Rz. 44

§ 29b Abs. 2 S. 1 AO trägt dem besonderen Schutzbedürfnis sensibler Daten u. a. auch dadurch Rechnung, dass die Verarbeitung dieser Daten davon abhängig gemacht wird, dass das (öffentliche) Interesse an der Verarbeitung das Schutzinteresse der betroffenen Person überwiegt. Die Anforderung, dass die Interessen des Verantwortlichen an der Datenverarbeitung die Interessen der betroffenen Personen überwiegen müssen, macht eine Interessenabwägung erforderlich.[1]

 

Rz. 45

Generell gilt aber, dass mit Ausnahme der Religionszugehörigkeit für Zwecke der Kirchensteuerfestsetzung sensible Daten ganz überwiegend verwendet werden, um eine für die betroffenen Personen günstigere Entscheidung (Anerkennung (zusätzlicher) Werbungskosten, Sonderausgaben, bzw. außergewöhnlicher Belastungen) herbei zu führen. Dies relativiert im Bereich der Verwendung der Daten im Interesse der gleichmäßigen und gesetzmäßigen Besteuerung die der Verwendung der Daten entgegenstehenden Interessen des Stpfl.

Als weitere Rahmenbedingung für die Verarbeitung sensibler Daten im Besteuerungsverfahren sollte daher nicht unberücksichtigt gelassen werden, dass es dem Stpfl. faktisch frei steht, entsprechende Angaben zu machen, da im Falle des Ausbleibens entsprechender Angaben die Finanzbehörde diese nicht erzwingen wird. Da im Falle der Nichtausnutzung eines steuerlichen Vorteils auch keine Steuerverkürzung anzunehmen sein wird, entfällt auch die Strafdrohung einer bewussten Falscherklärung.

Danach sind praktisch kaum Fälle denkbar, in denen das Individualinteresse trotz Erforderlichkeit der Datenverarbeitung wegen Vorliegens öffentlicher Interessen überwiegt.[2] Zugleich wird man aber aus dem Umstand, dass der Stpfl. sensible Daten erklärt, keine "ausdrückliche Einwilligung" i.  S. d. Art. 9 Abs. 2 Buchst. a) DSGVO erkennen können, da auch diese Angaben unter Beachtung der Pflicht zur vollständigen Erklärung über die steuerrelevanten Verhältnisse gemacht werden.[3] Zudem müsste der Stpfl. ohne diese Angaben auf ihm rechtlich zustehende Vergünstigungen und damit auf die zutreffende Steuerfestsetzung verzichten, was deutlich macht, dass eventuell einer Verarbeitung seiner sensiblen Daten entgegenstehende Interessen jedenfalls nicht entfallen.

Rz. 46 einstweilen frei

[1] Drüen, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 29b AO Rz. 15; Wackerbeck, in HHSp, AO/FGO, § 29b AO Rz. 41.
[2] Wackerbeck, in HHSp, AO/FGO, § 29b AO Rz. 41 m. w. N.; Koenig/Pätz, AO, 5. Aufl. 2024, § 29b Rz. 69.
[3] So auch Mues, in Gosch, AO/FGO, § 29b AO Rz. 4 und 5; Baum, in eKommentar, § 29b AO Rz. 5.

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