Entscheidungsstichwort (Thema)

Haftung des Geschäftsführers der Schuldnerin bei Verfügung unter Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters

 

Leitsatz (amtlich)

Stehen die Verfügungen einer Schuldnerin unter dem Vorbehalt der Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters und stimmt dieser der Überweisung von Lohnsteuern, die zeitgleich mit seiner Bestellung anzumelden und abzuführen sind, nicht zu, kann der Geschäftsführer der Schuldnerin für die dadurch nicht abgeführten Lohnsteuern nicht in Haftung genommen werden.

 

Normenkette

AO §§ 34, 69, 191; InsO §§ 21-22

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 03.12.2004; Aktenzeichen VII B 178/04)

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Eilverfahrens über die Inanspruchnahme des Antragstellers (Ast.) als Haftungsschuldner.

Der Ast. war seit Gesellschaftsgründung Geschäftsführer (GF) der Firma ... GmbH (GmbH). Anfang und Mitte November 2003 zahlte die GmbH einen Teil der November-Löhne - wie üblich - im Wege von Abschlagszahlungen aus. Zu diesem Zeitpunkt war die GmbH zahlungsfähig. Ebenfalls Mitte November erklärte ein langjähriger Kunde und Lieferant der GmbH, dass er Insolvenz angemeldet habe. Aufgrund von Wechselverbindlichkeiten in Höhe von ca. 144.000 € gegenüber dieser Firma und der Unfähigkeit, diese Verbindlichkeiten zu begleichen, stellte der Ast. für die GmbH am 28. November 2003 einen Insolvenzantrag wegen drohender Zahlungsunfähigkeit beim Amtsgericht (AG).

Mit Beschluss vom 03. Dezember 2003 bestellte das Insolvenzgericht Herrn ...(RA) zum Gutachter. Mit weiterem Beschluss vom 10. Dezember 2003 folgte dessen Bestellung zum vorläufigen Insolvenzverwalter. In dem Beschluss heißt es u.a.:

Gemäß § 22 Abs. 2 InsO bestimmt das Gericht die Pflichten des vorläufigen Insolvenzverwalters wie folgt: Der vorläufige Verwalter soll das vollstrekkungsbefangene Vermögen der Schuldnerin in Verwaltung und Verwahrung nehmen, er soll Außenstände einziehen und sie, eingehende Gelder und vorhandene Bankguthaben auf ein von ihm zu errichtendes Anderkonto einzahlen.

Trifft die Schuldnerin Verfügungen, so sind sie nur mit Zustimmung des vorläufigen Verwalters wirksam.ö

Anfang Dezember fertigte die GmbH wie üblich die Lohnsteuer (LSt-)Anmeldung für November 2003. Hierbei wurden die vertragsmäßig zu zahlenden Löhne für den Monat November erklärt, anstatt der tatsächlich nur ausgezahlten Abschlagszahlungen. Am 06.bzw. 07. Dezember 2003 reichte der Ast. Überweisungsaufträge zur Zahlung u.a. der LSt zur Geschäftsbank der GmbH (Volksbank). Zu diesem Zeitpunkt war die GmbH ebenfalls liquide. Es bestand ein Kontokonrrentkredit mit der Volksbank, welcher noch nicht ausgeschöpft war und welchen die Bank auch in Kenntnis des Insolvenzantrages nicht gekündigt hatte. Die GmbH verfügte zu diesem Zeitpunkt noch über Kredit in Höhe von ca. 10.000 €. Dieser noch verbliebene Kreditrahmen hätte zur Begleichung (auch) der LSt für November 2003 ausgereicht.

Aufgrund Intervention des - späteren - vorläufigen Insolvenzverwalters stornierte die Volksbank am 08. Dezember 2003 sämtliche laufenden Überweisungsaufträge der GmbH und damit auch die Überweisung an die Finanzkasse. Hiervon erfuhr der Ast. am darauf folgenden Tag (09. Dezember 2003) durch einen Anruf der Volksbank, deren Mitarbeiter ... ihm mitteilte, dass der vorläufige Insolvenzverwalter jegliche Überweisungen untersagt habe. Auf Rücksprache des Ast. am 10. Dezember 2003 erklärte ein Mitarbeiter des vorläufigen Insolvenzverwalters unter Vorlage des am selben Tag ergangenen Beschlusses des Insolvenzgerichtes dem Ast., dass es sich bei der Gutachterbestellung um ein Versehen des Insolvenzgerichtes gehandelt habe. Eigentlich habe der Gutachter von Anfang an mit den Befugnissen eines vorläufigen Insolvenzverwalters ausgestattet werden sollen.

Mit Schreiben vom 13. Januar 2004 teilte der vorläufige Insolvenzverwalter dem Ast. auf eine schriftliche Anfrage vom 08. Januar 2004 mit, dass eine Zahlung der ausstehenden LSt-Verbindlichkeiten durch die o.g. Schuldnerin (GmbH) unter Zustimmung des Unterzeichners nicht erfolgen kann.ö.

Im Februar 2004 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der GmbH eröffnet.

Der Antragsgegner (Ag.) teilte mit Schreiben vom 16. Dezember 2003 dem Ast. mit, dass er beabsichtige, gegen ihn einen Haftungsbescheid hinsichtlich der gegenüber der GmbH bestehenden LSt-Ansprüche zu erlassen und gab dem Ast. Gelegenheit zur Stellungnahme. Im Rahmen des Anhörungsverfahrens vertrat der Ast. die Auffassung, dass er nicht grob fahrlässig gehandelt habe. Aufgrund des Eingreifens des - späteren - vorläufigen Insolvenzverwalters habe die Bank seit dem 08. Dezember 2003 keine Überweisungen mehr ausgeführt, so dass die GmbH ab diesem Zeitpunkt zahlungsunfähig gewesen sei. Auf dieses Ereignis habe er keinen Einfluss gehabt. Allein der vorläufige Insolvenzverwalter habe auf seinem Anderkonto möglicherweise über liquide Mittel verfügt. Über dieses Konto habe er jedoch weder genaue Kenntnisse, noch Verfügungsmacht.

Mit Haftungsbescheid vom 26....

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