Rz. 24

Wie die Fristen einen sehr unterschiedlichen Inhalt und Charakter haben, so sind auch die Folgen der Nichteinhaltung dieser Fristen sehr unterschiedlich.

Bei den selteneren Mindestfristen, also den Fristen, nach deren Ablauf erst Rechte geltend gemacht oder wahrgenommen werden können, führt das Nichtabwarten der Frist regelmäßig zur Rechtswidrigkeit der Handlung, nicht dagegen zur Nichtigkeit, wenn dies nicht im Gesetz besonders gesagt ist. So sind Vollstreckungsmaßnahmen ohne Abwarten der Wochenfrist des § 254 Abs. 1 S. 1 nur anfechtbar und nicht nichtig.[1] Bei einigen materiellrechtlichen Fristen hat deren Nichteinhaltung den Verlust von Vergünstigungen zur Folge.[2]

 

Rz. 25

Fristen, innerhalb deren Lauf etwas zu tun, zu dulden oder zu unterlassen ist, haben bereits nach ihrem Inhalt unterschiedliche Folgen für ihre Nichtwahrung bereit. Beim Ablauf einiger Fristen wird jemand davon ausgeschlossen, seine Rechte (weiter) zu verfolgen oder wahrzunehmen. Hierfür wird vielfach der von der AO nicht verwendete Begriff der "Ausschlussfrist" benutzt.[3] Diese Fristen dienen i. d. R. der Rechtssicherheit. So wird von der Rechtsverfolgung im Rechtsbehelfsverfahren ausgeschlossen, wer durch Verstreichenlassen der Rechtsbehelfsfrist[4] Unanfechtbarkeit eintreten lässt. Mit dem Ablauf der Festsetzungsfrist endet die Möglichkeit der Änderung oder Aufhebung eines Steuerbescheids oder gleichgestellter Verwaltungsakte.[5] Mit Eintritt der Zahlungsverjährung erlischt jeder Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis.[6] Zu diesen Fristen gehören auch die Antragsfristen z. B. für die Arbeitnehmerveranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG, für die WoP[7] und für die InvZul.[8]

 

Rz. 26

Andere Fristen dienen lediglich der verfahrensmäßigen Ordnung oder ähnlichen Zwecken und führen nicht zum Ausschluss von Rechten. Die Fristversäumung hat i. d. R. Rechtsnachteile zur Folge, die dem mit der Frist angestrebten Zweck angepasst sind. So führt die Nichtzahlung während einer Zahlungsfrist nicht etwa zum Verlust der Zahlungsmöglichkeit, sondern hat neben dem Weiterbestehen der Zahlungspflicht Säumniszuschläge zur Folge.[9] Bei nicht rechtzeitiger Abgabe von Steuererklärungen einschließlich Steueranmeldungen[10] wird niemand von der Pflicht und dem Recht zur Abgabe der Erklärung befreit, sondern kann lediglich u. U. mit Verspätungszuschlägen belastet werden. Dies hat nichts mit der Verlängerbarkeit der Steuererklärungsfristen zu tun[11], sondern gilt auch bei Ablehnung der Fristverlängerung. Eine verspätet eingereichte Steuererklärung/Steueranmeldung ist also unter den normalen Verfahrensvoraussetzungen auch dann ohne Einschränkungen zu verwerten, wenn sie zu günstigen Ergebnissen für den Stpfl. führt. Die Frist von 60 Tagen in § 90 Abs. 3 S. 8 i. d. F. des StVergAbG v. 16.5.2003[12] führt bei Nichteinhaltung der Frist zu den Folgen nach § 162 Abs. 3 AO einer Schätzung zulasten des Stpfl. bzw. nach § 162 Abs. 4 AO eines besonderen Zuschlags.

Die Versäumung behördlicher Fristen kann zur Widerrufbarkeit begünstigender Verwaltungsakte[13], zu Zwangsmaßnahmen oder anderen Folgen z. B. in der Vollstreckung führen.

[2] Vgl. z. B. § 5a Abs. 3 EStG.
[3] Müller, in Gosch, AO/FGO, § 108 AO Rz. 16.
[4] § 355 Abs. 1; § 47 Abs. 1 FGO.
[12] BGBl I 2003, 660.

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