Rz. 50

Verfahrensabschließende Entscheidungen darf die Steuerfahndung nicht treffen.[1] Diese Befugnis steht im selbstständigen Verfahren der Finanzbehörde ausschließlich der Bußgeld- und Strafsachenstelle bzw. in der Organisation von "Einheitssachgebieten" (vgl. Rz. 6a) den mit den Rechten der Finanzbehörde nach §§ 386 Abs. 2, 399 Abs. 1 AO ausgestatteten Beamten zu. Nur sie entscheidet, ob ein Strafbefehl[2] beantragt oder die Einstellung[3] verfügt wird. Die Steuerfahndung darf von sich aus Verfahren nicht an die Staatsanwaltschaft abgeben.[4] Auch diese Entscheidung obliegt allein der Bußgeld- und Strafsachenstelle in ihrer Funktion als "Steuerstaatsanwaltschaft". Dementsprechend kann die Steuerfahndung ohne Einschaltung der Bußgeld- und Strafsachenstelle mit dem Beschuldigten und seinem Verteidiger auch keine Absprachen zur weiteren Verfahrenserledigung treffen ("Deal"). Solche einverständlichen Verfahrensabsprachen sind mit dem Gesetz zur Regelung der Verständigung im Strafverfahren v. 29.7.2009[5] erstmals gesetzlich geregelt. Danach kann das Gericht gem. § 257c StPO in geeigneten Fällen mit den Verfahrensbeteiligten sich auf der Grundlage eines Geständnisses über die Rechtsfolgen und sonstige verfahrensbezogene Maßnahmen verständigen. Der Schuldspruch oder ein Rechtsmittelverzicht dürfen nicht Gegenstand einer Verständigung sein.[6] Möglich sind auch Erörterungen schon im Ermittlungsverfahren und außerhalb der Hauptverhandlung.[7] Hierüber muss dann aber in öffentlicher Hauptverhandlung das Gericht mitteilen, ob und mit welchem Inhalt Gespräche zur Vorbereitung einer Verständigung stattgefunden haben (§ 243 Abs. 4 StPO). Die Steuerfahndung kann eine derartige Verständigung nur anregen, nicht jedoch über sie entscheiden. Ggf. bietet sich eine einverständliche Gesamterledigung des Verfahrens in steuerlicher und strafrechtlicher Hinsicht an[8], wobei weder der Fahndung noch der Bußgeld- und Strafsachenstelle die Befugnis zukommt, das Besteuerungsverfahren durch eine tatsächliche Verständigung abzuschließen. Dies steht allein dem zuständigen Amtsträger des Festsetzungsfinanzamts zu.[9]

[1] H. M.; vgl. nur Randt, in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 8. Aufl. 2015, § 404 AO Rz. 89.
[3] Nach § 170 Abs. 2 StPO mangels hinreichenden Tatverdachts oder aus Gründen der Opportunität: §§ 153, 153a StPO mit Zustimmung des Gerichts, 154 StPO, § 398 AO.
[5] BGBl I 2009, 2353.
[7] Vgl. insbesondere § 160b StPO, der über § 385 Abs. 1 AO auch im selbstständigen Verfahren der Finanzbehörde gilt.
[8] Vgl. Minoggio, Stbg 2001, 324, 332.
[9] BFH v. 27.6.2018, X R 17/17, BFH/NV 2019, 97; zur verneinten Möglichkeit einer tatsächlichen Verständigung über Hinterziehungszinsen FG Rheinland-Pfalz v. 12.4.2018, 6 K 2254/17, EFG 2018, 994.

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