Rz. 13

Der Wortlaut und die Entstehung des § 133a FGO schließen es aus, über die Verletzung des rechtlichen Gehörs hinausgehende oder daneben unterlaufene schwerwiegende Verfahrensfehler oder materielle Entscheidungsmängel, die bis 2004 (Rz. 2ff.) mit der Gegenvorstellung (früher auch mit der außerordentlichen Beschwerde; Rz. 4) geltend zu machen waren, nunmehr unmittelbar unter den Begriff der Anhörungsrüge zu fassen. Außerhalb der Gehörsverletzung liegende Gründe können mit der Anhörungsrüge nicht geltend gemacht werden und werden dementsprechend nicht geprüft.[1]

Der BFH sah vorübergehend die Gegenvorstellung generell als unstatthaft an.[2] Er verneinte damit die Analogie zu § 133a FGO ebenso wie die Herleitung aus dem Petitionsrecht und Art. 19 Abs. 4 GG.

Auf den klarstellenden Beschluss des BVerfG v. 25.11.2008, 1 BvR 848/07, NJW 2009, 829 wird die Gegenvorstellung, mit der die Verletzung anderer Verfahrensgrundrechte und greifbare Gesetzwidrigkeit aus anderen Gründen gerügt wird, vom BFH wieder anerkannt, allerdings beschränkt auf nicht in materielle Rechtskraft erwachsende Entscheidungen.[3] Ob sie auf eine Analogie zu § 133a FGO gestützt werden kann, ist str.[4] Der BFH lehnte die Analogie zu § 133a FGO mit dem Hinweis auf die Begrenzung der Anhörungsrüge auf die Verletzung des rechtlichen Gehörs ab.[5] Er stützte früher die Gegenvorstellung unmittelbar auf die Rechtsschutz- und Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG bzw. auf das Petitionsrecht nach Art. 17 GG.[6] Sie unterlag damit nicht den formellen Voraussetzungen des § 133a FGO, insbesondere nicht der Rügefrist nach Abs. 2, und war nicht kostenpflichtig.

Der analogen Anwendung gebührt der Vorzug. Die Gegenvorstellung wurde zuletzt auf die entsprechende Anwendung des § 321a ZPO a. F. gestützt[7] Für sie galt eine Frist von 2 Wochen ab Zustellung bzw. Bekanntgabe der gerichtlichen Entscheidung.[8] Die Fristregelung in § 133a Abs. 2 FGO weicht hiervon insofern ab, als nunmehr für den Fristbeginn auf den Zeitpunkt der Kenntniserlangung von der Verletzung des rechtlichen Gehörs abgestellt wird. Die Gegenvorstellung nach bisherigem Verständnis und die Anhörungsrüge unterliegen somit unterschiedlichen prozessualen Voraussetzungen. Für diese Differenzierung ist indes nach der Neuregelung in § 133a FGO kein Grund mehr erkennbar. Es ist daher sachgerecht, auch für die neben der Gehörsrüge unter der Bezeichnung Gegenvorstellung erhobenen Rügen greifbarer Gesetzwidrigkeit der Entscheidung nunmehr analog die Fristerfordernisse und die formalen Voraussetzungen des § 133a FGO anzuwenden.[9]

Geht man mit dem BFH weiterhin von der Statthaftigkeit der Gegenvorstellung aus, verbleibt demnach lediglich eine Definitionsfrage, ob der Begriff Gegenvorstellung neben dem der Anhörungsrüge geführt oder ob dieses Rechtsinstitut künftig von der Anhörungsrüge mit erfasst wird. Es dürfte zweckmäßig sein, den Begriff der Gegenvorstellung weiter i. d. S. zu verwenden, dass damit die analoge Anwendung des § 133a FGO für andere Fälle greifbarer Gesetzwidrigkeit als die Gehörsverletzung gemeint ist.

Daraus ergibt sich folgender Anwendungsbereich:

  • § 133a FGO unmittelbar: ausschließlich Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs (Anhörungsrüge),
  • analoge Anwendung: Rüge sonstiger schwerwiegender formeller und/oder materieller Mängel (Gegenvorstellung).

Wie sich aus BFH v. 26.9.2007, V S 10/07, BFH/NV 2008, 165[10] ergibt, geht die Tendenz – nicht nur in der Rspr. des BFH – allerdings dahin, außerordentliche Rechtsbehelfe und daher auch die Gegenvorstellung nur sehr eingeschränkt anzuerkennen (Rz. 3).

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