Rz. 52

Ein Kennzeichen liegt vor, wenn eine Gestaltung Einkünfte in Vermögen, Schenkungen oder andere nicht oder niedriger besteuerte Einnahmen oder nicht steuerbare Einkünfte umwandelt. Der Grund für die Meldepflicht besteht darin, dass durch solche Gestaltungen hoch besteuerte Einkünfte in Besteuerungsgrundlagen umgewandelt werden können, die einer niedrigeren Steuerbelastung unterliegen, z. B. einer niedrigen Besteuerung von Veräußerungsgewinnen.

 

Rz. 52a

Der Begriff "Umwandlung" ist als Umqualifizierung der Einkünfte zu verstehen. Die Finanzverwaltung versteht den Begriff der "Umwandlung" sehr weit. An ihr können ein oder mehrere Stpfl. sowie verbundene Unternehmen beteiligt sein, wohl auch nicht konzernangehörige Dritte. Die Umwandlung der Einkünfte kann unmittelbar oder über mehrere Stufen erfolgen.[1] Umgewandelt werden müssen "Einkünfte", also Einnahmen abzüglich Betriebsausgaben oder Werbungskosten. Es müssen vor der Umwandlung nach einer Auffassung in der Literatur Einkünfte i. S. der sieben Einkunftsarten des § 2 Abs. 1 EStG vorgelegen haben.[2] Bei dieser Auslegung würde die Umwandlung von Liebhabereieinkünften, die mangels Gewinnerzielung steuerlich nicht berücksichtigt werden, in negative Einkünfte nicht unter das Kennzeichen fallen. M. E. ist dies problematisch, sodass dieses Ergebnis jedenfalls durch eine teleologische Interpretation zu vermeiden ist. Umwandlung von Verlusten im Privatvermögen in steuerlich absetzbare Verluste entspricht den in Buchst. b aufgeführten Gestaltungen. Umwandlung von Vermögen in niedriger besteuerte Einkünfte wird nicht erfasst. Waren die Einkünfte vor der Umwandlung im Ausland zu versteuern, soll es darauf ankommen, ob nach ausländischem Steuerrecht Einkünfte vorlagen.[3]

 

Rz. 52b

Der Begriff der Umwandlung erfordert weiter, dass ein tatsächlich bestehender Zustand verändert wird. Die erstmalige Schaffung eines Zustands, ohne dass vorher ein anders strukturierter Zustand bestand, ist keine Umwandlung. Ein Anschaffungsvorgang oder die Schaffung einer Einkunftsquelle ist daher keine Umwandlung. Entsprechend ist die Veräußerung einer Einkunftsquelle keine Umwandlung, auch wenn mit dem Erlös eine andere Einkunftsquelle geschaffen wird. Ein Kennzeichen liegt demgegenüber nur vor, wenn die alte und die neue Einkunftsquelle trotz der Umwandlung noch als wirtschaftlich identische Einkunftsquelle angesehen werden können. Es muss also ein enger sachlicher Zusammenhang zwischen der alten und der neuen Einkunftsquelle bestehen.[4]

 

Rz. 52c

Nach der Umwandlung müssen die Einkünfte als Vermögen, Schenkung, nicht oder niedriger besteuerte Einnahmen oder nicht steuerbare Einkünfte zu qualifizieren sein. Die Finanzverwaltung scheint auch die Änderung der Einkunftsart hierunter zu fassen, wenn durch die Umqualifizierung die effektive Steuerbelastung sinkt. In dem Beispiel wird die Umqualifizierung von Zinseinkünften in Dividende unter das Merkmal subsumiert.[5] Dies ist m. E. zweifelhaft, da dann die Umwandlung in ggf. niedriger besteuerte Einkünfte, nicht aber in "Einnahmen" erfolgt. Die Änderung der Einkunftsart wird nach dem Gesetzeswortlaut nur erfasst, wenn dadurch nicht steuerbare Einkünfte entstehen. Allerdings dürfte eine teleologische Extension des Anwendungsbereichs der Vorschrift möglich sein, da die EU-Richtlinie 2018/822, a. a. O., in Anhang IV Teil II B Nr. 2 generell von der Umwandlung in "Einkünfte" spricht, dies also nicht auf "Einnahmen" beschränkt. Insoweit dürfte die Umsetzung der Richtlinie nicht ganz gelungen sein. Hinsichtlich des Merkmals der Minderung der effektiven Steuerlast ist unklar, ob nur auf die deutsche Steuerlast oder die Steuerbelastung des ganzen Vorgangs im In- und Ausland abzustellen ist. M. E. ist das letztere anzunehmen. Eine Minderung der Steuerbelastung kann dann auch vorliegen, wenn durch die Übertragung von zinsbringenden Anlagen auf eine ausländische Gesellschaft bei dieser die Möglichkeit des Verlustausgleichs geschaffen wird.

 

Rz. 52d

Der Tatbestand der Umwandlung von Einkünften in eine Schenkung wirft Verständnisprobleme auf. Bei einer Schenkung werden Einkünfte aus dem Schenkungsvermögen, die der Schenker erzielt, "umgewandelt" in eine Schenkung an den Beschenkten. Bei einem solchen Verständnis würde jede Schenkung zu einem Merkmal führen. So kann das Gesetz aber nicht verstanden werden. Vielmehr ist auf den Begünstigten abzustellen. Ein Merkmal liegt danach nur vor, wenn der Begünstigte Einkünfte erzielt und diese Einkünfte durch eine Schenkung in Vermögen umgewandelt werden, er also nach der Umwandlung statt steuerpflichtiger Einkünfte ein niedriger oder nicht besteuertes Vermögen hält.[6]

 

Rz. 53

Das Gesetz bestimmt nicht, wer die Umwandlung vorzunehmen hat. Es können Beteiligte, also Nutzer oder Intermediär, sein, aber auch verbundene Unternehmen oder Dritte. Es kann sich auch um eine oder mehrere Personen handeln. Ist nur eine Person beteiligt, wird sie nur in einem Staat ansässig sein. Dann ist sorgfältig zu prüfen, ob es sich um eine...

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