Entscheidungsstichwort (Thema)

Übertragung des Behinderten-Pauschbetrages eines im Ausland lebenden, behinderten Kindes. Einkommensteuer 1998

 

Leitsatz (redaktionell)

Ein im Ausland lebendes Kind, dessen nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegende Einkünfte nicht den in Bezug auf den Wohnsitzstaat angemessen gekürzten Grenzbetrag des § 1 Abs. 3 EStG übersteigen, ist im Rahmen der Prüfung, ob ein unbeschränkt steuerpflichtiger Elternteil Anspruch auf die Übertragung eines Behinderten-Pauschbetrages des Kindes hat, entsprechend dem Rechtsgedanken des § 1 Abs. 3 EStG auch dann als unbeschränkt steuerpflichtig anzusehen, wenn es im fraglichen Veranlagungszeitraum keine inländischen Einkünfte gehabt hat. Entgegen R 194 Abs. 3 EStR 1998 kommt es nicht darauf an, ob das Kind seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in einem EU/EWR-Staat hat.

 

Normenkette

EStG 1997 § 1 Abs. 3, § 33b Abs. 3, 5 S. 1; EStR 1998 R 194 Abs. 3

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 02.06.2005; Aktenzeichen III R 14/04)

BFH (Urteil vom 02.06.2005; Aktenzeichen III R 14/04)

 

Tenor

Der geänderte Einkommensteuerbescheid 1998 vom 21.09.2001 wird dahingehend geändert, dass ein Behinderten-Pauschbetrag nach § 33 b Abs. 3 Satz 2 Einkommensteuergesetz 1998 – EStG 1998 – i.H.v. 2.760 DM berücksichtigt wird. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Verfahrens trägt der Kläger 77 v.H. und der Beklagte 23 v.H.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Berücksichtigung des ungekürzten Kinderfreibetrages i.H.v. 576 DM monatlich nach § 32 Abs. 6 Satz 3 Nr. 1 Alt. 2 EStG 1998, von Aufwendungen i.H.v. 1.800 DM nach § 33 a Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 EStG 1998 und eines Behinderten-Pauschbetrages nach § 33 b Abs. 3 i.V.m. Abs. 5 Satz 1 EStG 1998 i.H.v. 7.200 DM.

Der Kläger ist Vater der am 11.12.1975 geborenen Tochter M., die bei seiner geschiedenen Ehefrau in der Tschechischen Republik lebt. Mit Einkommensteuererklärung 1998 vom 01.07.1999 machte er Unterhaltsaufwendungen für seine Tochter i.H.v. 2.000 DM nach § 33 a Abs. 1 EStG 1998 geltend. Mit Einkommensteuerbescheid vom 27.07.1999 lehnte der Beklagte die Berücksichtigung der Unterhaltsaurwendungen ab, brachte aber nach § 32 Abs. 6 Satz 1 EStG 1998 einen Kinderfreibetrag i.H.v. 288 DM monatlich für M. in Ansatz, den er wegen des Wohnsitzes des Kindes in der Tschechischen Republik nach § 32 Abs. 6 Satz 4 EStG 1998 auf ein Drittel kürzte; insgesamt wurde ein Kinderfreibetrag i.H.v. 1.152 DM abgezogen. Mit Einspruch vom 30.07.1999 wandte sich der Kläger gegen die Kürzung des Kinderfreibetrages für M.. Mit Einspruchsentscheidung vom 28.09.2000 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück.

Am 27.10.2000 hat der Kläger Klage erhoben.

Dem Kläger stehe ein ungekürzter Kinderfreibetrag, ein Behinderten-Pauschbetrag i.S.v. § 33 b Abs. 6 EStG 1998 und ein Pauschbetrag gemäß § 33 a Abs. 3 Nr. 2 EStG 1998 zu. Da der Beklagte die Voraussetzungen des Kinderfreibetrages anerkannt habe, sei aufgrund der schweren Behinderung der Tochter M. auch ein Behinderten-Pauschbetrag i.H.v. 7.200 DM zu gewähren. Gleichermaßen erfüllt seien die Voraussetzungen des § 33 a Abs. 3 Nr. 2 EStG 1998, da hier die Voraussetzungen des § 33 b EStG ausschlaggebend seien; es sei ein Pauschbetrag von 1.800 DM zu gewähren.

Im Klageverfahren hat der Beklagte mit Änderungsbescheid vom 21.09.2001 einen Kinderfreibetrag für M. nach § 32 Abs. 6 Satz 3 Nr. 1 Alt. 2 EStG 1998 i.H.v. 576 DM monatlich in Ansatz gebracht, den er wegen des Wohnsitzes des Kindes in der Tschechischen Republik wiederum nach § 32 Abs. 6 Satz 4 EStG 1998 auf ein Drittel kürzte; insgesamt wurde ein Kinderfreibetrag i.H.v. 2.304 DM abgezogen.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den geänderten Einkommensteuerbescheid vom 21.09.2001 dahingehend zu ändern, dass ein Kinderfreibetrag nach § 32 Abs. 6 Satz 3 Nr. 1 EStG 1998 i.H.v. 6.912 DM, Aufwendungen nach § 33 a Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 EStG 1998 i.H.v. 1.800 DM und ein Behinderten-Pauschbetrag nach § 33 b Abs. 3 i.V.m. Abs. 5 Satz 1 EStG 1998 i.H.v. 7.200 DM berücksichtigt werden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist nicht bereit, einen höheren als den im geänderten Einkommensteuerbescheid vom 21.09.2001 berücksichtigten Freibetrag für das Kind M. anzuerkennen; da das Kind in der Tschechischen Republik lebe, sei der Freibetrag nach § 32 Abs. 6 Satz 4 EStG 1998 entsprechend der Verwaltungsanweisung (Ländergruppeneinteilung) laut BMF-Schreiben vom 27.02.1996 (BStBl I 1996, 115) auf 1/3 zu mindern. Die Voraussetzungen des § 33 a Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 EStG 1998 lägen nicht vor. Die Übertragung des Behinderten-Pauschbetrages nach § 33 b Abs. 3 i.V.m. Abs. 5 Satz 1 EStG 1998 sei nach R 194 Abs. 3 Einkommensteuerrichtlinien 1998 – EStR 1998 – nur zulässig...

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