Bei missbräuchlicher Geltendmachung von Rechten ...: Interessant ist die Lösung, die der EuGH fand, um der Gefahr zu begegnen, dass der Fiskus den Betrag der MwSt zweimal erstatten muss. Wie gesagt (s. oben II.), soll eine Steuerkorrektur durch L, nachdem LE bereits einen Direktanspruch geltend gemacht hat, missbräuchlich sein.

... Versagung der Vorteile: Auch das ist letztendlich nicht wirklich neu. Die Feststellung, dass Steuerpflichtige Rechte, die ihnen zustehen, nicht ausüben dürfen, wenn dies missbräuchlich oder in betrügerischer Absicht erfolgt, gehört, wie gesagt (s. oben II.), ebenfalls zur ständigen Rechtsprechung des EuGH.[22] Mit diesem Argument hat er z.B. das Recht auf Vorsteuerabzug verneint[23] oder das Recht eine Lieferung als steuerfrei zu behandeln.[24] Neu (wenn auch in gewisser Weise konsequent) ist die Feststellung, dass diese Grundsätze auch für die Steuerkorrekturverfahren des L gelten, wenn der LE bereits eine Erstattung dieser Beträge erhalten hat. Dies gilt allerdings "vorbehaltlich der vom vorlegenden Gericht vorzunehmenden Prüfungen."[25]

Lösung entspricht Neutralitätsgrundsatz: Die Lösung des EuGH macht im vorliegenden Fall Sinn, da sie zumindest in dieser Konstellation zu einer mehrwertsteuerlich neutralen Rückabwicklung führt. L hat die MwSt-Beträge von LE erhalten und an sein FA abgeführt. LE, der wirtschaftlich belastet ist, bekommt diese Beträge von seinem FA zurück. Würde L dann ebenfalls die Erstattung dieser Beträge beantragen (obwohl er weiß, dass LE die Erstattung bereits im Wege eines Direktanspruchs erhalten hat[26]), hätten seine Anträge – vorbehaltlich des Ergebnisses der vom vorlegenden Gericht vorzunehmenden Prüfungen – keinen anderen Zweck als den, einen Steuervorteil zu erlangen, der gegen den Grundsatz der steuerlichen Neutralität verstößt.

[22] Vgl. z.B. EuGH v. 6.12.2012 – C-285/11 – Bonik EOOD, UR 2013, 195 Rz. 36; EuGH v. 21.6.2012 – C-80/11, C-142/11 – Mahagében Kft. und Dávid, UR 2012, 591 Rz. 41.
[23] Vgl. z.B. EuGH v. 6.12.2012 – C-285/11 – Bonik EOOD, UR 2013, 195 Rz. 37.
[24] Vgl. z.B. EuGH 7.12.2010 – C-285/09 – R., UR 2011, 15 Rz. 49.
[25] EuGH v. 7.9.2023 – C-453/22 – Schütte, UR 2023, 758 Rz. 33.
[26] S. dazu unten VI.1.

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