Rz. 19

Ein Verwaltungsakt ist rechtswidrig, wenn er mit dem geltenden Recht nicht in Einklang steht. Ein rechtswidriger Verwaltungsakt ist grundsätzlich wirksam, solange er nicht angefochten und von der Behörde oder dem Gericht aufgehoben oder geändert worden ist; hierin unterscheidet er sich von einem nichtigen Verwaltungsakt (vgl. Rz. 18). Rechtswidrige Verwaltungsakte können somit in Bestandskraft erwachsen.

Bei der Beurteilung von rechtswidrigen Verwaltungsakten ist zu unterscheiden, ob der Verwaltungsakt mit dem materiellen oder dem formellen Recht nicht in Einklang steht. Mit dem materiellen Recht steht der Verwaltungsakt nicht in Einklang, wenn er eine Rechtsfolge ausspricht, die auf der Grundlage des tatsächlich bestehenden Sachverhalts dem geltenden Recht (objektiv) nicht entspricht, sei es, dass das geltende Recht unrichtig angewendet bzw. ausgelegt wurde (Rechtsfehler), sei es, dass die Behörde von einem Sachverhalt ausgegangen ist, der nicht oder nicht so vorgelegen hat (Tatsachenfehler). Soweit es sich um einen ermessensfreien Verwaltungsakt handelt, ist der Verwaltungsakt materiell rechtswidrig, wenn ein Ermessensfehler vorliegt, z. B. gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen wird.

Materiell unrichtige Verwaltungsakte sind auf Anfechtung durch den Beschwerten immer aufzuheben bzw. zu ändern; sie können im Anwendungsbereich des § 130 AO auch ohne Anfechtung (also nach Eintritt der Bestandskraft) aufgehoben oder geändert werden.[1]

Beruht die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts auf einem Verstoß gegen das formelle Recht (formelle Rechtswidrigkeit), so ist der Verwaltungsakt materiell richtig (wenn nicht gleichzeitig ein Verstoß gegen das materielle Recht vorliegt), d. h. er spricht die materiell richtige Rechtsfolge aus. Rechtswidrig ist lediglich das Verfahren, in dem dieser Verwaltungsakt zustande gekommen ist. Es kann sich um einen Fehler in der Zuständigkeit handeln, um einen Verfahrensfehler (z. B. Verstoß gegen den Grundsatz der Gewährung des rechtlichen Gehörs, unzulässige Ermittlungshandlungen) oder um einen Fehler in der Form.

Für diese aus formellen Gründen rechtswidrigen Verwaltungsakte enthalten §§ 126, 127 Sonderregelungen; die formellen Fehler können geheilt werden; wegen eines formellen Fehlers darf der Verwaltungsakt nur aufgehoben werden, wenn eine andere Entscheidung in der Sache hätte getroffen werden können, es sich also um einen ermessensfreien Verwaltungsakt (vgl. Rz. 13) gehandelt hat.[2]

Ein Verwaltungsakt kann auch teilrechtswidrig sein. Das ist dann der Fall, wenn bei einem teilbaren Regelungsgehalt ein Teil auf materiellen und/oder formellen Fehlern beruht. Häufig ist dies bei Verwaltungsakten der Fall, deren Regelungsgehalt in der Festsetzung einer Geldsumme besteht, die unrichtig festgesetzt ist. In diesen Fällen ist eine Teilanfechtung möglich; angefochten wird der (angeblich) unrichtige Teil, während der richtige Teil des Regelungsgehalts in Bestandskraft erwächst. Im Rechtsbehelfs- oder Gerichtsverfahren kann der unrichtige Teil des Verwaltungsakts geändert oder aufgehoben werden, während der richtige Teil hiervon unberührt bleibt.[3]

[1] Vgl. auch M. Frotscher, in Schwarz/Pahlke, AO/FGO, § 130 AO Rz. 4.
[2] Einzelheiten vgl. Erl. bei G. Frotscher, in Schwarz/Pahlke, AO/FGO, zu § 126 AO und M. Frotscher, in Schwarz/Pahlke, AO/FGO, zu § 127 AO.
[3] Vgl. § 100 Abs. 1 S. 1 FGO: "Soweit ein angefochtener Verwaltungsakt rechtswidrig … ist …".

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