Rz. 109

Abs. 2 N. 1 Buchst. b erfasst Gestaltungen, die zu einer mehrfachen Abzugsfähigkeit oder Steuerbefreiungen führen (sog. "double dips"). Nach Doppelbuchst. aa) führt es zu einem Kennzeichen, wenn in mehr als einem Steuerhoheitsgebiet Absetzungen für Abnutzung für denselben Vermögenswert in Anspruch genommen werden. Zum Begriff des Hoheitsgebiets vgl. Rz. 43, zu Absetzungen für Abnutzung § 7 Abs. 15a EStG. Da nur Absetzungen für Abnutzung erfasst werden, führt mehrfache Inanspruchnahme der Absetzung für Substanzverringerung nicht zu einem Kennzeichen. Maßgebend ist nur, dass die Absetzung in Anspruch genommen wird.[1]

 

Rz. 110

Nicht entscheidend ist, ob die Absetzung tatsächlich vorgenommen wird und zu einer Steuerminderung geführt hat. Da dieses Kennzeichen nicht dem Main Purpose Test unterliegt, werden auch Gestaltungen erfasst, die nicht mit der Absicht implementiert wurden, eine Steuerminderung zu erreichen. Die Absetzungen können von zwei oder mehr verschiedenen Steuersubjekten in Anspruch genommen werden, aber auch von demselben Steuersubjekt. Das letztere ist etwa der Fall, wenn das Unternehmen in dem anderen Steuerhoheitsgebiet eine Betriebsstätte unterhält und dort Abschreibungen auf Vermögenswerte vorgenommen werden. Gilt für die Betriebsstätte die Anrechnungsmethode, ist die Abschreibung sowohl in dem Betriebsstättenstaat als auch in dem Staat des Stammhauses zu berücksichtigen. Entsprechendes gilt, wenn die doppelte Abschreibung auf der Hinzurechnungsbesteuerung nach §§ 7ff. AStG oder entsprechenden ausländischen Vorschriften beruht. Diese Fälle in die Mitteilungspflicht einzubeziehen widerspricht m. E. dem Zweck des Gesetzes.[2]

 

Rz. 111

Zu einem mehr als einmaligen Ansatz von Abschreibungen kann es im Fall von Qualifikationskonflikten kommen, wenn beide Steuerhoheitsgebiete den Vermögensgegenstand einem jeweils anderen Stpfl. oder dem Stammhaus und einer Betriebsstätte zuordnen. Beispiele sind etwa Leasingfälle oder wenn der eine Staat auf das wirtschaftliche, der andere Staat auf das rechtliche Eigentum abstellt.[3]

 

Rz. 112

Die mehrfache Absetzung für Abnutzung muss sich auf einen Vermögensgegenstand beziehen. Der Begriff des Vermögensgegenstands dürfte identisch mit dem steuerlichen Begriff des Wirtschaftsgutes sein. Problematisch kann sein, ob ein Firmenwert unter diese Begriffe fällt. M. E. kann dies im Wege einer teleologischen Auslegung bejaht werden, da kein Grund besteht, eine doppelte Abschreibung eines Firmenwerts nicht der Mitteilungspflicht zu unterwerfen. Außerdem muss sich die Absetzung für Abnutzung auf "denselben" Vermögenswert beziehen. Es muss also in den mehreren Staaten der identische Vermögenswert der Absetzung für Abnutzung unterliegen. Nicht erforderlich ist dagegen, dass die Bemessungsgrundlage oder die Höhe der Absetzung identisch sind. Nicht zu einem Kennzeichen und damit nicht zu einer Mitteilungspflicht führt es demgegenüber, wenn bei der in einem Staat ansässigen Gesellschaft ein Vermögenswert abgeschrieben und damit eine erhebliche Vermögensminderung ausgewiesen wird, der in einem anderen Staat ansässige Gesellschafter deswegen eine Teilwertabschreibung auf die Beteiligung vornimmt. In diesem Fall sind die abgeschriebenen Vermögenswerte nicht identisch.

[1] EU-Richtlinie v. 21.12.2019, Anhang IV, C 2: "beantragt".
[2] So auch BR-Drs. 489/19, 37; BMF v. 29.3.2021, IV A 3 – S 0304/19/10006:010, BStBl I 2021, 582, Rz. 164 mit Beispiel 2 zur Anrechnungsmethode; Schnitger/Brink/Welling, IStR 2018, 513, 524.
[3] Zu Leasingfällen das Beispiel 1 in BMF v. 29.2.2021, IV A 3 – S 0304/19/10006:010, BStBl I 2021, 582, Rz. 164.

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