79

§ 35b GewStG ermöglicht nur eine Änderung des GewSt-Messbescheids; es tritt jedoch keine Bindung an den Inhalt des KSt-/ESt-/Feststellungsbescheids ein. Das FA hat, auch wenn es eine Änderung des KSt-/ESt-/Feststellungsbescheids zum Anlass für die Änderung des GewSt-Messbescheids nimmt, selbstständig die Höhe des Gewerbeertrags zu ermitteln.[3] ESt-/KSt-/Feststellungsbescheid einerseits und GewSt-Messbescheid andererseits stehen daher nicht in dem Verhältnis von Grundlagen- und Folgebescheid zueinander.[4] Auch umgekehrt enthält die Vorschrift keine Bindung des ESt-/KSt-/Feststellungsbescheids an den (geänderten) GewSt-Messbescheid.[5]

 

Rz. 80

Entsprechend seinem Wortlaut ist § 35b GewStG nur anwendbar, wenn ein ESt-, KSt- oder Feststellungsbescheid aufgehoben oder geändert wird.[6] Der GewSt-Messbescheid kann daher nicht nach § 35b GewStG geändert werden, wenn nach seinem Erlass erstmalig ein ESt-, KSt- oder Feststellungsbescheid erging; erstmalige Bescheide führen nicht zur Anwendung des § 35b GewStG.[7] Ebenfalls nicht geändert werden kann ein GewSt-Messbescheid, bevor die Änderung des ESt-Bescheids erfolgt ist.[8]

 

Rz. 81

Weiter setzt die Anwendung des § 35b GewStG voraus, dass die Änderung des ESt-, KSt- oder Feststellungsbescheids den Gewinn aus Gewerbebetrieb berührt. § 35b GewStG kommt nach der Rspr. auch zur Anwendung, wenn die Änderung des ESt-Bescheids nicht die Höhe des Gewinns betrifft, sondern die Einordnung in eine bestimmte Einkunftsart.[9] Nach der Rechtsprechung ist der Gewinn aus Gewerbebetrieb "berührt", wenn in dem ESt- oder Feststellungsbescheid laufender Gewinn in einen begünstigten Veräußerungs- oder Aufgabegewinn oder umgekehrt ein begünstigter Veräußerungs- oder Aufgabegewinn in einen laufenden Gewinn umqualifiziert wird.[10]

M. E. ist in diesen Fällen der Tatbestand des § 35b GewStG jedoch nicht erfüllt, da die Änderung des Ertragsteuerbescheids nicht den Gewinn aus Gewerbebetrieb berührt. Die Höhe des Gewinns und seine Einordnung in die Einkunftsart Gewerbebetrieb bleiben unverändert. Dies unterscheidet diesen Fall von dem der Umqualifizierung in eine andere Einkunftsart. Es ändert sich lediglich die Einordnung in eine Tarifvorschrift des Einkommensteuerrechts. Nach § 7 GewStG richtet sich aber lediglich die Ermittlung der Höhe des Gewinns nach einkommensteuerrechtlichen Grundsätzen; diese ist unverändert geblieben.

 

Rz. 81a

§ 35b GewStG ermöglicht daher immer eine Änderung des Gewerbesteuerbescheids, wenn die Änderung des ertragsteuerlichen Gewinns auch eine Änderung des Gewerbeertrags nach § 7 GewStG zur Folge hat. Ist der Stpfl. Organträger, gehören zu diesen Faktoren, die den Gewerbeertrag betreffen, auch die von den Organgesellschaften erwirtschafteten Gewerbeerträge. Da der Gewinn der Organgesellschaft als unselbstständige Besteuerungsgrundlage im Gewerbeertrag des Organträgers enthalten ist, "berührt" eine Änderung des Gewinns und des dem Orga...

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