Rz. 17

Zum Grundsatz der zeitgerechten Buchung gehören auch die zeitgerechte Aufstellung des Inventars und die Bilanzerstellung aufgrund des Buchführungswerks.[1] Das Inventar ist das Verzeichnis der Vermögensgegenstände auf den Schluss des jeweiligen Geschäftsjahres. Dies erfordert grundsätzlich eine körperliche Bestandsaufnahme zum Stichtag[2], sofern nicht gem. § 241 Abs. 2, 3 HGB durch andere Verfahren (permanente Inventur, besonderes Inventar etc.) die Bestände auf den Stichtag ermittelt werden können.[3] Das Unterlassen der Bestandsaufnahme und der anschließenden Inventaraufstellung, eventuell später bei gesicherten Grundaufzeichnungen[4], ist stets ein Verstoß gegen die Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung.

 

Rz. 18

Die Bilanzerstellung aufgrund des Inventars und des Buchführungswerks kann demgegenüber zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Erstellung der Bilanz ist nach § 245 HGB[5] deren Unterzeichnung.[6] Für die juristischen Personen des Handelsrechts und diesen gleichgestellte Personenhandelsgesellschaften ist der Zeitraum für die Erstellung des handelsrechtlichen Jahresabschlusses gesetzlich in § 264 HGB normiert. Große und mittelgroße Gesellschaften i. S. d. § 267 HGB müssen den Jahresabschluss innerhalb von drei Monaten nach dem Ende des vergangenen Geschäftsjahrs aufstellen, kleine Gesellschaften spätestens innerhalb von sechs Monaten, wenn dies einem ordnungsgemäßen Geschäftsgang entspricht. Gleiches wird für sog. Kleinstgesellschaften i. S. v. § 267a HGB gelten. Für Genossenschaften beträgt die Frist nach § 336 HGB Abs. 1 S. 2 fünf Monate. Die Überschreitung der gesetzlichen Fristen stellt einen Verstoß gegen die Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung dar.[7] Zu den Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen Aufstellungsfristen vgl. Störk/Rimmelspacher, in Beck’scher Bilanzkommentar, 13. Aufl. 2022, § 264 HGB Rz. 20.

 

Rz. 19

Für die übrigen Buchführungspflichtigen, für die die ergänzenden Bestimmungen der §§ 264ff. HGB nicht gelten, ergibt sich aus § 243 Abs. 3 HGB der Grundsatz, dass die Bilanzerstellung innerhalb der einem ordnungsgemäßen Geschäftsgang entsprechenden Zeit zu erfolgen hat.[8] Durch diese zeitliche Begrenzung soll verhindert werden, dass das Betriebsergebnis unter Berücksichtigung späterer Geschäftsvorfälle oder Erkenntnisse abweichend dargestellt und damit manipuliert wird. Werden die Wertansätze nicht nach den Verhältnissen am Bilanzstichtag gebildet, so wird der Zweck der Buchführung, eine Übersicht über die Geschäfts- oder Vermögenslage zu diesem Zeitpunkt zu geben, vereitelt. Für die Aufstellung der Steuerbilanz gibt es keine ausdrücklich normierten Aufstellungsfristen. Diese muss aber gleichwohl innerhalb eines ordnungsgemäßen Geschäftsgangs aufgestellt werden.[9]

 

Rz. 20

Welcher Zeitraum noch für die steuerliche Bilanzerstellung als gerechtfertigt angesehen werden kann, ist anhand des Einzelfalls zu prüfen. Allgemein werden 6 bis 12 Monate nach Ende des Geschäftsjahrs als ausreichend angesehen.[10] Man wird jedoch einen Geschäftsgang nicht mehr als ordnungsgemäß bezeichnen können, wenn die Geschäftsorganisation nicht in der Lage ist, diese ständig wiederkehrende Arbeit innerhalb eines Zeitraums von 12 Monaten zu erledigen.[11] Die Aufstellung der Bilanz erst nach dem nachfolgenden Bilanzstichtag ist grundsätzlich nicht mehr innerhalb der einem ordnungsmäßigen Geschäftsgang entsprechenden Zeit bewirkt.[12] Lediglich in besonderen Ausnahmefällen, z. B. bei Unklarheiten in schwierigen Erbschaftsangelegenheiten, wird eine Verzögerung der Bilanzerstellung über das auf den Bilanzstichtag folgende Wirtschaftsjahr hinaus als zulässig angesehen werden können.[13] Der Zeitraum von mehr als zwei Jahren nach Ablauf des Wirtschaftsjahrs ist als unangemessen anzusehen und demgemäß die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung zu verneinen.[14] Die Bilanzerstellung hat auf den Schluss des Wirtschaftsjahrs zu erfolgen. Die Bildung unzulässiger Rumpfwirtschaftsjahre verstößt gegen die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung.[15]

 

Rz. 21

Die Bildung einer Existenzgründerrücklage setzte nach § 7g Abs. 7 S. 1 i. V. m. Abs. 3 S. 3 Nr. 3 EStG a. F. voraus, dass die notwendigen Angaben zur Funktion des Wirtschaftsguts und zu den voraussichtlichen Anschaffungskosten zeitnah, d. h. innerhalb der einem ordnungsmäßigen Geschäftsgang entsprechenden Zeit für die Aufstellung des Jahresabschlusses[16] vorgenommen und aufgezeichnet wurden.[17] Die Aufzeichnungen nach § 7g Abs. 8 EStG sind zeitgerecht, wenn das Verzeichnis im Zeitpunkt der erhöhten Absetzung erstellt wird.[18] Die Aufzeichnungen nach § 4 Abs. 7 EStG hat der Stpfl. demgegenüber innerhalb des Geschäftsjahrs vorzunehmen.[19]

[2] Störk/Lewe, in Beck'scher Bilanzkommentar, 13. Aufl. 2022, § 240 Rz. 41ff. HGB.
[3] Störk/Lewe, in Beck’scher Bilanzkommentar, 13. Aufl. 2022, § 241 HGB Rz. 41ff.
[4] Görke, in HHSp, AO/FGO, § 146 AO Rz. 27.
[5] Vgl. zu den Rechtsfolgen Justhov...

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