Leitsatz

Der erkennende Senat bleibt bei seiner ständigen Rechtsprechung, dass die den Kapitalanlegern von der Ambros S.A. gutgeschriebenen und von den Anlegern wieder angelegten (Schein-)Renditen für Zeiträume bis 30.9.1990 zu Kapitaleinkünften i.S.v. § 20 Abs. 1 Nr. 4, erste Alternative EStG führten (Fortführung der BFH-Urteile vom 22.7.1997, VIII R 57/95, BStBl II 1997, 755, und VIII R 12/96, BStBl II 1997, 761).

 

Normenkette

§ 8 Abs.1 EStG , § 11 Abs. 1 EStG , § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG

 

Sachverhalt

Der Steuerpflichtige hatte – neben vielen anderen Anlegern – der Ambros S.A. gegen Erfolgsbeteiligung (70 %) Kapitalbeträge zur Verfügung gestellt, die die Ambros gebündelt zu spekulativen Termingeschäften einsetzen sollte.

Die Ambros erwirtschaftete anfangs Gewinne, später aber ständig Verluste. Dennoch wies sie gegenüber den Anlegern stets Gewinne aus, die – ebenso wie die angelegten Kapitalbeträge – auf Anforderung (Kündigung) bis zum 30.9.1990 prompt an die Anleger ausgezahlt wurden.

Die Auszahlungen wurden zunehmend im "Schneeballsystem" aus den Kapitaleinlagen neu hinzugetretener Anleger bestritten. Im Januar 1991 brach das "Schneeballsystem" zusammen. Der Steuerpflichtige erhielt auf seine Kapitaleinlagen in den Streitjahren 1989 und 1990 "Renditen" gutgeschrieben, die er zwecks Erhöhung seines Einlagekapitals "stehen ließ". Durch den Zusammenbruch der Ambros im Januar 1991 verlor der Steuerpflichtige sein gesamtes Einlagekapital einschließlich der gutgeschriebenen und wieder angelegten "Renditen".

Das FA erfasste die vom 1.1.1989 bis 30.9.1990 gutgeschriebenen "Renditen" als Einnahmen aus Kapitalvermögen. Das FG gab der Klage statt. Der BFH hob die Vorentscheidung auf und wies die Klage ab.

 

Entscheidung

Der BFH führte aus, dass er an seiner früheren Rechtsprechung festhalte. Das FA habe daher die streitigen "Renditen" zu Recht als Einnahmen aus Kapitalvermögen besteuert. Die gegen die frühere BFH-Rechtsprechung erhobenen Einwände seien nicht begründet.

Dies gelte insbesondere für den vom Steuerpflichtigen und der Vorinstanz erhobenen Haupteinwand, dass die Buchführung und die Aufzeichnungen der Ambros im Hinblick auf deren vorsätzlich herbeigeführte sachliche Unrichtigkeit der Besteuerung nicht zugrunde gelegt werden könnten und die Besteuerungsgrundlagen folglich nach § 162 AO (mit 0 DM) zu schätzen seien. Hierbei werde übersehen, dass die verschiedenen Besteuerungsebenen – d.h. diejenige der Ambros und die der Anleger als typisch stille Gesellschafter – streng auseinandergehalten werden müssten.

Die von der Ambros erzielten Ergebnisse wären nur dann den Anlegern unmittelbar – entsprechend ihren Beteiligungsquoten – zuzurechnen, wenn entweder die Ambros bei der Einkünfteerzielung als Treuhänderin der Anleger fungiert hätte oder aber die Anleger am Unternehmen der Ambros mitunternehmerisch beteiligt gewesen wären. Beides habe der Senat aber bereits in seinen früheren Urteilen ausdrücklich verneint.

 

Hinweis

1. Im Besprechungsurteil befasst sich der BFH erneut mit der Besteuerung von Scheinrenditen, die die Ambros S.A. in der Zeit von 1986 bis zum 30.9.1990 ihren Anlegern gutgeschrieben hatte. Er hat dabei seine frühere Rechtsprechung bestätigt und die dagegen erhobenen Einwendungen zurückgewiesen.

2. Bisher noch nicht entschieden ist die Frage, ob und inwieweit die Ambros-Anleger die von ihnen erlittenen Verluste als Werbungskosten bei ihren Einkünften aus Kapitalvermögen i.S.v. § 20 Abs. 1 Nr. 4, erste Alternative EStG (Beteiligung als typisch stille Gesellschafter) im Jahr des Zusammenbruchs der Ambros – 1991 – geltend machen können.

Trotz der Vielzahl der geschädigten Anleger (ca. 90 000) ist es allerdings zweifelhaft, ob sich der BFH jemals mit dieser Frage befassen muss, weil die Festsetzungsfristen für die Einkommensteuer 1991 in aller Regel abgelaufen sein dürften und auch die Änderungsnormen des § 174 Abs. 1 und 3 AO nach Lage der Fälle keine verfahrensrechtliche Handhabe zur Korrektur der bestandskräftigen Einkommensteuerfestsetzungen 1991 bieten.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 10.7.2001, VIII R 35/00

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