Rz. 7

§ 22 Abs. 2 AO regelt den Fall, dass in einem Land zwar Gemeinden bestehen, diesen die Festsetzung und Erhebung der Realsteuern aber nicht übertragen wurde. Obwohl es sich dabei ausgehend von Art. 108 Abs. 2 GG um den gesetzlichen Normalfall handelt, hat die Regelung zzt. nur für Bremen (mit den Gemeinden Bremen und Bremerhaven) Bedeutung. Bremen hat den Gemeinden die Verwaltung der GewSt überhaupt nicht und die Verwaltung der GrSt nur für den Bereich der Stadtgemeinde Bremerhaven übertragen.[1]

Nach § 22 Abs. 2 S. 1 AO ist für die Festsetzung und Erhebung der Realsteuern das FA örtlich zuständig, zu dessen Bezirk die hebeberechtigte Gemeinde gehört. Diese Zuständigkeit schließt die Haftung sowie Billigkeitsmaßnahmen nach §§ 222, 227 AO ein. Das Gleiche gilt für Billigkeitsmaßnahmen nach § 163 AO, soweit diese nicht unter § 184 Abs. 2 AO fallen.

 

Rz. 8

§ 22 Abs. 2 S. 2 AO regelt den Fall, dass die hebeberechtigte Gemeinde zu den Bezirken mehrerer FÄ gehört. Für diesen Fall wird durch Verweisung auf Abs. 1 die Zuständigkeit des FA begründet, das als Lagefinanzamt[2] bzw. Betriebsfinanzamt[3] zuständig ist bzw. zuständig wäre, wenn im Geltungsbereich der AO nur die in der hebeberechtigten Gemeinde liegenden Teile des Betriebs, des Grundstücks oder des Betriebsgrundstücks vorhanden wären.

Str. ist, ob im Fall der GewSt für Fälle mit Auslandsbezug die in Abs. 1 S. 2 getroffene Sonderregelung entsprechend gilt. Dies wird z. T. unter Hinweis darauf bejaht, dass der Gesetzgeber in den Fällen des Abs. 1 S. 2 eine für alle Steuern geltende zentrale Zuständigkeit habe schaffen wollen.[4] Dieses Argument kann aber schon deshalb nicht überzeugen, weil es auch in dem Regelfall, dass die GewSt von der Gemeinde verwaltet wird, nicht zu einer entsprechenden Zuständigkeitsübertragung kommt.[5]

 

Rz. 9

Soweit die Realsteuern von Landesfinanzbehörden verwaltet werden, stehen den Gemeinden die in § 21 Abs. 1 und 2 FVG geregelten Auskunfts- und Teilnahmerechte zu.[6] Sie haben das Recht, sich über die für diese Steuern erheblichen Vorgänge bei den zuständigen Landesfinanzbehörden zu unterrichten. Zu diesem Zweck steht ihnen das Recht auf Akteneinsicht und auf mündliche und schriftliche Auskunft zu.[7] Das Recht, durch Gemeindebedienstete an Außenprüfungen bei Stpfl. teilzunehmen[8], steht den Gemeinden allerdings nur dann zu, wenn diese in der Gemeinde eine Betriebsstätte unterhalten oder Grundbesitz haben und die Außenprüfungen im Gemeindegebiet erfolgen.[9] Das Teilnahmerecht der Gemeinden an Außenprüfungen wird nicht durch das Bestehen von Vertragsbeziehungen zwischen dem Stpfl. und der Gemeinde ausgeschlossen.[10] Die berechtigten Interessen des Stpfl. an der Nichtoffenlegung von für die Vertragsbeziehung relevanten Daten und/oder Unterlagen sind dadurch zu schützen, dass der Außenprüfer im Rahmen der jeweiligen Außenprüfung darüber entscheidet, welche Informationen er an den Gemeindeprüfer weitergibt.[11] Im Rahmen seiner Informations- und Mitwirkungspflicht während der Außenprüfung hat der Stpfl. die Unterlagen und/oder Daten im Einzelnen zu bezeichnen, die von der Offenbarung gegenüber den Gemeindebediensteten ausgenommen werden sollen. Entscheidet sich das FA trotz des Geheimhaltungsbegehrens des Stpf. für eine Offenlegung, muss es dies in Form eines im Einzelnen begründeten Verwaltungsakts tun, gegen den sich der Stpfl. im Wege des – auch einstweiligen – Rechtsschutzes wenden kann.[12] Dadurch kann er die Außenprüfung unter Umständen so lange hinauszögern, bis die Gemeinde "freiwillig" auf ihre Teilnahme verzichtet.[13]

[1] Vgl. § 2 Abs. 2 des Bremischen Abgabengesetzes v. 15.5.1962, Brem. GBl. 1962, 139.
[4] Wackerbeck, in HHSp, AO/FGO, § 22 AO Rz. 29; Schmieszek, in Gosch, AO/FGO, § 22 AO Rz. 22.
[5] Im Ergebnis ebenso Koenig/Pätz, AO, 4. Aufl. 2021, § 22 Rz. 12.
[13] Selder, Anm. zu BFH v. 20.10.2022, III R 25/21, juris-PR-SteuerR 22/2023 Anm. 2.

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