Rz. 127

§ 138e Abs. 2 Nr. 2 AO enthält im ersten Halbsatz eine allgemeine Regelung über Gestaltungen, die zur Aushöhlung des Informationsaustauschs über Finanzkonten führen können oder die sich das Fehlen von entsprechenden Vorschriften über den Informationsaustausch zunutze machen. In den Buchst. a–f sind dann beispielhaft, also nicht abschließend, einige Gestaltungen aufgeführt, die diesen Effekt haben. Diese Aufzählung ist konstitutiv, aber nicht abschließend. Erfüllt eine Gestaltung einen der Tatbestände der Buchst. a–f, besteht eine Mitteilungspflicht aufgrund dieses Kennzeichens, ohne dass der Grundtatbestand (Text vor Buchst. a) erfüllt sein muss. Andererseits besteht eine Mitteilungspflicht, wenn keiner der Tatbestände der Buchst. a–f erfüllt ist, wohl aber der allgemeine Tatbestand vor Buchst. a). Praktisch dürfte der allgemeine Tatbestand gegenüber den konkreteren Regelbeispielen nur in Ausnahmefällen zur Anwendung kommen.

 

Rz. 128

Es muss eine Gestaltung vorliegen; zu diesem Begriff Frotscher, M., in Schwarz/Pahlke, AO/FGO, Kommentierung zu § 138d AO Abs. 2. Im Grundtatbestand muss diese Gestaltung zu einer Aushöhlung des Informationsaustauschs nach dem einheitlichen Meldestandard über Finanzkonten führen können. Unter "Aushöhlung" ist auch eine Umgehung des Meldestandards zu verstehen. Betroffen sind alle Personen, die nach dem gemeinsamen Meldestandard meldepflichtig sind. Mit dem Begriff des "gemeinsamen Meldestandards"[1] verweist das Gesetz auf § 2 des Finanzkonten-Informationsaustauschgesetzes[2], durch das die EU-Richtlinie 211/16/EU[3] sowie die mehrseitige Vereinbarung v. 29.10.2014[4] umgesetzt wurden. Die Kennzeichen des Abs. 2 Nr. 2 entsprechen den von der OECD entwickelten "Model Mandatory Disclosure Rules for CRS Avoidance Arrangements and Opaque Offshore Strucutres".[5]

 

Rz. 129

Betroffen von den Kennzeichen der Nr. 2 sind zwar in erster Linie Finanzinstitute, doch können auch andere Personen betroffen sein, die ein Konto, ein Finanzprodukt oder eine Anlage so gestalten, dass sie nicht unter die Regeln des gemeinsamen Meldestandards fallen. So führt es zu einem Kennzeichen, wenn durch die Gestaltung meldepflichtige Finanzinstitute umgangen werden oder die Anlage in ein Steuerhoheitsgebiet verlagert wird, das den gemeinsamen Meldestandard nicht oder unzureichend umgesetzt hat. Beteiligt sein können Stpfl. jeder Rechtsform, also Körperschaften, Personengesellschaften und natürliche Personen. Die Meldepflichten sind unabhängig von der Ansässigkeit der meldepflichtigen Person bzw. des Steuerhoheitsgebiets, das Empfänger der Meldung ist.[6]

 

Rz. 130

Nach dem Grundtatbestand führt es zu einem Kennzeichen und damit zu einer Mitteilungspflicht, wenn die Gestaltung zu einer Aushöhlung der Meldepflicht nach dem gemeinsamen Meldestandard führt oder wenn sie sich das Fehlen von Rechtsvorschriften zur Meldepflicht zunutze macht. Die Vorschrift dient dazu, sicherzustellen, dass entweder die Meldepflicht nach dem gemeinsamen Meldestandard oder die Mitteilungspflicht nach § 138d AO erfüllt wird, also der zuständigen Stelle die Informationen über die Finanzkonten bekannt werden. Zu einer Aushöhlung der Meldepflicht führt es, wenn bei dem meldepflichtigen Finanzinstitut ein meldepflichtiges Konto i. S. d. §§ 7ff. FKAustG v. 21.12.2015[7] unterhalten wird, durch eine Gestaltung aber erreicht wird, dass dieses Konto als nicht meldepflichtig eingestuft werden kann. Dieser Tatbestand setzt voraus, dass die betroffenen Steuerhoheitsgebiete den gemeinsamen Meldestandard zwar umgesetzt haben, dass aber durch die Gestaltung der persönliche, sachliche, oder zeitliche Anwendungsbereich vermieden wird. Die "Aushöhlung" besteht darin, dass ein Informationsaustausch über Finanzkonten nicht, nicht vollständig, nicht verwertbar, nicht mit dem richtigen Empfänger oder nicht zur richtigen Zeit erfolgt.[8]

 

Rz. 131

Die zweite Alternative des Grundtatbestands erfasst Gestaltungen, durch die die Qualität des Finanzkontos an sich nicht verändert, aber eine Verlagerung in eine Steuerjurisdiktion erreicht wird, in der keine Meldepflicht besteht.

 

Rz. 132

Eine mitteilungspflichtige Gestaltung liegt auch vor, wenn die Person nach § 138d Abs. 1, 6 AO weiß oder wissen müsste, dass ein Geschäftsvorfall darauf abzielt, eine Meldepflicht zu vermeiden. Bei typischen, der gewöhnlichen privaten oder geschäftlichen Lebens- oder Geschäftsführung zuzurechnenden Vorgängen besteht eine Mitteilungspflicht dann, wenn sich die Annahme aufdrängen muss, dass wirtschaftliche Erwägungen bei der Transaktion nicht im Vordergrund stehen, sondern lediglich akzessorisch auftreten und die Meldepflicht umgangen oder ausgehöhlt wird. Dabei hat diese Person auch die Erkenntnisse aus der Erfüllung sonstiger gesetzlicher Pflichten, z. B. nach dem Geldwäschegesetz (GwG), zu berücksichtigen und ggf. durch weitere Nachforschungen einen Anschein ausschlaggebender wirtschaftlicher Motive entkräften.[9]

 

Rz. 133

Nach der Begründung des Gesetzentwurfs[10] sollen einschränk...

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