Entscheidungsstichwort (Thema)

Umsatzsteuer als Insolvenzforderung bei Erfüllungsablehnung

 

Leitsatz (amtlich)

Lehnt der Insolvenzverwalter nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gemäß § 103 InsO die Erfüllung eines gegenseitigen, noch nicht vollständig erfüllten Werkvertrages ab, so beschränkt sich der Leistungsaustausch auf die bis zur Insolvenzeröffnung erbrachten Arbeiten. Die hierauf entfallende Umsatzsteuer gehört auch dann zu den Insolvenzforderungen i.S.d. § 38 InsO, wenn der Insolvenzverwalter für die Fortsetzung der Arbeiten mit dem Auftraggeber einen neuen Vertrag abschließt.

 

Normenkette

UStG § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a S. 1; InsO §§ 38, 103

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob Umsatzsteuer aus Abschlagsrechnungen für Bauleistungen während der vorläufigen Insolvenzverwaltung als Masseverbindlichkeit oder als Insolvenzforderung geltend zu machen ist.

Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der ...-Hoch- und Tiefbau GmbH & Co KG (X-KG), einer Baufirma für Hoch- und Tiefbauarbeiten. Die X-KG berechnete die Umsatzsteuer im Streitjahr nach vereinbarten Umsätzen. Die von der X-KG durchgeführten Bauvorhaben wurden nach Anordnung der vorläufigen Insolvenzverwaltung durch Beschluss des Amtsgerichts vom 27. Januar 2004 mit Zustimmung des Klägers als vorläufigem Insolvenzverwalter fortgeführt. Während der vorläufigen Insolvenzverwaltung waren Verfügungen der X-KG über Vermögensgegenstände nur mit Zustimmung des Klägers wirksam. Die bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens erbrachten Arbeiten rechnete die X-KG gegenüber den Auftraggebern u.a. mit folgenden Rechnungen ab:

Rechnung

Datum

Empfänger

Bruttobetrag

Eingang

4. Abschlag

5.3.2004

A

18.000,00 EUR

5.4.2004

3. Abschlag

16.3.2004

B

7.397,62 EUR

7.4.2004

1. Abschlag

16.3.2004

C

16.651,25 EUR

6.4.2004

3. Abschlag

16.3.2004

D

8.650,91 EUR

5.4.2004

2. Abschlag

25.3.2004

B

12.622,30 EUR

29.4.2004

5. Abschlag

20.4.2004

A

14.400,00 EUR

12.5.2004

Das Insolvenzverfahren wurde durch Beschluss des Amtsgerichts am 1. April 2004 eröffnet. Mit Schreiben vom 7. April 2004 teilte der Kläger den Auftraggebern Folgendes mit: "Als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Firma X Hoch- und Tiefbau GmbH & Co. KG trete ich in den zwischen der Schuldnerin und Ihnen bestehenden Vertrag gem. § 103 InsO nicht ein. Aus diesem Grund sind die Bauverträge nunmehr auf die 100 %ige Tochtergesellschaft der Schuldnerin, die Firma Y Bau GmbH (Y-GmbH) übertragen. Die Y-GmbH wird diese Aufträge zu den zwischen Ihnen und der Schuldnerin vereinbarten Konditionen fortführen. Sie werden zwischenzeitlich auch bei der Überprüfung der einzelnen Baustellen festgestellt haben, dass die Bauvorhaben nahtlos weiter bearbeitet werden."

Nachdem die Übertragung der Bauverträge auf die Y-GmbH an der fehlenden Zustimmung der Mitarbeiter der X-KG und an der Ablehnung der Auftraggeber gescheitert war, wurden die Bauvorhaben vom Kläger mit den Mitarbeitern der X-KG bis zur Einstellung des Geschäftsbetriebs der X-KG fortgeführt, ohne dass hierzu gesonderte schriftliche Vereinbarungen mit den Auftraggebern getroffen wurden.

In der Umsatzsteuer-Voranmeldung für April 2004 vom 14. Mai 2004 erklärte der Kläger steuerpflichtige Umsätze zum Regelsteuersatz in Höhe von 39.060 EUR. Im Anschluss an eine bei der X-KG durchgeführte Umsatzsteuer-Sonderprüfung für die Umsatzsteuer-Voranmeldungszeiträume 12/2003 bis 5/2004 vertrat der Beklagte die Auffassung, dass die Umsätze aus den während der vorläufigen Insolvenzverwaltung erbrachten Arbeiten erst in den Voranmeldungszeiträumen 4/2004 in Höhe von 54.587,46 EUR und 5/2004 in Höhe von 12.413,80 EUR zu erfassen seien, da die hierfür in Rechnung gestellten Abschlagszahlungen erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vereinnahmt worden seien (vgl. Prüfungsbericht vom 30. September 2004). Mit Änderungsbescheid vom 31. Januar 2005 setzte der Beklagte die Umsatzsteuer-Vorauszahlung für April 2004 in Höhe von -1.411,63 EUR fest; der Festsetzung lag eine Erhöhung der steuerpflichtigen Umsätze zum Regelsteuersatz um 77.037,46 EUR zugrunde, von denen ein Betrag von 54.587,46 EUR auf die in diesem Voranmeldungszeitraum vereinnahmten Umsätze aus den während der vorläufigen Insolvenzverwaltung erbrachten Arbeiten entfiel.

Gegen die Festsetzung der Umsatzsteuer-Vorauszahlung für April 2004 legte der Kläger am 11. Februar 2005 Einspruch ein. Die streitige Umsatzsteuer sei als Insolvenzforderung anzusehen. Zwischen den von der X-KG bis zum 31. März 2004 erbrachten Leistungen sowie den nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vom Kläger erbrachten Leistungen sei eine vollständige Trennung erfolgt, da der Kläger nicht in die ursprünglichen Werkverträge eingetreten sei und die während der vorläufigen Insolvenzverwaltung erbrachten Leistungen bei sämtlichen Bauvorhaben zum 31. März 2004 abgerechnet worden seien. Auf die Vereinnahmung von Abschlagszahlungen nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens komme es somit nicht an. Der Umstand, dass der Kläger nach der Erfül...

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