2.1 Berufung

 

Rz. 6

Die Mitglieder der Selbstverwaltung der Bundesagentur für Arbeit werden nicht gewählt (vgl. die Sozialwahlen bei den anderen Sozialversicherungsträgern), sondern berufen. Die Berufung erfolgt für eine Amtsdauer von 6 Jahren, sofern nicht ein Mitglied lediglich für den Rest einer Amtsperiode (als Nachfolger) berufen wird. Das Gesetz schreibt keine bestimmte Form der Berufung vor. Die Berufung wird i. d. R. durch Berufungsschreiben vorgenommen und muss angenommen werden. Auch hierfür schreibt das Gesetz keine bestimmte Form vor. Verweigert das berufene Mitglied der Selbstverwaltung die Annahme der Berufung nicht ausdrücklich, kann die berufende Stelle von einer Annahme ausgehen. Hinter den fehlenden Formvorschriften steht die Annahme des Gesetzgebers, dass die vorschlagsberechtigten Stellen i. d. R. keinen Vorschlag ohne eine entsprechende vorherige Rücksprache mit dem zu berufenden Mitglied unterbreiten werden. Das entspricht jedenfalls einem bei Interessenvertretungen typischen Verfahrensablauf. Das schließt Ereignisse zwischen der vorherigen Rücksprache und dem eigentlichen Akt der Berufung nicht aus, die es dem zu berufenden Mitglied der Selbstverwaltung subjektiv oder objektiv unmöglich machen, die Berufung anzunehmen. Daher ist dieser letzte Schritt der Annahme einer Berufung eine notwendige Konsequenz des Berufungsverfahrens insgesamt, auch im Gegensatz zur Wahl.

 

Rz. 7

Vom Rechtscharakter her ist jede Berufung gleichwohl ein Verwaltungsakt. Dieser kann insbesondere von der vorschlagsberechtigten Stelle angegriffen werden, z. B. weil Frauen und Männer nicht gleichmäßig berücksichtigt wurden oder Minderheiten keine billige Berücksichtigung gefunden haben.

 

Rz. 8

Das Berufungsverfahren beruht auf dem Anstaltscharakter der Bundesagentur für Arbeit im Bereich der Beratung und Vermittlung. Diese stehen jedermann offen, wodurch ein unbestimmter Kreis von Nutzern einer für eine Körperschaft des öffentlichen Rechts in der Sozialversicherung typischen fest umrissenen Mitgliederschaft entgegensteht. Im Berufungsverfahren für stellvertretende Mitglieder kann die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern aufgrund der Berufungsregelungen durch die berufende Stelle nicht gewährleistet werden.

2.2 Berufungsstellen und Berufungskriterien

 

Rz. 9

Berufungsstellen sind das BMAS für die Mitglieder des Verwaltungsrats, im Übrigen der Verwaltungsrat der Bundesagentur für Arbeit. Die berufenden Stellen werden auf der Grundlage von Vorschlagslisten tätig, die die vorschlagsberechtigten Stellen bei ihnen einzureichen haben. Die Berufung der Mitglieder des Verwaltungsausschusses durch den Verwaltungsrat in einem Umfang von weit über 150 Verwaltungsausschüssen stellt für den Verwaltungsrat ein bürokratisches und unpersönliches Monster dar, das aus der fehlenden Selbstverwaltung auf der mittleren Ebene der Regionaldirektionen der Bundesagentur für Arbeit folgt.

 

Rz. 10

Die berufenden Stellen haben die Vorschlagsberechtigung der vorschlagenden Stelle (§ 379 Abs. 1 bis 3) und die Berufungsfähigkeit der vorgeschlagenen Mitglieder zu prüfen. Dabei ist davon auszugehen, dass schon die vorschlagende Stelle die Berufungsfähigkeit geprüft hat und insoweit ein entsprechender Beleg der vorschlagenden Stelle genügt, aber vorhanden sein muss.

 

Rz. 11

Liegen die Voraussetzungen nicht vor, z. B. weil die für die Arbeitnehmer oder Arbeitgeber vorschlagende Stelle keine wesentliche Bedeutung für die Interessenvertretung hat, weist die berufende Stelle den Vorschlag mit Verwaltungsakt zurück. Die Aktualität dieser Prüfung wird durch die Rechtsprechung z. B. zur Tariffähigkeit von Gewerkschaften zur Jahreswende 2010/2011 bestätigt.

 

Rz. 12

Die berufenden Stellen haben beide Geschlechter mit dem Ziel gleichberechtigter Teilhabe zu berücksichtigen (Abs. 2 Satz 2). Diese dem BGremBG entnommene Regelung korrespondierte früher mit § 379 Abs. 4. Danach waren für jeden Sitz in der Selbstverwaltung grundsätzlich ein Mann und eine Frau vorzuschlagen, soweit keine gesetzliche Ausnahme maßgebend war (vgl. die Komm. zu § 379). Hieraus folgte, dass die berufende Stelle die Vorschlagsliste daraufhin überprüfen musste, ob die Regelungen des BGremBG und des § 379 Abs. 4 a. F. eingehalten sind. § 379 Abs. 4 a. F. wurde durch das Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst v. 24.4.2015 (BGBl. I S. 642) mit Wirkung zum 1.5.2015 aufgehoben. Durch dieses Gesetz wurden Regelungen normiert, die den Anteil von Frauen an Führungspositionen u. a. in Gremien im Einflussbereich des Bundes signifikant erhöhen und damit das verfassungsrechtlich verankerte Grundrecht auf gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern auch für den Bereich der Führungspositionen erfüllen, indem eine Geschlechterquote von mindestens 30 % für Aufsichtsräte vorgegeben wird, eine Verpflichtung zur Festlegung von Zielgrößen für Aufsichtsräte, Vorstände und oberste Management-Ebenen eingeführt und schließlich als dritte Säule auch die gesetzlichen Re...

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