Rz. 139

Einen umfassenden Prüfungsauftrag, wie die Prüfungsanordnung bei der Außenprüfung, gibt es bei der Steuer- oder Zollfahndung nicht. Die Fahndung ermittelt immer nur wegen konkreter Sachverhalte. Das berücksichtigt die Vorschrift, indem sie die Ablaufhemmung an "Ermittlungen der Besteuerungsgrundlagen" knüpft und nicht, wie § 171 Abs. 4 AO, an die Tatsache einer umfassenden Prüfung. Daher kann der sachliche Umfang der Steuer- oder Zollfahndung nicht durch eine Prüfungsanordnung konkretisiert werden. Vielmehr richtet sich dieser Umfang nach den tatsächlichen Ermittlungen. Aus diesen tatsächlichen Ermittlungen muss sich ergeben, welche Sachkomplexe sie umfassen soll. Dies muss vor Ablauf der ungehemmten Festsetzungsfrist feststehen. Tritt danach in sachlicher Hinsicht Ablaufhemmung nach Abs. 5 ein, können einzelne Prüfungshandlungen auch später liegen. Nach Ablauf der ungehemmten Festsetzungsfrist kann der sachliche Umfang der Fahndungsprüfung nicht mehr erweitert werden. Dieser sachliche Umfang muss für den Betroffenen innerhalb der ungehemmten Festsetzungsfrist erkennbar sein.

 

Rz. 140

Die Ablaufhemmung tritt nur im Rahmen der tatsächlichen Ermittlungen der Fahndung ein, in diesem Rahmen aber auch zugunsten des Stpfl. Die Steuer- und Zollfahndung und entsprechend die Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 5 AO richtet sich nicht auf eine bestimmte Steuerart oder einen bestimmten Besteuerungszeitraum, sondern auf einen bestimmten Sachverhaltskomplex. Die Ablaufhemmung tritt nur punktuell, dann aber hinsichtlich aller Steuern und aller Besteuerungszeiträume ein, für die der Sachverhaltskomplex steuerliche Bedeutung hat, der Gegenstand der Ermittlungen war.[1] Wird ein Sachverhaltskomplex innerhalb eines Besteuerungszeitraums überprüft, erstreckt sich die Ablaufhemmung nur auf die durch diesen Sachverhaltskomplex verursachten Steuern, nicht auf alle Steuern dieser Steuerart und dieses Vz.[2]

Daraus folgt, dass die Ablaufhemmung nur Bedeutung hat, wenn und soweit sich aus der Fahndungsprüfung Änderungen der Besteuerung ergeben. Treten aufgrund der Ermittlungen keine Änderungen der Besteuerungsgrundlagen ein geht die Ablaufhemmung "ins Leere".[3] Das Gesetz bezieht andererseits die Rechtsfolge, anders als § 169 Abs. 2 S. 2 AO, nicht (nur) auf hinterzogene oder sonst verkürzte Steuern, sondern auf alle Steuern, die auf Besteuerungsgrundlagen beruhen, auf die sich die Fahndungsprüfung erstreckt hat. Die Ablaufhemmung tritt also auch ein für Steuern, hinsichtlich derer keine Steuerhinterziehung oder leichtfertige Steuerverkürzung vorliegt (für die also die 4-jährige Festsetzungsfrist gilt), sowie für Steuererstattungen.[4]

 

Rz. 141

Da entscheidend ist, ob ein bestimmter Sachverhaltskomplex in die Prüfung einbezogen worden ist, tritt die Ablaufhemmung auch für andere Besteuerungszeiträume ein, wenn sich der Sachverhaltskomplex in seinen steuerlichen Auswirkungen über mehrere Besteuerungszeiträume erstreckt. Es kommt auch nicht darauf an, in welchem Zeitpunkt die Prüfungshandlungen für die einzelnen Steuerarten und Besteuerungszeiträume durchgeführt wurden, wenn für den Stpfl. nur vor Ablauf der ungehemmten Festsetzungsfrist erkennbar ist, dass sich die Prüfung auf diesen Sachverhaltskomplex bezieht.[5] Die Steuerfahndung erfasst zwar nur Sachverhalte, wenn aber ein Sachverhalt in die Fahndungsprüfung einbezogen worden ist, kann die Finanzverwaltung in diesem Rahmen auch ihre Rechtsansicht überprüfen und ggf. ändern. Das Gesetz beschränkt die Ablaufhemmung nicht auf steuererhöhende Tatsachen. Daher tritt die Ablaufhemmung auch insoweit ein, als die von der Steuerfahndung überprüften Besteuerungsgrundlagen zu einer Minderung der Steuerschuld führen.[6]

 

Rz. 142

Die Hemmung der Festsetzungsfrist erfasst nicht solche Besteuerungsgrundlagen, die bereits vor Beginn der Fahndungsprüfung festgestellt worden sind und daher nicht mehr in die Fahndungsprüfung einbezogen wurden.[7] Wird dagegen durch die Fahndungsprüfung überprüft, ob diese Besteuerungsgrundlagen vor der Fahndungsprüfung nach Grund und Höhe vollständig ermittelt worden waren, sind sie in die Fahndungsprüfung einbezogen worden. Die Ablaufhemmung tritt auch für diese Besteuerungsgrundlagen ein. Dafür ist es unbeachtlich, ob die Prüfung durch die Fahndung insoweit zu einer Änderung der Besteuerungsgrundlagen geführt hat.

 

Rz. 143

Wird die Fahndungsprüfung über den ursprünglich vorgesehenen Umfang hinaus erweitert, geschieht dies durch Ausweitung der tatsächlichen Prüfungshandlungen; eine formelle Anordnung der Ausweitung ist nicht erforderlich. Die Ausweitung hemmt die Festsetzungsfrist, wenn sie ohne Berücksichtigung der Ablaufhemmung nach Abs. 5 im Zeitpunkt der (ausgeweiteten) Prüfungshandlungen noch nicht abgelaufen ist und die Ausweitung für den Stpfl. vor Ablauf der ungehemmten Festsetzungsfrist erkennbar ist. Entsprechendes gilt für Zufallsfunde. Die Festsetzungsfrist ist gehemmt, wenn vor Ablauf der Festsetzungsfrist der Zufallsfund gemacht worden und dies für den St...

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