Rz. 11b

Systematisch ungeklärt ist die Rechtsqualität von Auskunftsersuchen und Anforderungen von Belegen und Unterlagen oder um einen Datenzugriff durch die Finanzverwaltung zu ermöglichen, insbesondere während einer Betriebsprüfung. Der Stpfl. ist verpflichtet, nach §§ 93ff. AO auf Anforderung der Finanzbehörde Auskünfte zu erteilen und Unterlagen vorzulegen. Durch diese Auskunftsersuchen und Anforderungen wird die in §§ 93ff. AO normierte allgemeine Pflichtigkeit zur erzwingbaren Rechtspflicht konkretisiert. Grundsätzlich sind Auskunftsersuchen und Anforderung von Unterlagen daher Verwaltungsakte.[1] Allerdings ergeht in der Praxis des Besteuerungs- und insbesondere des Außenprüfungsverfahrens eine Vielzahl von Anforderungen von Auskünften, Erläuterungen, Unterlagen, Ermöglichung von Datenzugriff usw., die von den Beteiligten kaum als Verwaltungsakte eingestuft werden. Die Tendenz geht dahin, einfache Aufforderungen nicht als Verwaltungsakte zu werten, sondern lediglich als Mitteilung darüber, was die Finanzbehörde zur Aufklärung noch benötigt.[2] Kein Verwaltungsakt ist die Bestimmung des Betriebsprüfers.[3] In Einzelfällen wird die Anforderung auch nur als wiederholende Verfügung gesehen, der keine eigene Regelungswirkung zukommt.[4] Nach der Rechtsprechung wird in diesen Fällen nur die mit der Prüfungsanordnung ausgelöste Duldungspflicht wiederholt. Maßgebend für diese Tendenz, nur restriktiv Verwaltungsakte anzunehmen, ist die Gefahr, dass Bestandskraft eintreten könnte und daher die einzelnen Auskunftsersuchen bzw. Anforderungen gesondert vom Stpfl. angegriffen werden müssen und dies auch werden. Es besteht zwar nicht die Gefahr, dass bestandskräftig über die Erfüllung von Mitwirkungspflichten entschieden wird. In der Anfrage selbst wird noch keine derartige Aussage getroffen; vielmehr wird dadurch erst die Mitwirkungspflicht konkretisiert. Ob der Stpfl. diese Mitwirkungspflicht erfüllt, hängt davon ab, ob er die jeweiligen Unterlagen vorlegen muss und dies auch tut. Die Erfüllung ist daher eine tatsächliche Handlung, über die nicht in dem Auskunftsersuchen entschieden wird.

Legt der Stpfl. die angeforderten Unterlagen allerdings nicht vor, und wird die Anforderung bestandskräftig, wäre in der Nichtvorlage eine Verletzung der Mitwirkungspflicht zu sehen. Unter Risikogesichtspunkten müsste der Stpfl. daher den Anforderungsbescheid anfechten und Aussetzung der Vollziehung beantragen, wenn er die Unterlagen nicht vorlegen will. Dies könnte zu erheblichen Zeitverzögerungen im Rahmen der Betriebsprüfung führen, da die Vorlage der Unterlagen bis zum Abschluss des Rechtsmittels hinausgezögert werden könnte. Diese Verzögerungen würden dazu führen, dass eine Betriebsprüfung ggf. nur schwer durchführbar wäre. Wenn auch Rechtsbehelfsbelehrung und Androhung der Erzwingung keine konstitutiven Bestandteile des Verwaltungsakts sind, geht die Tendenz doch dahin, sie als Indizien für den Regelungswillen der Behörde anzusehen. Teilweise wird die Eigenschaft als Verwaltungsakt mit der Androhung von Zwangsmitteln[5] oder Fristsetzung[6] begründet. Sofern durch die Anforderung nur steuermindernde Umstände ermittelt werden sollen und die Anforderung daher nicht erzwingbar ist, soll kein Verwaltungsakt vorliegen.[7] Eine systematisch tragfähige Abgrenzung ist das jedoch nicht.

Um die Bindung des Stpfl. durch die Bestandskraft zu vermeiden (die bei mündlichen Verwaltungsakten schon nach einem Monat, bei schriftlichen spätestens nach einem Jahr eintreten würde), muss aber wohl allgemein angenommen werden, dass ein Verwaltungsakt nur dann vorliegt, wenn in der Anforderung seitens der Behörde deutlich zum Ausdruck kommt, dass die Behörde eine rechtliche Verpflichtung des Stpfl. geltend macht. Dabei ist eine Auslegung der Maßnahme vorzunehmen und der Regelungsgehalt nach dem objektiven Empfängerhorizont zu ermitteln. Das kann etwa durch die Wortwahl, die Bezugnahme auf die entsprechende Vorschrift, aber auch durch Beifügung einer Rechtsbehelfsbelehrung geschehen. Ist dies nicht der Fall, wird man die Anforderung als einfache Information darüber, was die Behörde noch zur Aufklärung benötigt, ansehen können. In Zweifelsfällen sollte der Stpfl. die Behörde auffordern, einen rechtsbehelfsfähigen schriftlichen Verwaltungsakt zu erlassen. Auch wenn man in den Ersuchen einen Verwaltungsakt sieht, kann m. E. – wenn der Stpfl. diesen nicht befolgt – damit noch nicht bestandskräftig über eine Verletzung der Mitwirkungspflicht entschieden sein, wenn der Stpfl. der Anfrage nicht nachkommt. Dies würde dazu führen, dass der Stpfl., um seine Rechtschutzmöglichkeiten zu wahren, die Anfragen im Veranlagungsverfahren angreifen muss. Derartige zeitliche Verzögerungen dürften in der Praxis nur schwierig zu handhaben sein.

Im Ergebnis ist m. E. der allgemeine Rechtsgedanke des § 44a VwGO heranzuziehen, den der BFH bereits an anderer Stelle als verallgemeinerungsfähig und auf das Steuerrecht übertragbar angesehen hat.[8] Danach können behördliche Verf...

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