Rz. 54

Die Buchführung oder Aufzeichnung ist selbst bei unverschuldetem Verlust der Geschäftsunterlagen nicht ordnungsgemäß.[1] Somit kann insbesondere eine Schätzung nach § 162 AO in Betracht kommen. Allerdings kann im Einzelfall aus Billigkeitsgründen geboten sein, das Fehlen der Unterlagen und damit die Ordnungswidrigkeit der Buchführung nach § 163 Abs. 1 AO unberücksichtigt zu lassen, sofern keine anderen Anhaltspunkte ersichtlich sind, die gegen die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung sprechen.[2] Diese Billigkeitsmaßnahme ist in Fällen höherer Gewalt, wie z. B. Vernichtung durch Wassereinwirkung oder Brand, also Ereignissen, die der Aufbewahrungspflichtige auch bei äußerster Sorgfalt nicht verhindern konnte, geboten. Insoweit reduziert sich der Ermessensspielraum der Finanzbehörde bei der Billigkeitsentscheidung. Nach dem reinen Gesetzeswortlaut ist zudem denkbar, dass im Rahmen einer Außenprüfung bei Nichtvorlage von angeforderten Unterlagen eine Festsetzung eines Verzögerungsgeldes erfolgt. Dies erscheint aber nicht zulässig, da ein Verzögerungsgeld dann nicht festgesetzt werden darf, wenn etwas vom Stpfl. gefordert wird, das er objektiv zu leisten nicht in der Lage ist.

 

Rz. 55

Die gleiche Situation wie bei höherer Gewalt ergibt sich für den Aufbewahrungspflichtigen, wenn die Unterlagen außerhalb seiner Einflusssphäre verloren gehen[3] oder durch Diebstahl entwendet werden.[4]

[1] Dißars, in Schwarz/Pahlke/Keß, AO/FGO, Vor §§ 140–148 AO Rz. 24; vgl. BFH v. 15.2.1973, V R 152/69, BStBl II 1973, 466; Trzaskalik, in HHSp, AO/FGO, § 147 AO Rz. 12.
[2] Vgl. GemS-OGB v. 19.10.1971, GemS-OBG 3/70, BStBl II 1972, 603.
[3] BFH v. 19.12.1963, V 274/60, HFR 1964, 264: Verlust im Bereich der Finanzverwaltung.
[4] BFH v. 27.10.1977, V R 34/75, BStBl II 1978, 169; Trzaskalik, in HHSp, AO/FGO, § 147 AO Rz. 13.

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