3.5.1 Vorlagepflicht

 

Rz. 30

Nach § 97 Abs. 1 AO kann die Finanzbehörde die Vorlage von Urkunden verlangen, soweit dies zum Beweis eines steuerlich relevanten Sachverhalts erforderlich ist. § 150 Abs. 4 S. 1 AO normiert für den Beteiligten eine solche Vorlagepflicht für Unterlagen, d. h. schriftliche Beweismittel[1], bereits bei Abgabe der Steuererklärung.[2]

 

Rz. 31

Die Unterlagen sind nicht notwendiger Bestandteil der Steuererklärung.[3] Unterlässt der Beteiligte die Beifügung, so berührt dies die Ordnungsmäßigkeit der Erklärungsabgabe nicht und ist dies keine "Nichtabgabe" der Steuererklärung. Das Unterlassen rechtfertigt demgemäß nicht die Festsetzung eines Verspätungszuschlags. Die Finanzbehörde kann nur die Einreichung der Unterlagen nach § 97 AO anordnen und ggf. nach § 328 AO erzwingen.[4]

 

Rz. 32

Die Vorlagepflicht nach § 150 Abs. 4 S. 1 AO besteht nur für Unterlagen, die nach dem jeweiligen Steuergesetz vorzulegen sind, z. B.:

  • § 60 Abs. 1 EStDV: Wird der Gewinn nach § 4 Abs. 1 oder § 5 EStG ermittelt, so ist der Steuererklärung eine Abschrift der Bilanz, die auf dem Zahlenwerk der Buchführung beruht, im Fall der Eröffnung des Betriebs auch eine Abschrift der Eröffnungsbilanz beizufügen. Werden Bücher geführt, die den Grundsätzen der doppelten Buchführung entsprechen, sind eine Gewinn- und Verlustrechnung und außerdem auf Verlangen des FA eine Hauptabschlussübersicht beizufügen.[5]
  • § 60 Abs. 3 EStDV: Liegen ein Anhang, ein Lagebericht oder ein Prüfungsbericht vor, so ist eine Abschrift der Steuererklärung beizufügen. Die Anhänge, Lage- oder Prüfungsberichte sind vollständig vorzulegen.[6]
  • Vorlage einer Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung, § 8 KStG i. V. m. §§ 56, 60 EStDV.[7]
[1] Mösbauer, BB 1982, 1294.
[2] § 87 Abs. 2 AO wegen der Übersetzung fremdsprachlicher Schriftstücke.
[3] Mösbauer, BB 1982, 1294; Stöcker, in Gosch, AO/FGO, § 150 AO Rz. 80; Seer, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 150 AO Rz. 54; a. A. Schick, BB 1984, 134; Heuermann, in HHSp, AO/FGO, § 150 AO Rz. 42.
[5] FG Münster v. 17.12.2008, 6 K 2187/08, EFG 2009, 818: keine Vorlagepflicht für die EÜR.
[6] Hessisches FG v. 8.3.1991, 4 K 4642/90, EFG 1991, 506 für die Vorlage des Prüfungsberichts einer Kreditgenossenschaft nach § 53 GenG, § 27 KWG, § 49 Abs. 1 KStG.

3.5.2 Belegausstellungspflicht dritter Personen

 

Rz. 33

Die Beifügung von Unterlagen ist allerdings nur möglich, wenn der Beteiligte sich solche Unterlagen beschaffen kann. Um die Rechtsposition des Beteiligten zu stärken, begründet § 150 Abs. 4 S. 2 AO für den Beteiligten einen Rechtsanspruch gegen dritte Personen auf Ausstellung der für die Steuererklärung erforderlichen Bescheinigungen.[1] Dieser Rechtsanspruch ist vom Beteiligten ggf. auf dem Zivilrechtsweg geltend zu machen. § 150 Abs. 4 S. 2 AO begründet darüber hinaus eine steuerverfahrensrechtliche Mitwirkungspflicht dritter Personen.[2] Die Finanzbehörde kann gegenüber dem Dritten mittels Verwaltungsakt die Erstellung der Bescheinigung anordnen und dies ggf. erzwingen.[3]

Siehe auch § 93c AO zur besonderen Verpflichtung zur Übertragung von Daten durch Dritte.

[1] Stöcker, in Gosch, AO/FGO, § 150 AO Rz. 85; Koenig/Haselmann, AO, 4. Aufl. 2021, § 150 Rz. 27.
[2] Kordt, in Schwarz/Pahlke/Keß, AO/FGO, § 33 AO Rz. 47, 50 zur verfahrensrechtlichen Stellung Dritter in einem fremden Besteuerungsverfahren.
[3] Seer, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 150 AO Rz. 57; Klein/Rätke, AO, 16. Aufl. 2022, § 150 Rz. 61.

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