Rz. 70

Gem. § 138d Abs. 2 Nr. 2 lit. c AO kann sich der erforderliche grenzüberschreitende Bezug der Steuergestaltung auch daraus ergeben, dass ein an der Gestaltung Beteiligter in einem anderen Steuerhoheitsgebiet seiner Geschäftstätigkeit über eine dort gelegene Betriebstätte nachgeht und die Gestaltung der Betriebstätte zuzuordnen ist. Der Begriff des Beteiligten ist dabei wie unter lit. a) auszulegen. Siehe hierzu Rz. 61ff., 69.

 

Rz. 71

Außerdem muss mindestens einer der an der Gestaltung Beteiligten eine Geschäftstätigkeit durch die ausländische Betriebstätte betreiben. In Abgrenzung zu lit. d liegt der Fokus bei dem Begriff auf der "Geschäfts"-Tätigkeit; in lit. d wird dagegen auf jede Tätigkeit abgestellt. Der Begriff der Geschäftstätigkeit ist im Gesetz nicht definiert und muss nach den allg. Auslegungsmethoden bestimmt werden. Geschäftstätigkeit ist jede unternehmerische Tätigkeit, ohne dass ein steuerlicher Gewerbebetrieb vorliegen muss. Hätte der Gesetzgeber einen Gewerbebetrieb als Erfordernis aufnehmen wollen, hätte er dies auch gemacht. Umgekehrt ist aber jedenfalls jeder Gewerbebetrieb als Geschäftstätigkeit anzusehen. Nicht erfasst ist aber eine vermögensverwaltende Tätigkeit; bei dieser fehlt es an der erforderlichen Ausübung von "Geschäften". Vor dem Hintergrund, dass Tätigkeiten, die nicht als "Geschäfts"-Tätigkeit zu qualifizieren sind, in lit. d erfasst sind, dürfte der Abgrenzung in der Praxis keine wesentliche Bedeutung zukommen.

 

Rz. 72

Für die Frage der Geschäftstätigkeit ist es auch unerheblich, auf welche Steuerart sich die fragliche Steuergestaltung bezieht. So kommt es für § 138d Abs. 2 Nr. 2 lit. c) AO auch z. B. für Gestaltungen im Bereich der ErbSt/SchSt auf eine Geschäftstätigkeit an, auch wenn das (Ver-)Erben oder (Ver-)Schenken selbst keine Geschäftstätigkeit ist. Während bei lit. a) und b) auf die Ansässigkeit der Beteiligten abgestellt wird, die bei der Gewerbesteuer nicht definiert ist, kann das Kriterium der Betriebstätte auch bei Gestaltungen, die nur die Gewerbesteuer betreffen, erfüllt sein.

 

Rz. 73

Wann eine Betriebstätte vorliegt, wird in § 138d Abs. 4 AO definiert. Es wird daher nicht einfach auf den Betriebstättenbegriff des § 12 AO zurückgegriffen. Gem. § 138d Abs. 4 AO ist daneben auch der Betriebstättenbegriff des jeweiligen einschlägigen Doppelbesteuerungsabkommens heranzuziehen. Zwar begründen DBA keine Besteuerungsrechte; wenn aber auf eine in einem DBA enthaltene Definition verwiesen sind, können steuerliche Folgen daran geknüpft sein, wenn diese Definition erfüllt ist. Damit soll verhindert werden, dass die Steuergestaltung gerade einen Vorteil daraus generiert, dass unterschiedliche Definitionen der Betriebstätte bestehen.[1] Ob nach ausländischem Steuerrecht im Tätigkeitsstaat eine Betriebstätte begründet wird, ist dagegen unerheblich. Das Gesetz stellt in Abs. 4 ausdrücklich nur auf den Betriebstättenbegriff des § 12 AO ab, aber nicht auf den jeweiligen Betriebstättenbegriff des Tätigkeitsstaates.

 
Praxis-Beispiel

Nach dem nationalen Steuerrecht des Staates A setzt die Begründung einer Baubetriebstätte eine Tätigkeit von mindestens 20 Tagen voraus. Gem. § 12 AO erfordert eine Baubetriebstätte ein Tätigwerden von 35 Tagen. Der Stpfl. wäre entsprechend der Gestaltung 25 Tage in Staat A tätig. Er ist ausschließlich in Deutschland ansässig. Die Regelungen des anwendbaren DBA sollen hier außer Betracht gelassen werden.

In Staat A läge zwar nach nationalem Steuerrecht eine Betriebstätte vor. Allerdings stellt § 138d Abs. 2 Nr. 2 lit. c AO ausschließlich auf die Definition gem. § 12 AO ab (Regelungen des DBA werden außer Betracht gelassen). Danach liegt keine Betriebstätte vor. Damit ist § 138d Abs. 2 Nr. 2 lit. c AO nicht erfüllt, obwohl im Staat A ein steuerlicher Anknüpfungspunkt vorliegt. Weiterhin zu prüfen wäre aber, ob nicht die Voraussetzungen des § 138d Abs. 2 Nr. 2 lit. d AO erfüllt sind.

 

Rz. 74

Bei der Prüfung, ob nach einem Doppelbesteuerungsabkommen eine Betriebstätte vorliegt, ist auf das jeweilige DBA zwischen den beiden Staaten anwendbar, die an der konkreten Transaktion in der Gestaltung beteiligt sind. Je nach Gestaltung können dabei mehrere DBA zu prüfen sein.

 
Praxis-Beispiel

Nach dem jeweils nationalen Steuerrecht der Staaten A, B und C besteht eine Baubetriebstätte erst, wenn die Tätigkeit länger als 100 Tage dauert. Nach dem DBA zwischen Staat A und B ist eine Tätigkeitsdauer von 150 Tagen erforderlich. Nach dem DBA zwischen Staat A und C reicht eine Tätigkeitsdauer von 80 Tagen aus. Das DBA zwischen Staat B und C erforder ebenfalls eine Tätigkeit von 100 Tagen. Die anderen Voraussetzungen für eine Baubetriebstätte sollen nach allen Regelungen erfüllt sein. Der Stpfl., der in Staat A ansässig ist, ist 90 Tage in Staat B tätig. Staat C ist ebenfalls in die Gestaltung involviert.

Nach dem jeweils nationalen Steuerrecht aller beteiligter Staaten liegt keine Betriebstätte des Stpfl. in Staat B vor. Auch nach dem DBA zwischen Staat A und Staat B liegt k...

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