Entscheidungsstichwort (Thema)

Wunsch des Betreuten auf Bestellung eines neuen Betreuers

 

Leitsatz (amtlich)

1. Das eigene Beschwerderecht des Betreuers nach § 69g Abs. 2 FGG setzt voraus, dass die Entscheidung seinen Aufgabenkreis unmittelbar betrifft.

2. Im Rahmen von § 1908b Abs. 3 BGB ist § 1897 Abs. 4 BGB anzuwenden und der Wunsch des Betreuten auf Bestellung eines neuen Betreuers unabhängig von seiner Geschäftsfähigkeit zu berücksichtigen. Für diesen Wunsch reicht es aus, dass der Betreute sich an seinen Verfahrensbevollmächtigten gewandt hat, ihn im Entlassungsverfahren zu vertreten, und er sich dessen Vorschlag eines neuen Betreuers zu eigen macht.

 

Normenkette

FGG § 69g Abs. 2; BGB § 1897 Abs. 4, § 1908b Abs. 3

 

Verfahrensgang

LG Lübeck (Beschluss vom 20.09.2004; Aktenzeichen 7 T 296 + 299/04)

AG Ahrensburg (Aktenzeichen 80-XVII 3276)

 

Tenor

Die sofortige weitere Beschwerde wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass in Änderung der angefochtenen Entscheidung insoweit die Erstbeschwerde der Beteiligten zu 1) als unzulässig verworfen wird.

Das Erstbeschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei. Die darin dem Beteiligten zu 2) erwachsenen außergerichtlichen Kosten werden zur Hälfte der Beteiligten zu 1) auferlegt.

Das Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde ist gerichtsgebührenfrei. Die darin dem Betroffenen erwachsenen außergerichtlichen Kosten hat der Beteiligte zu 2) zu erstatten.

Der Geschäftswert wird auf 3.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Betroffene leidet an einer frühkindlich erworbenen hirnorganischen Schädigung nach einer Pockenschutzimpfung im Sinne einer geistigen Behinderung. Die Beteiligte zu 1) und er sind Geschwister. Durch Beschl. v. 14.4.1982 bestellte das AG beider Mutter ... zu seinem Vormund. Diese war Hauptgesellschafterin der ... GmbH und Inhaberin der Firma ... Weitere Gesellschafter der GmbH waren deren Geschäftsführer ... und ... Die Einzelfirma war Eigentümerin des Grundstücks, das sie zu deren Betrieb an die GmbH verpachtet hatte. Ferner gehörten der Familie mehrere andere Grundstücke, Eigentumswohnungen und Geldanlagen. Mit Vertrag vom 16.3.1987 übertrug die Mutter ihre Geschäftsanteile an der GmbH zur treuhänderischen Verwaltung an den Steuerberater Z. Sie verstarb am 11.2.1990 und wurde von ihren Kindern je zur Hälfte beerbt. Auf Grund des Beschlusses des AG vom 23.4.1990 wurde Z. Vormund des Betroffenen. Durch Beschl. v. 15.6.1998 bestellte das AG ihn zum Betreuer mit den Aufgabenkreisen Vermögenssorge und Behördenangelegenheiten, den Beteiligten zu 3) zum Gegenbetreuer für die Vermögenssorge sowie die Beteiligte zu 1) zur Betreuerin mit den Aufgabenkreisen Gesundheitsfürsorge, Aufenthaltsbestimmung - ohne Unterbringung - und Wohnungsangelegenheiten. Im Jahre 2001 nahm die Beteiligte zu 1) den Betroffenen, der zuvor in einer Einrichtung und kurze Zeit auf einer Pferdefarm gelebt hatte, bei sich in einer geräumigen Mietwohnung auf und stellte für ihn eine "Betreuerin" ein. Der Betreuer schloss mit der Beteiligten zu 1) am 30.7.2001 eine Vereinbarung, die u.a. vorsah, dass diese für die Pflege und "Betreuung" des Betroffenen einen monatlichen Pauschalbetrag i.H.v. 7.500 DM erhielt. Zusätzlich entstehende außergewöhnliche Aufwendungen sollte sie nach Absprache mit dem Betreuer verauslagen. Gegen Vorlage entsprechender Belege sollte dieser eine Rückerstattung verauslagter Beträge innerhalb von 14 Tagen veranlassen. Ende 2001/Anfang 2002 rügte der Betreuer nicht abgesprochene Verfügungen der Beteiligten zu 1) zu Lasten des Betroffenen, so eine Überweisung von dessen Sparkonto über ca. 1.500 DM und Sonderentnahmen vom "gemeinschaftlichen Konto" über ca. 28.000 DM. Auf diesem Konto, über das der Betreuer und die Beteiligte zu 1) jeweils Einzelvollmacht hatten, gingen die laufenden Pachtzahlungen der GmbH an die Erbengemeinschaft für die Nutzung des Grundstücks ein. Nach Zahlung der Umsatzsteuern an das Finanzamt wurde der Erlös unter den Geschwistern aufgeteilt (jede Person ca. 5. 600 EUR). Mit Schreiben vom 7.5.2002 an das AG regte die Beteiligte zu 1) an, den Betreuer zu entlassen, weil das Vertrauensverhältnis zu ihm völlig gestört sei, und an seiner Stelle den Beteiligten zu 2) zu bestellen. Nachdem er weitere unabgesprochene Entnahmen - bis Juli 2002 ca. 46.000 DM - durch die Beteiligte zu 1) festgestellt hatte, bat der Betreuer seinerseits um Entlassung.

Durch Beschl. v. 14.11.2002 entließ das AG den Betreuer Z. und bestellte an seiner Statt den Beteiligten zu 2) zum neuen Betreuer. Der Betroffene war - nach teilweiser Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft - während der Amtszeit des Beteiligten zu 2) Inhaber eines Wertpapierdepots von 1.528.000 EUR, Eigentümer dreier Eigentumswohnungen und Bezieher laufender Einkünfte als Gesellschafter zweiter Handelsunternehmen. Der Treuhandvertrag vom 16.3.1987 wurde durch Vertrag vom 19.11.2002 aufgehoben (vormundschaftsgerichtliche Genehmigung erteilt am 11.11.2004). Ferner arbeitete der Betroffene in den ... Anstalten in der Gärtnerei u...

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