Entscheidungsstichwort (Thema)

Verfassungsmäßigkeit des besonderen Kirchgeldes in glaubensverschiedener Ehe in Sachsen im Jahr 2009 trotz Nichterhebung des Kirchgeldes von Partnern einer eingetragenen Lebensgemeinschaft

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Regelungen des Sächsischen KiStG zum besonderen Kirchgeld in glaubensverschiedener Ehe sind nicht verfassungswidrig. Das gilt auch insoweit, als das Sächsische Kirchensteuerrecht im Streitjahr 2009 weder vor noch nach der rückwirkenden Änderung des Einkommensteuergesetzes durch Gesetz zur Änderung des EStG in Umsetzung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 7. Mai 2013 zum Ehegattensplitting für eingetragene Lebenspartnerschaften ein Kirchgeld für Partner in glaubensverschiedenen eingetragenen Lebenspartnerschaften vorgesehen hat, für Ehegatten dagegen schon.

2. Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass in Sachsen im Jahr 2009 bei eingetragenen Lebenspartnerschaften, denen ursprünglich das Ehegattensplitting nach §§ 26, 26b EStG versagt geblieben war, auch kein besonderes Kirchgeld wie bei glaubensverschiedenen Ehen festzusetzen war. Auch nach Änderung des Einkommensteuergesetzes im Jahre 2013, derzufolge eingetragene Lebenspartnerschaften bei noch nicht bestandskräftiger Einkommensteuerveranlagung die Möglichkeit des Ehegattensplittings ggf. auch rückwirkend offensteht, während besonderes Kirchgeld nur für die Zukunft zu erheben ist, war eine rückwirkende Gleichbehandlung von glaubensverschiedenen Ehen und Lebenspartnerschaften nicht geboten, und zwar weder durch rückwirkende Erhebung des besonderen Kirchgeldes von Lebenspartnern noch durch rückwirkende Befreiung von Ehegatten vom besonderen Kirchgeld.

3. Auch der Umstand, dass der Sächsische Gesetzgeber zwei Jahre gebraucht hat, um durch Änderung des Kirchensteuergesetzes auf die Änderung des Einkommensteuergesetzes im Jahre 2013 zu reagieren und die glaubensverschiedenen Lebenspartnerschaften mit den glaubensverschiedenen Ehen gleich zu behandeln, führt nicht zu verfassungsrechtlichen Zweifeln an der Festsetzung des besonderen Kirchgeldes für Ehegatten im Jahre 2009.

 

Normenkette

GG Art. 3 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1, Art. 19 Abs. 4; Sächsische Verfassung Art. 18 Abs. 1, Art. 22 Abs. 1; SächsKiStG § 4 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 4 S. 1 Nr. 5, § 2 Abs. 1, § 8 Abs. 1-2; EStG § 2 Abs. 8, § 52 Abs. 2a

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten wegen Fragen der Verfassungsmäßigkeit des Kirchgeldes in glaubensverschiedener Ehe.

Die Klägerin, die im Streitjahr 2009 der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens angehörte, wurde zusammen mit ihrem Ehemann zur Einkommensteuer veranlagt. Sie erzielte geringe Verluste aus Gewerbebetrieb und aus Vermietung und Verpachtung sowie positive Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit i.H.v. …. Der Ehemann der Klägerin gehörte im Streitjahr 2009 keiner kirchensteuererhebungsberechtigten Religionsgemeinschaft an.

Laut Einkommensteuerbescheid 2009 vom … betrug das zu versteuernde Einkommen der Eheleute …. Das besondere Kirchgeld gemäß Kirchgeldtabelle wurde mit dem angefochtenen Bescheid … vom basierend auf dem zu versteuernden Einkommen beider Ehegatten, d.h. auf einer Bemessungsgrundlage von …, auf EUR … festgesetzt.

Der Einspruch, mit dem die Klägerin die Ungleichbehandlung gegenüber Partnern einer eingetragenen Lebenspartnerschaft rügte, blieb ohne Erfolg (Einspruchsentscheidung vom …). Während des Einspruchsverfahrens wurde die Einkommensteuerfestsetzung mit Bescheid vom … geändert; die Kirchensteuerfestsetzung änderte sich nicht (Blatt 80 der Finanzgerichtsakte).

Hiergegen hat die Klägerin am … bei dem beklagten Finanzamt (dem Finanzamt) Klage erhoben. Sie macht geltend, Ehegatten würden gegenüber eingetragenen Lebenspartnerschaften ohne sachlichen Grund schlechter behandelt. Dies verstoße sowohl gegen Art. 6 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz als auch gegen Art. 22 Abs. 1, Art. 18 Abs. 1 der Sächsischen Verfassung.

Spätestens mit dem zum 1. Januar 2005 in Kraft getretenen Gesetz zur Überarbeitung des Lebenspartnerschaftsrechts vom 15. Dezember 2004 seien die bürgerlich-rechtlich verfasste Ehe und die eingetragene Lebenspartnerschaft jeweils übereinstimmend als umfassende institutionalisierte Verantwortungsgemeinschaft verbindlich gefasst und ausgestaltet worden. In beiden rechtlich verbindlich verfassten Lebensformen sei der Lebensführungsaufwand der Partner wirtschaftlich und rechtlich vergleichbar. Trotz dieser Rechtsentwicklung im Familienrecht werde das besondere Kirchgeld seit dem Veranlagungszeitraum 2005 unverändert dem Gesetz nach allein von zusammenveranlagten Eheleuten erhoben.

Dies stelle eine mittelbare Ungleichbehandlung wegen der sexuellen Orientierung dar, für die es keinen sachlichen Grund gebe. Insbesondere könne als Grund hierfür nicht angenommen werden, dass die eingetragenen Lebenspartner von den Regeln des Ehegattensplittings ...

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