Leitsatz

Eine Firma beauftragte einen bundesweit tätigen Paket-Schnell-Lieferdienst mit einer Warensendung. Der Vereinbarung lagen die Allgemeinen Deutschen Speditionsbedingungen (ADSp i. d. F. v. 1. 3. 1989) zugrunde. Die Sendung ging bei der Spedition verloren, so dass der Firma ein Schaden in Höhe von 14 445,30 DM entstand. Die Spedition regulierte vereinbarungsgemäß einen Teil des Schadens in Höhe von 2000 DM. Den Differenzbetrag übernahm die Transportversicherung. Diese machte darauf den Versicherungsbetrag gegen die Spedition geltend und berief sich auf grobes Organisationsverschulden, d. h., grobe Fahrlässigkeit der Spedition, da in diesem Fall nach den ADSp (§ 51 lit. b Satz 2 AdSp a. F., entspricht Ziff. 27, Ziff. 1 u. 2 der ADSp n. F. v. 1. 7. 1998) eine Haftungsbegrenzung nicht in Frage käme.

Die Spedition bestritt zum einen den Vorwurf grober Fahrlässigkeit und machte aber insbesondere auch geltend, dass der Firma die angeblich grob mangelhafte Organisation seit Beginn der Zusammenarbeit bestens bekannt gewesen sei, die Firma jedoch die Geschäftsbeziehungen dennoch aufrechterhalten habe. Es verstieße daher gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB), wenn der Versicherer (aus abgetretenem Recht) jetzt den Vorwurf groben Organisationsverschuldens erhebe.

Der BGH wies diese Rechtsauffassung, die zunächst auch von den Vorinstanzen vertreten wurde, weitgehend zurück. Auch ein Verstoß gegen Treu und Glauben hätte nicht zur Folge gehabt, dass ein Schadensersatzanspruch wegen Rechtsmissbrauch nicht durchsetzbar wäre. Allerdings sieht das Gesetz (§ 254 BGB) vor, dass ein Schadensersatzanspruch dann gemindert sein kann, wenn dem Geschädigten an dem Schaden ein mitwirkendes Verschulden trifft. Dieser Fall kann dann vorliegen, wenn der Auftraggeber eine Spedition mit der Durchführung von Transporten beauftragt, obwohl er weiß oder zumindest hätte wissen müssen, dass es bei dieser immer wieder zu Verlusten kommt. Allein die verhältnismäßig geringe Verlustquote von durchschnittlich ca. 0,29 %, bezogen auf einen Zeitraum von 3 Jahren, lässt jedoch nach Auffassung des Gerichts noch nicht den Schluss zu, dass die eingetretenen Verluste auf groben Organisationsmängeln beruhten. Zwecks weiterer Sachaufklärung wurde der Rechtsstreit zurückverwiesen (→ Schadenersatz ).

 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil vom 29.04.1999, I ZR 70/97

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