Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Inanspruchnahme von Sonderabschreibungen erforderlicher Erwerb einer Beteiligung an einer Grundstücks-GbR mit fest zugeordneter Teileigentumserheit kein grunderwerbsteuerlicher Gestaltungsmissbrauch. Grunderwerbsteuer

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Erwerb einer von Anfang an mit einer besonderen Berechtigung am Grundstück bzw. Eigentumswohnung bzw. Teileigentumseinheit verbundenen Beteiligung an einer Personengesellschaft ist nach der BFH-Rechtsprechung missbräuchlich und nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG grunderwerbsteuerbar, wenn außer einer Grunderwerbsteuerersparnis für den Anteilserwerb an Stelle der an sich gebotenen Übertragung des Grundstückseigentums keine anderen beachtlichen Gründe geltend gemacht werden können.

2. Triftige –gegen eine „Unangemessenheit” der Gestaltung i. S. von § 42 AO 1977 sprechende– Gründe liegen aber vor, wenn der Steuerpflichtige bei einem „direkten” Erwerb einer Teileigentumseinheit anders als beim Erwerb der Gesellschaftsanteile die 50 %ige Sonderabschreibung nach § 4 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 3 Fördergebietsgesetz nicht mehr erhalten hätte, zudem durch die konkrete Ausgestaltung der Gesellschaftsbeteiligung das persönliche Haftungsrisiko reduziert und eine den individuellen Bedürfnissen des Gesellschafters gerecht werdende Finanzierung ermöglich worden ist.

 

Normenkette

GrEStG 1997 § 1 Abs. 1 Nr. 1; AO 1977 § 42 Sätze 1-2; FördG § 4 Abs. 2 Nr. 1, § 3; GrEStG 1997 § 1 Abs. 2; GrEStG § 5

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 01.12.2004; Aktenzeichen II R 23/02)

BFH (Urteil vom 01.12.2004; Aktenzeichen II R 23/02)

 

Tenor

1. Der Grunderwerbsteuerbescheid vom 18. August 1998 und die Einspruchsentscheidung vom 1. November 1999 werden aufgehoben.

2. Die Kosten des Rechtsstreites fallen dem Beklagten zur Last.

3. Die Entscheidung ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der sich aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ergebenden erstattungsfähigen Kosten des Klägers abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Erwerb eines Anteils an einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), der mit einer besonderen Berechtigung an einer der Gesellschaft gehörenden Teileigentumseinheit verbunden ist, grunderwerbsteuerpflichtig ist.

Aufgrund notariellen Aufnahmevertrags vom 15.12.1997 (Urkundenrolle Nr. des Notars G.) trat der Kläger mit einer Bareinlage von 265.600 DM in eine bereits aus 15 Gesellschaftern bestehende Gesellschaft bürgerlichen Rechts ein. Die GbR war am 23.10.1996 (Urkundenrolle Nr. des Notars G.) gegründet worden. In deren Gesamthandseigentum befand sich das von den vier Gründungsgesellschaftern B., Ha., Ho. und H. eingebrachte Geschäfts- und Wohngrundstück L.-straße 10 in L. Zweck der Gesellschaft war die Sanierung, Instandhaltung und Vermietung des in Wohnungs- und Teileigentumseinheiten aufzuteilenden Grundbesitzes. Wegen des Kapitalbedarfs war die Aufnahme weiterer Gesellschafter vorgesehen.

Nach § 15 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrags ist jeder neu eintretende Gesellschafter verpflichtet, einen zur Kapitalerhöhung der Gesellschaft dienenden und dem Kapitalkonto I gutzubringenden Geldbetrag einzuzahlen. Der Betrag „bemisst sich an dem Wert der mit den von ihm eingebrachten Mitteln zu bildenden und zu sanierenden Wohnungs- bzw. Teileigentumseinheit. Der eintretende Gesellschafter ist berechtigt, ein zur Finanzierung der Bareinlage aufgenommenes Darlehen auf dem ihm zugeordneten Wohnungseigentum abzusichern. Für den Fall der Auflösung der Gesellschaft oder des Austritts des Gesellschafters aus der GbR soll der Gesellschafter als Sachabfindung die mit seinem Kapitalanteil gebildete und sanierte Wohnungs- bzw. Teileigentumseinheit aus dem Gesellschaftsvermögen zu Alleineigentum übertragen erhalten. Gemäss § 15 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrags ist zur Absicherung dieses Anspruchs die Eintragung einer Vormerkung im betreffenden Wohnungs- bzw. Teileigentumsgrundbuch vorzunehmen. Jeder Gesellschafter kann die Gesellschaft unter Einhaltung einer Frist von einem Jahr auf das Ende eines Geschäftsjahres, frühestens jedoch mit Wirkung zum 31.12.2005 kündigen. Zur Übertragung des Gesellschaftsanteils bedarf es eines zustimmenden Gesellschafterbeschlusses, wobei die einfache Mehrheit genügt (§ 14 GbR-Vertrag). Für den Fall, dass ein Gesellschafter die Selbstnutzung der Eigentumseinheit beabsichtigt, hat er die Kündigung zu erklären, welche das sofortige Ausscheiden aus der Gesellschaft zur Folge hat. Kommt der Gesellschafter dieser Verpflichtung nicht nach, kann er im Falle der Selbstnutzung aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden. In beiden Fällen erhält er als Abfindung die ihm zugeordnete Wohnungs- bzw. Teileigentumseinheit zu Alleineigentum übertragen (§ 1 Abs. 2 GbR-Vertrag).

Hinsichtlich der Inanspruchnahme von Abschreibungen ist im GbR-Vertrag weiterhin bestimmt: „Sofern die Gesellschaft die In...

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