Rz. 10

Gegenstand der Erörterung ist der Sach- und Rechtsstand in dem anhängigen Einspruchsverfahren. Die Erörterung dient der gegenseitigen Information und dem Meinungsaustausch. Das Erörterungsgebot ist fallbezogen und besteht nur hinsichtlich solcher Tatsachen, die die Finanzbehörde in der Einspruchsentscheidung verwenden will. Entscheidungserheblich sind alle Tatsachen, die sich auf den Regelungsinhalt der Entscheidung auswirken. Nicht entscheidungserhebliche Umstände braucht die Finanzbehörde nicht zu erörtern.[1]

 

Rz. 11

Die Finanzbehörde hat dem Beteiligten den von ihr als entscheidungserheblich angesehenen Sachverhalt darzulegen. Dies gilt insbesondere für solche Tatsachen, die dem Beteiligten nicht bekannt sind.[2] Das Erörterungsgebot greift also stets dann ein, wenn die Finanzbehörde andere Tatsachen dem Verwaltungsakt zugrunde legen will als die vom Beteiligten z. B. in der Steuererklärung vorgetragenen Tatsachen. Im Rahmen der finanzbehördlichen Ermittlungen oder auch schon vorher, z. B. durch Kontrollmitteilungen[3] oder Anzeigen anderer Behörden, müssen der Finanzbehörde Tatsachen bekannt geworden sein, zu denen sich der Beteiligte noch nicht äußern konnte. Demgemäß ist die Bekanntgabe eines für den Beteiligten ungünstigen Ermittlungsergebnisses geboten, etwa einer nachteiligen Auskunft[4] oder des Sachverständigengutachtens. Auch zur Schätzung und ggf. zur Schätzungsmethode kann eine Erörterung geboten sein.[5] Die Finanzbehörde hat dem Beteiligten auch ihre Rechtsansicht darzulegen, sodass dieser den Regelungsinhalt der beabsichtigten Einspruchsentscheidung nachvollziehen kann.

 

Rz. 12

An diese Darlegungspflicht der Finanzbehörde dürfen keine überzogenen Maßstäbe angelegt werden. Sie muss nicht die komplette Begründung der beabsichtigten Einspruchsentscheidung vorwegnehmen, sondern muss nur die wesentlichen Entscheidungsgrundlagen aufzeigen, damit die Beteiligten Gelegenheit haben, den wesentlichen Sachverhalt aus ihrer Sicht darzulegen und ihre Rechtsansicht vorzutragen. Die Erörterung ist ein Meinungsaustausch, zu einer extensiven Rechtsdiskussion ist die Finanzbehörde nicht verpflichtet. Sie muss letztlich nur in der Einspruchsentscheidung die getroffene Regelung ausreichend begründen.

 

Rz. 13

Wird hinsichtlich des der Entscheidung zugrunde zu legenden Sachverhalts eine "tatsächliche Verständigung" erzielt, so ist diese für die Beteiligten und für die Finanzbehörde für die Zukunft verbindlich.

Unverbindlich sind sowohl für die Beteiligten als auch für die Finanzbehörde demgegenüber geäußerte Rechtsmeinungen. Die Finanzbehörde kann ihre Rechtsauffassung im Entscheidungsprozess ändern, sie muss nur ggf. eine neue Erörterung durchführen, da die Erörterung auch zum Schutz gegen Überraschungsentscheidungen dient. Die Finanzbehörde darf eine in Aussicht gestellte Sachentscheidung nicht treffen, wenn sie im weiteren Verlauf des Verfahrens die Unzulässigkeit des Einspruchs feststellt. Die Unzulässigkeit nimmt der Finanzbehörde die Sachentscheidungsbefugnis, da sie durch die eingetretene Bestandskraft des angefochtenen Verwaltungsakts gebunden ist.

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