2.9.1 Verfahren bei Eintritt von Arbeitslosigkeit

 

Rz. 736

Nach einer Arbeitslosmeldung und Antragstellung auf Alg kommen im Zusammenhang mit unterschiedlichen Sperrzeitsachverhalten zur Arbeitsaufgabe verschiedene Möglichkeiten in Betracht, nach denen die Agentur für Arbeit nach einer Arbeitsaufgabe vorgehen kann. Steht die Arbeitsaufgabe fest, ohne dass dem Arbeitslosen ein wichtiger Grund für sein versicherungswidriges Verhalten zur Seite steht, stellt die Agentur für Arbeit die kraft Gesetzes eingetretene Sperrzeit mittels Sperrzeitbescheid fest und bewilligt bei Vorliegen der Anspruchs- und Zahlungsvoraussetzungen Alg für die Dauer des erworbenen Alg-Anspruches ab dem ersten Tag nach Ablauf der Sperrzeit. Insoweit wird der Antrag auf Alg für den Zeitraum des Ablaufs der Sperrzeit, während der die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind, abgelehnt. Die Entscheidung über den Eintritt einer Sperrzeit, das Vorliegen eines Ruhenszeitraums, die Ablehnung von Alg in Korrespondenz mit einer Bewilligungsentscheidung über Alg, stellen durch die Bescheide eine einheitliche rechtliche Regelung dar (BSG, Urteil v. 9.2.2006, B7a/7 AL 48/04, unter Hinweis auf BSG, Urteile v. 29.6.1995, B 11 RAr 87/94, v. 16.9.1999, B 7 AL 32/98 R, und v. 21.10.2003, B 7 AL 92/02 R). Der Bescheid über das Ruhen des Alg enthalte einen eigenen Verfügungssatz über die Feststellung des Ruhens (unter Hinweis auf BSG, Urteile v. 3.6.2004, B 11 AL 71/03 R, und v. 15.12.2005, B 7a AL 46/05 R). Entsprechendes gilt, wenn Alg erneut beantragt wurde, nachdem eine berufliche Eingliederungsmaßnahme ohne wichtigen Grund abgebrochen worden war.

 

Rz. 737

Hat die Agentur für Arbeit vorbehaltlos Alg bewilligt und stellt sie danach fest, dass eine Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe eingetreten ist, ist zu prüfen, ob die bewilligende Entscheidung nach § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X zurückgenommen werden kann. Dabei ist § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X zu beachten. Danach ist eine Rücknahme der Alg-Bewilligung nur innerhalb eines Jahres seit der Kenntnis von der eingetretenen Sperrzeit möglich. Ein Sperrzeitbescheid, mit dem die Bewilligung von Alg bei solchen Sachverhalten nicht zurückgenommen wird, kann nicht in einen Rücknahmebescheid umgedeutet werden (vgl. BSG, Urteil v. 15.6.2000, B 7 AL 86/99 R, für den Fall des Entzuges des Alg aufgrund einer Sperrzeit wegen Arbeitsablehnung durch Umdeutung des Sperrzeitbescheides im Widerspruchsverfahren).

 

Rz. 737a

Hat die Agentur für Arbeit bei der Leistungsbewilligung übersehen, dass eine Sperrzeit eingetreten ist, so ist diese gleichwohl kraft Gesetzes eingetreten. Der Arbeitslose kann z. B. für die Dauer der Sperrzeit keine höhere als die tatsächlich schon bewilligte Leistung durchsetzen (vgl. BSG, Urteil v. 5.11.1998, B 11 AL 29/98 R). Dasselbe gilt, wenn die Leistung aus anderen Gründen abgelehnt worden ist, die sich im Nachhinein als nicht zutreffend erweisen.

2.9.2 Verfahren bei Ungewissheit über den Eintritt einer Sperrzeit

 

Rz. 738

Vergleichsweise häufig ist jedoch nach Sachverhaltslage noch ungewiss, ob eine Sperrzeit eingetreten ist, etwa weil der Auflösungssachverhalt noch ermittelt werden muss oder ein arbeitsvertragswidriges Verhalten streitig ist. Sofern die Agentur für Arbeit den Sachverhalt so bewertet, dass sie die Voraussetzungen für die Zahlung von Alg für mit hinreichender Wahrscheinlichkeit gegeben hält, und die Feststellung, ob eine Sperrzeit eingetreten ist, voraussichtlich längere Zeit in Anspruch nehmen wird, ohne dass der Arbeitslose dies zu vertreten hätte, kommt eine vorläufige Bewilligung nach § 328 Abs. 1 Nr. 3 in Betracht.

 

Rz. 739

Vorteil einer solchen Bewilligung ist die Befriedung des Arbeitslosen für den Zeitraum bis zur abschließenden Entscheidung, Vorteil für die Agentur für Arbeit ist die in der Vorschrift enthaltene Erstattungsverpflichtung für den Fall der späteren Feststellung des Eintritts einer Sperrzeit. Hält die Agentur für Arbeit eine vorläufige Bewilligung nicht für möglich, weil der Nichteintritt einer Sperrzeit nicht hinreichend wahrscheinlich ist, wird sie eine Teilentscheidung treffen und Alg erst für die Zeit nach Ablauf einer möglicherweise eingetretenen Sperrzeit bewilligen. Dem Arbeitslosen verbleiben Widerspruch sowie Anfechtungs- und Leistungsklage gegen die faktische Ablehnung von Alg für den hypothetischen Sperrzeitzeitraum. Die Agentur für Arbeit hat den Arbeitslosen gleichwohl darauf hinzuweisen, dass ihm ggf. Leistungen aus der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II zustehen können und ihm anzuraten, diese Leistungen beim Jobcenter zu beantragen. Aufgrund des § 31 Abs. 2 Nr. 3 i. V. m. § 31a SGB II werden allerdings auch Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nur vermindert oder gar nicht erbracht (gilt nicht während der Zeit des Sanktionsmoratoriums nach § 84 SGB II vom 1.7.2022 bis 31.12.2022). Hiergegen kann der Arbeitslose mit der Begründung vorgehen, dass die Agentur für Arbeit die dafür notwendigen Feststellungen gerade noch nicht getroffen hat.

2.9.3 Sonstiges

 

Rz. 739a

Nur für den Personenkreis Leistungsberechtigter nach dem SGB III oder SGB II-Leistungsberechtigte, für die di...

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