0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Die Vorschrift ist als § 64 durch Art. 1 des AFRG v. 24.3.1997 zum 1.1.1999 in das SGB III aufgenommen worden. Abs. 1 Satz 3 ist durch Art. 1 des Gesetzes zur Änderung des SGB III und anderer Gesetze v. 22.12.2005 (BGBl. I S. 3676) zum 1.1.2006 eingefügt worden. Mit der Änderung ist klargestellt, dass eine Förderung allein für die Dauer des Blockunterrichts nicht in Betracht kommt. Durch Art. 1 des Gesetzes zur Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente v. 21.12.2008 (BGBl. I S. 2917) ist § 64 in Abs. 2 ergänzt worden. Als zusätzliches Förderkriterium ist dann erforderlich, dass der Auszubildende die Vollzeitschulpflicht nach den Gesetzen der Bundesländer erfüllt hat. Der Inhalt der Vorschrift ist mit Art. 2 Nr. 18 des Gesetzes zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt v. 20.12.2011 (BGBl. I S. 2854) mit Wirkung zum 1.4.2012 von § 64 in § 60 übertragen worden. Die Vorschrift entspricht im Wesentlichen dem bisherigen § 64. Zuletzt ist die Vorschrift mit Art. 1 Nr. 12 des Gesetzes zur Förderung der Ausbildung und Beschäftigung von Ausländerinnen und Ausländern – Ausländerbeschäftigungsförderungsgesetz v. 8.7.2019 (BGBl. I S. 1029) mit Wirkung zum 1.8.2019 geändert worden. Dabei ist die Überschrift der Vorschrift neu gefasst, Abs. 1 redaktionell geändert und der Abs. 3 hinzugefügt worden.
1 Allgemeines
Rz. 2
Die Vorschrift regelt die persönlichen Anspruchsvoraussetzungen. Sie bezieht sich in Abs. 1 ausschließlich auf Auszubildende, die außerhalb der Wohnung ihrer Eltern leben und die Ausbildungsstätte von der Wohnung der Eltern in angemessener Zeit nicht erreichen können. Die letztgenannte Anspruchsvoraussetzung gilt nach Abs. 2 Nr. 1 bis 4 nicht für die dort beschriebenen Personengruppen. Bei diesen genügt allein das Wohnen außerhalb der elterlichen Wohnung (Schmidt, in: BeckOK, SGB III, § 60 Rz. 4). Eine Ausnahme hiervon macht § 116 Abs. 3 für behinderte Auszubildende. Danach besteht der Anspruch auf Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) auch dann, wenn der behinderte Mensch während der Berufsausbildung im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils wohnt. In diesen Fällen beträgt der allgemeine Bedarf bislang 338,00 EUR monatlich. Er beträgt bislang 425,00 EUR, wenn der behinderte Mensch verheiratet ist, eine Lebenspartnerschaft führt oder das 21. Lebensjahr vollendet hat. Mit dem Gesetz zur Anpassung der Berufsausbildungsbeihilfe und des Ausbildungsgeldes v. 8.7.2019 (BGBl. I S. 1025) ist § 116 mit Wirkung zum 1.8.2019 geändert worden und eine Angleichung an die BAfög-Bedarfssätze vorgenommen worden. Nach dem neuen § 116 Abs. 3 Satz 2 wird der jeweils geltende Bedarf nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 BAföG zugrunde gelegt, dies sind ab dem 1.8.2019 391,00 EUR und ab dem 1.8.2020 398,00 EUR.
Rz. 3
Anspruch auf BAB haben Lehrlinge nach Abs. 1 Nr. 1 generell nur dann, wenn sie außerhalb des elterlichen Haushaltes untergebracht sind. Die seit 1.1.1989 geltende Einschränkung, die Förderung auf diejenigen zu konzentrieren, die aufgrund der erhöhten Kosten besonderer Unterstützung bedürfen, gilt nicht für Maßnahmen der Rehabilitation. Diese Beschränkung der Förderung auf außerhalb der elterlichen Wohnung wohnende Auszubildende wird zum Teil verfassungsrechtlich als bedenklich bewertet (vgl. Wagner, in: Mutschler/Schmidt-De Caluwe/Coseriu, SGB III, § 60 Rz. 15 ff.; Brecht-Heitzmann, in: Gagel, SGB III, § 60 Rz. 13; Schmidt, in: BeckOK, SGB III, § 60 Rz. 2; Hassel, in: Brand, SGB III, § 60 Rz. 4). Diese mit Art. 3 und 12 GG begründeten verfassungsrechtlichen Bedenken hat das BSG nicht für gegeben erachtet (BSG, Urteil v. 28.11.2007, B 11a AL 39/06; BSG, Urteil v. 3.12.2009, B 11 AL 38/08 R).
Rz. 4
Die Vorschrift knüpft die Gewährung von BAB daran, dass der Auszubildende nicht bei seinen Eltern unterbracht ist. Dagegen erhalten Auszubildende, die noch bei ihren Eltern untergebracht sind, grundsätzlich keine Leistungen.
2 Rechtspraxis
2.1 Förderung nach Abs. 1
Rz. 5
Die Fördervoraussetzungen von Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 müssen kumulativ vorliegen. Nach Abs. 1 Nr. 1 wird der Auszubildende bei einer beruflichen Ausbildung nur gefördert, wenn er außerhalb des Haushaltes der Eltern oder eines Elternteils wohnt. Eltern sind die natürlichen Eltern oder Adoptiveltern, aber nicht Stief- oder Pflegeeltern, da das Gesetz vorrangig an die rechtliche Unterhaltspflicht anknüpft (Hassel, in: Brand, SGB III, § 60 Rz. 5; Wagner, in: Mutschler/Schmidt-De Caluwe/Coseriu, SGB III, § 60 Rz. 6; Brecht-Heitzmann, in: Gagel, SGB III, § 60 Rz. 16; Schön, in: Böttiger/Körtek/Schaumberg, SGB III, § 60 Rz. 3; a. A. Petzold, in: Hauck/Noftz, SGB III, § 60 Rz. 42).
Rz. 6
Bei nichtehelichen Kindern, dauernd getrennt lebenden oder geschiedenen Eltern ist umstritten, ob stets von der Wohnung des Elternteils auszugehen ist, dem das Sorgerecht zusteht. Nach wohl richtiger Ansicht kommt es nicht darauf an, ob der Auszubildende gerade bei dem Elternteil wohnt, dem das Sorgerecht zusteht (Brecht-Heitzmann, in: Gagel, SGB III, § 60 Rz. 16). Eine solche Einschränkung ist Abs. 1 Nr. 1 nicht zu entn...