Rz. 26

Die Bestellung des Vertreters erfolgt ausschließlich auf Ersuchen der Finanzbehörde. Der Antrag (Ersuchen) liegt grundsätzlich im pflichtgemäßem Ermessen[1] der Finanzbehörde, sofern sie von der Durchführung des Verfahrens nicht absehen kann oder will und die Verfahrensbehinderung für einen nicht unerheblichen Zeitraum gegeben ist.[2] Das Betreuungs- oder Familiengericht darf nicht von Amts wegen tätig werden. Sonstigen Personen, wie insb. den Beteiligten, kommt kein Antragsrecht zu. Sie können gleichwohl ein finanzbehördliches Ersuchen anregen.[3]

 

Rz. 27

Sachlich zuständig für die Bestellung ist grundsätzlich das Amtsgericht als Betreuungsgericht bei volljährigen Verfahrensbeteiligten bzw. als Familiengericht bei minderjährigen Beteiligten.[4] In den Fällen des § 81 Abs. 1 Nr. 4 AO ist nur der Richter für die Bestellung zuständig, in den übrigen Fällen – § 81 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 und Nr. 5 AO – gilt kein Richtervorbehalt, sodass die funktionale Zuständigkeit auch einem Rechtspfleger zukommt.

 

Rz. 28

§ 81 Abs. 2 AO regelt (konstitutiv) die örtliche Zuständigkeit des Gerichts. Örtlich zuständig für die Bestellung des Vertreters ist in den Fällen des § 81 Abs. 1 Nr. 4 AO das Betreuungs- bzw. Familiengericht, in dessen Bezirk der Beteiligte seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.[5] In den übrigen Fällen ist das Betreuungs- bzw. Familiengericht zuständig, in dessen Bezirk die ersuchende Finanzbehörde ihren Sitz hat.

 

Rz. 29

Das Betreuungs- bzw. Familiengericht hat dem Ersuchen zu entsprechen, sofern die Voraussetzungen des § 81 AO vorliegen, es hat keinen Ermessensspielraum.[6] Dies bedeutet gleichwohl nicht, dass das Betreuungs- bzw. Familiengericht dem Ersuchen zu entsprechen hat. Das Betreuungs- bzw. Familiengericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Tatbestandsvoraussetzungen des § 81 Abs. 1 AO erfüllt sind. Ist dies der Fall, muss das Gericht jedoch einen Vertreter bestellen. Andernfalls weist es das Ersuchen zurück.[7] Die Auswahl des Vertreters erfolgt durch das Gericht, die Finanzbehörde hat hierauf keinen Einfluss.[8] Der Vertreter muss nicht Befugnis zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen gem. §§ 2 bis 4 StBerG besitzen.

Gegen die Ablehnung des Ersuchens ist für die Behörde nach § 58 FamFG die Beschwerde gegeben, wie auch für den bestellten Vertreter.[9] Der Beteiligte und der bestellte Vertreter können gegen die Bestellung ebenfalls den Rechtsbehelf der Beschwerde an das Landgericht erheben.[10]

[1] Söhn, in HHSp, AO/FGO, § 81 AO Rz. 122; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 23. Aufl. 2022, § 16 VwVfG Rz. 3, 8.
[2] Söhn, in HHSp, AO/FGO, § 81 AO Rz. 28; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 23. Aufl. 2022, § 16 VwVfG Rz. 6, 9; s. insb. § 156 Abs. 2 AO.
[3] Söhn, in HHSp, AO/FGO, § 81 AO Rz. 120f.; Kobor, in Pfirrmann/Rosenke/Wagner, AO, § 81 AO Rz. 35.
[6] Blesinger/Viertelhausen, in Kühn/v. Wedelstädt, AO/FGO, 22. Aufl. 2018, § 81 AO Rz. 11; Drüen, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 81 AO Rz. 22; Söhn, in HHSp, AO/FGO, § 81 AO Rz. 135; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 23. Aufl. 2022, § 16 VwVfG Rz. 3.
[7] Drüen, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 81 AO Rz. 23.
[8] S. § 1897 Abs. 1 BGB.
[9] § 59 Abs. 3 FamFG; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 23. Aufl. 2022, § 16 VwVfG Rz. 27.
[10] §§ 58 Abs. 1, 59 Abs. 1 FamFG; Drüen, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 81 AO Rz. 23; Kobor, in Pfirrmann/Rosenke/Wagner, AO, § 81 AO Rz. 37.

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