OFD Niedersachsen, 27.6.2011, S 2140 - 8 - St 244

Nach Aufhebung der Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen gem. § 3 Nr. 66 EStG durch das Gesetz zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform vom 29.10.1997 richtet sich die ertragsteuerliche Behandlung von Sanierungsgewinnen nach dem BMF-Schreiben vom 27.3.2003 (BStBl 2003 I S. 240) – nachfolgend: BMF-Schreiben. (Das FG München hat mit Urteil vom 12.12.2007 (Az. Revision: VIII R 2/08) zwar entschieden, dass dem BMF-Schreiben eine Rechtsgrundlage fehlt. Die Grundsätze des Urteils sind jedoch nicht anzuwenden.)

Fälle der Planinsolvenz (§§ 217 ff. InsO) fallen originär unter den Anwendungsbereich des BMF-Schreibens. Auf Gewinne aus einer Restschuldbefreiung (§§ 286 ff. InsO) und aus einer Verbraucherinsolvenz (§§ 304 ff. InsO) ist es entsprechend anzuwenden, vgl. BMF-Schreiben vom 22.12.2009 (BStBl 2010 I S. 18).

Gem. RdNr. 8 des BMF-Schreibens bedeutet die Erhebung der Steuer auf einen nach Ausschöpfen der ertragsteuerrechtlichen Verlustverrechnungsmöglichkeiten verbleibenden Sanierungsgewinn für den Steuerpflichtigen aus sachlichen Billigkeitsgründen eine erhebliche Härte.

Ein Sanierungsgewinn ist die Erhöhung des Betriebsvermögens, die dadurch entsteht, dass Schulden zum Zwecke der Sanierung ganz oder teilweise erlassen werden. Schulden werden insbesondere erlassen

Der Erlassvertrag kann enthalten sein in z.B.

Der Sanierungsgewinn entsteht grundsätzlich mit Vertragsabschluss. Ist die Sanierungsmaßnahme Bestandteil des gestaltenden Teils eines Insolvenzplans im Rahmen eines Planinsolvenzverfahrens, so entsteht der Sanierungsgewinn mit dem Zeitpunkt der Rechtskraft der Bestätigung des Insolvenzplans (§ 254 Abs. 1 Satz 1 InsO). Zur Feststellung des Zeitpunkts der Entstehung des Sanierungsgewinns und zur Prüfung, ob Nebenabreden (z.B. Besserungsschein) getroffen worden sind, hat der Steuerpflichtige die Vereinbarung über den Schulderlass vorzulegen.

Soweit es sich bei dem zu sanierenden Unternehmen um eine Personengesellschaft handelt, deren Gewinn einheitlich und gesondert festzustellen ist, erfolgt die Ermittlung des begünstigten Sanierungsgewinns durch das Betriebsfinanzamt (vgl. RdNr. 6 des BMF-Schreibens). Befindet sich der Ort der Geschäftsleitung (§ 10 AO) eines Einzelunternehmens außerhalb des Finanzamtsbezirks des Wohnsitzfinanzamtes, ist eine gesonderte Feststellung durchzuführen; in diesen Fällen ist ebenfalls das Betriebsfinanzamt für die Ermittlung des begünstigten Sanierungsgewinns zuständig.

Nach der Rechtsprechung des BFH zu § 3 Nr. 66 EStG, die auch zur Anwendung des BMF-Schreibens herangezogen werden kann, sind unter einer Sanierung geeignete Maßnahmen, insbesondere zur finanziellen Gesundung eines Not leidenden, sanierungsbedürftigen Unternehmens zu verstehen (z.B. BFH-Urteil vom 26.11.1980, BStBl 1981 II S. 181). Begünstigt ist nur die unternehmensbezogene Sanierung (RdNr. 1 und 2 des BMF-Schreibens; bestätigt durch BFH- Urteil vom 14.7.2010, BStBl 2010 II S. 916). Da gegen das vorgenannte Urteil Verfassungsbeschwerde eingelegt wurde (Az. BVerfG: 2 BvR 2583/10), ruhen hierauf gestützte Einsprüche gem. § 363 Abs. 2 Satz 2 AO kraft Gesetzes. Aussetzung der Vollziehung (§ 361 AO) ist wegen der im BMF-Schreiben zu RdNr. 1 und 2 enthaltenen eindeutigen Verwaltungsauffassung nicht zu gewähren. Lediglich in Fällen der Restschuldbefreiung und Verbraucherinsolvenz ist RdNr. 2 Satz 2 nicht anzuwenden (BMF-Schreiben vom 22.12.2009).

Voraussetzungen für die Annahme eines begünstigten Sanierungsgewinns sind die Sanierungsbedürftigkeit und Sanierungsfähigkeit des Unternehmens, die Sanierungseignung des Schulderlasses und die Sanierungsabsicht des Gläubigers, vgl. RdNr. 4 des BMF-Schreibens. Maßgebend ist dabei der Zeitpunkt des Schulderlasses (BFH-Urteil vom 27.1.1998, BStBl 1998 II S. 537). Liegt ein Sanierungs-/Insolvenzplan vor, kann davon ausgegangen werden, dass die Voraussetzungen erfüllt sind (RdNr. 4 Satz 2 des BMF-Schreibens). Ansonsten hat der Steuerpflichtige das Vorliegen dieser Voraussetzungen darzulegen.

Für die Frage, ob ein Unternehmen objektiv sanierungsbedürftig ist, sind

  • die Ertragslage,
  • die Höhe des Betriebsvermögens vor und nach der Sanierung,
  • die Kapitalverzinsung durch die Erträge des Unternehmens,
  • die Möglichkeiten zur Bezahlung von Steuern und sonstigen Schulden,
  • die Gesamtleistungsfähigkeit des Unternehmens und
  • mit Einschränkungen die Höhe des Privatvermögens

maßgeblich (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 27.1.1998, a.a.O.). Soweit Gläubiger Forderungen rückwirkend erlassen, ist für die Feststellung der Sanierungsbedürftigkeit grundsätzlich der Zeitpunkt des Schulderlasses, mithin der Zeitpunkt des Wegfalls der Verbindlichkeiten maßgeblich. Sanierungsbedürftigkeit is...

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