Ein einmal begründeter und zwischenzeitlich auch nicht aus anderen Gründen weggefallener wirtschaftlicher Veranlassungszusammenhang eines Darlehens mit Einkünften i. S. d. § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG entfällt nicht allein deshalb, weil die mit den Darlehensmitteln angeschaffte Immobilie veräußert wird. Vielmehr setzt sich der ursprüngliche Veranlassungszusammenhang zwischen dem Darlehen und den Einkünften aus der Vermietung – unabhängig von der Veräußerung und mithin auch unabhängig von der Frage ihrer Steuerbarkeit – am Veräußerungspreis fort (sog. Surrogationsbetrachtung). Daher sind nachträgliche Schuldzinsen, die auf ein solches Darlehen entfallen, grundsätzlich auch nach einer – ggf. gem. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG steuerbaren – Veräußerung der Immobilie weiter als (nachträgliche) Werbungskosten zu berücksichtigen, wenn und soweit die Verbindlichkeiten durch den Veräußerungserlös nicht getilgt werden können (sog. Grundsatz des Vorrangs der Schuldentilgung).[1] Für die Berücksichtigung nachträglicher Schuldzinsen bei den Einkünften i. S. d. § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG ist daher maßgeblich, was mit dem Veräußerungspreis geschieht.

Schafft der Steuerpflichtige damit eine neue Einkunftsquelle – z. B. ein zur Vermietung bestimmtes Immobilienobjekt – an, besteht der Zusammenhang (ggf. anteilig in Höhe des verwendeten Erlöses) am neuen Objekt fort.[2]

Wird kein neues Objekt und auch keine anderweitige Einkunftsquelle angeschafft, kommt es darauf an, ob der Verkaufserlös ausreicht, um das Darlehen abzulösen.

Ist dies der Fall, endet der wirtschaftliche Zusammenhang i. S. d. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG mit der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung, und zwar unabhängig davon, ob der Steuerpflichtige – worin er frei ist – tatsächlich das Darlehen ablöst oder ob er den Veräußerungserlös anderweitig (privat) verwendet und das Darlehen bestehen lässt. Denn im letztgenannten Fall wird der grundsätzlich fortbestehende Veranlassungszusammenhang von einer privat motivierten Entscheidung – die Nichtablösung des Darlehens oder der anderweitigen Verwendung des Verkaufserlöses – ersetzt.[3]

Veräußert der Steuerpflichtige die vermietete Immobilie, reicht der Verkaufserlös aber nicht aus, um ein hierfür aufgenommenes Darlehen abzulösen, bleibt der nicht ablösbare Teil des (fortgeführten) Anschaffungsdarlehens im Zusammenhang mit den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung.[4]

Rechtliche Hindernisse stehen der Verwendung des Veräußerungserlöses zur Schuldentilgung im Regelfall nicht entgegen. Denn auch bei einem Festzinskredit mit vertraglich vereinbarter Laufzeit begründet das Bedürfnis des Darlehensnehmers nach einer anderweitigen Verwertung des beliehenen Objekts eine Verpflichtung des Darlehensgebers, in eine vorzeitige Darlehensablösung ­gegen angemessene Vorfälligkeitsentschädigung einzuwilligen.[5]

Es ist für den Werbungskostenabzug unerheblich, ob die Veräußerung innerhalb der 10-jährigen Veräußerungsfrist erfolgt und gem. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG steuerbar ist.[6]

Bestehen im Zusammenhang mit dem veräußerten Mietobjekt mehrere Darlehensverbindlichkeiten, ist für die steuerliche Anerkennung der Verwendung des Veräußerungserlöses zur Tilgung von Verbindlichkeiten entscheidend, dass die Darlehen nach Maßgabe der konkreten Vertragssituationen marktüblich und wirtschaftlich unter Berücksichtigung der Zinskonditionen abgelöst werden.[7]

 
Hinweis

Schuldzinsen für ein Refinanzierungs- oder Umschuldungsdarlehen

Auch auf ein Refinanzierungs- oder Umschuldungsdarlehen gezahlte Schuldzinsen können nach Auffassung des BFH[8] durch die (frühere) Einkünfteerzielung veranlasst sein. Daher kann ein Darlehen, das nicht unmittelbar dazu dient, Anschaffungs- oder Herstellungskosten einer zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung genutzten Immobilie zu finanzieren, sondern aufgenommen wird, um ein bereits früher aufgenommenes und nach Veräußerung der Immobilie fortgeführtes Anschaffungsdarlehen umzuschulden, mit Blick auf die Surrogationsbetrachtung unter folgenden Voraussetzungen noch in einem hinreichenden wirtschaftlichen Zusammenhang i. S. d. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG mit der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung stehen.

  • Das Altdarlehen diente der Finanzierung der Anschaffungskosten bzw. Herstellungskosten der vermieteten Immobilie.
  • Die Valuta des Umschuldungsdarlehens geht nicht über den abzulösenden Restdarlehensbetrag hinaus.
  • Die Umschuldung bewegt sich im Rahmen einer marktüblichen Finanzierung. Dazu gehört regelmäßig eine vertraglich fixierte Tilgungsvereinbarung.

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