Rz. 153

Auch und gerade im Rahmen des Einsatzes von RMS muss sichergestellt werden, dass strukturell der Gefahr fehlerhafter Steuererklärungen durch ein taugliches Verifikationskonzept wirksam begegnet wird und unzulängliche Erklärungen der Stpfl. mit einem angemessenen Entdeckungsrisiko verbunden sind.[1] Nach dem Untermaßverbot dürfen auch bei risikobasierter Rechtsanwendung keine strukturell kontrollfreien Räume entstehen.[2] Deshalb stellt die Vorgabe einer hinreichenden Zufallsauswahl sicher, dass generalpräventiv auch "unverdächtige" Fälle geprüft werden.[3] Damit verbleibt jedem Erklärungsverhalten eines Stpfl. ein gewisses Entdeckungsrisiko.[4]

Die Zufallsaussteuerung ist Ausdruck des Rechtsgedankens des § 85 AO, der verlangt, dass grds. jeder Fall geprüft werden muss und es keinen generellen Verzicht auf den Steuervollzug geben darf.[5]

Einer näheren Untersuchung zu unterziehen ist die Frage, ob der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit, der neben der Deklaration auch die Verifikation der gemachten Angaben fordert, eine Mindestquote personell überprüfter Steuerfälle notwendig macht. Die Ziff. 1 und 3 des § 88 Abs. 5 S. 3 AO legen dies nahe, wenn der personellen Überprüfung durch den Gesetzgeber eine Bestandsgarantie gegeben wird. Man wird zumindest eine hinreichend große Zufallsauswahl fordern müssen, um ein nicht berechenbares und nachweisbares Entdeckungsrisiko zu erzeugen.[6]

 

Rz. 154

Die Zufallsaussteuerung führt naturgemäß dazu, dass aufgrund der tatsächlichen Überprüfung eines Stpfl. gegenüber anderen, nicht geprüften Stpfl., eine Ungleichbehandlung entsteht. Diese Folge ist aber unvermeidbar und im Rahmen einer Gesamtabwägung die freiheitsschonendste Möglichkeit, um notwendige Entdeckungsrisiken zu gewährleisten und damit im Interesse einer funktionierenden Generalprävention möglichst viele Stpfl. zur Steuerehrlichkeit anzuhalten.[7]

Rz. 155 einstweilen frei

 

Rz. 156

Wird der Fall zur zufälligen Prüfung durch einen Amtsträger ausgesteuert, so gibt bereits das Gesetz eine umfassende Prüfung des Steuerfalls in § 88 Abs. 5 S. 3 Nr. 1 AO vor. Die Überprüfung richtet sich dann wie üblich nach den Grundsätzen des § 88 Abs. 1 und 2 AO.

[1] Drüen, in HHSp, AO/FGO, § 88 AO Rz. 17.
[2] Drüen, in HHSp, AO/FGO, § 88 AO Rz. 414.
[3] Klein/Rätke, AO, 17. Aufl. 2023, § 88 Rz. 92.
[4] Koenig/Hahlweg, AO, 5. Aufl. 2024, § 88 Rz. 41; Seer, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 88 AO Rz. 77.
[5] Klein/Rätke, AO, 17. Aufl. 2023, § 88 Rz. 98; Koenig/Hahlweg, AO, 5 Aufl. 2024, § 88 Rz. 41.
[6] Roser, in Gosch, AO/FGO, § 88 AO Rz. 63; Drüen, in HHSp, AO/FGO, § 88 AO Rz. 423; Seer, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 88 AO Rz. 77.
[7] Drüen, in HHSp, AO/FGO, § 88 AO Rz. 423; Seer, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 88 AO Rz. 76.

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