Änderung des hessischen Ortsgerichtsgesetzes zum 1.1.2024

[Ohne Titel]

Dipl.-Finw. (FH) Robert Marquardt / Dipl.-Ing. (FH) Reinhard Miethe[*]

§ 18 des hessischen Ortsgerichtsgesetzes (OGerG HE) wurde geändert (GVBl. HE 2023, 473 [475]). Ab dem 1.1.2024 gelten Schätzungen der Ortsgerichte "als Gutachten von Personen, die von einer staatlichen Stelle als Gutachter für die Wertermittlung von Grundstücken bestellt worden sind". Dieser Beitrag erläutert den Hintergrund der Gesetzesänderung und untersucht, ob sie Auswirkungen auf den Verkehrswertnachweis nach § 198 Abs. 2 BewG hat.

[*] Robert Marquardt ist in der OFD NRW im Bereich der Grundbesitzbewertung tätig. Reinhard Miethe ist als Bausachverständiger u.a. in der OFD NRW tätig. Die Autoren haben den Beitrag nicht in dienstlicher Eigenschaft verfasst.

I. Einleitung

§ 18 des hessischen Ortsgerichtsgesetzes (OGerG HE) wurde geändert (GVBl. HE 2023, 473 [475]). Ab dem 1.1.2024 gelten Schätzungen der Ortsgerichte

"als Gutachten von Personen, die von einer staatlichen Stelle als Gutachter für die Wertermittlung von Grundstücken bestellt worden sind".

Dieser Beitrag erläutert den Hintergrund der Gesetzesänderung und untersucht, ob sie Auswirkungen auf den Verkehrswertnachweis nach § 198 Abs. 2 BewG hat.

II. Das hessische Ortsgerichtswesen

Ortsgerichte gibt es nur in Hessen. Das Ortsgerichtswesen ist im Ortsgerichtsgesetz geregelt (i.d.F. v. 2.4.1980, zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes v. 28.6.2023 [GVBl. HE v. 2023, 473, 475]).

Ortsgerichte werden für eine Gemeinde errichtet. In Gemeinden mit mehreren Ortsteilen können mehrere Ortsgerichte errichtet werden (§ 1 Abs. 1 OGerG HE).

Ortsgerichte sind nach § 2 OGerG HE Hilfsbehörden der Justiz. Ihnen obliegen die durch das OGerG HE näher bezeichneten Aufgaben auf dem Gebiet der freiwilligen Gerichtsbarkeit (z.B. die Beglaubigung von Unterschriften und Abschriften, § 13) und das Schätzungswesen. Ein Ortsgericht schätzt auf Antrag bspw. den Wert eines Grundstücks. Vorausgesetzt, das Grundstück liegt in seinem Bezirk (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 OGerG HE).

Ein Ortsgericht setzt sich grundsätzlich aus einem Ortsgerichtsvorsteher und vier Ortsgerichtsschöffen (Ortsgerichtsmitgliedern) zusammen (§ 4 Abs. 1 Satz 1 OGerG HE). Ortsgerichtsmitglieder sind Ehrenbeamte (§ 6 OGerG HE). Ortsgerichtsmitglieder werden auf Vorschlag der Gemeinde vom Präsidenten oder Direktor des AG (grundsätzlich) für die Dauer von zehn Jahren ernannt (§ 7 Abs. 1 Satz 1 OGerG HE).

Als Ortsgerichtsmitglied darf nur ernannt werden, wer allgemeines Vertrauen genießt sowie lebenserfahren und unbescholten ist (§ 8 Abs. 1 Satz 1 OGerG HE). Ortsberichtsgerichtsmitglieder sollen mit der Schätzung von Grundstücken vertraut sein (§ 8 Abs. 1 Satz 2 OGerG HE).

III. Änderung des Ortsgerichtsgesetzes

Die Änderung des OGerG HE geht auf einen Änderungsantrag der hessischen Landtagsfraktionen der CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD v. 13.6.2023 zurück (HE LT-Drucks. 20/11177).

Es wurde beantragt dem § 18 OGerG HE einen Abs. 4 mit dem Wortlaut

"Schätzungen nach Abs. 1 gelten als Gutachten von Personen, die von einer staatlichen Stelle als Gutachter für die Wertermittlung von Grundstücken bestellt worden sind."

anzufügen. Laut dem Änderungsantrag handelt es sich um eine gesetzliche Klarstellung. § 198 BewG sei durch das GrStRefUG (BGBl. I 2021, 2931) dergestalt ergänzt worden, dass als Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts ein Gutachten

  • des zuständigen Gutachterausschusses i.S.d.r §§ 192 ff. BauGB oder
  • von Personen, die von einer staatlichen oder staatlich anerkannten Stelle als Sachverständige oder Gutachter für die Wertermittlung von Grundstücken bestellt worden sind oder
  • von Personen, die von einer nach DIN EN ISO/IEC 17024 akkreditierten Stelle als Sachverständige oder Gutachter für die Wertermittlung von Grundstücken zertifiziert worden sind,

dienen kann. In § 18 OGerG HE solle klarstellend geregelt werden, dass Grundstücksschätzungen der Ortsgerichte als Gutachten von Personen, die von einer staatlichen Stelle als Gutachter für die Wertermittlung von Grundstücken bestellt worden sind, gelten.

Der hessische Justizminister führte in seiner Rede vor dem Hessischen Landtag am 28.6.2023 aus (HE LT-Prot. 20/137, 11336):

"Es hat hier eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs gegeben, der [sic!] eine Anpassung von § 198 des Bewertungsgesetzes auf Bundesebene erforderlich gemacht hat (Anm. d. Verf.: gemeint ist BFH v. 5.12.2019 – II R 9/18, BStBl. II 2021, 135 = ErbStB 2020, 209 [Marfels]). Dabei ist das hessische Ortsgerichtswesen nicht hinreichend bedacht worden [...]. Das holen wir jetzt nach, indem wir eine landesrechtliche Regelung schaffen, die klarstellt, dass die Ortsgerichte auch weiterhin diese Schätzgutachten durchführen."

Die Änderung des OGerG HE wurde letztlich einstimmig beschlossen (HE LT-Prot. 20/137, 11337) und am 11.7.2023 im GVBl. für das Land Hessen verkündet (GVBl. HE 2023, 473 [475]). Sie tritt gem. Art. 5 des Gesetzes v. 28.6.2023 am 1.1.2024 in Kraft.

Durch die Gesetzesänderung sollen Grundstückswertschätzungen der Ortsgerichte (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 OGerG HE) i.R.d. Verkehrs...

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