Entscheidungsstichwort (Thema)

Verpachtung eines Badesees mit Freibad durch eine Gemeinde an eine Eigengesellschaft als Betrieb gewerblicher Art

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der Betrieb eines Schwimmbades durch eine Gemeinde ist Betrieb gewerblicher Art (BgA), wenn er nachhaltig ist, der Erzielung von Einnahmen dient und sich von der übrigen Tätigkeit der Gemeinde in ausreichendem Maße abhebt.

2. Der Behandlung der Verpachtung eines solchen Bäderbetriebs gegen eine an den Grundstückswerten der erforderlichen Flächen orientierte Pacht an eine kommunale Eigengesellschaft als BgA steht nicht entgegen, dass im Betriebsüberlassungs- und Betriebsführungsvertrag die Gewährung eines jährlichen Zuschusses für die zu erwartenden Verluste angekündigt wird, dessen Gewährung auf der Grundlage des jeweiligen Stadtratsbeschlusses erfolgt.

 

Normenkette

KStG § 4 Abs. 1, 4

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 10.12.2019; Aktenzeichen I R 9/17)

 

Tenor

1. Der Bescheid über die Aufhebung des Körperschaftsteuerbescheides 2010 vom 28. Februar 2013 und die Einspruchsentscheidung vom 21. Oktober 2015 werden aufgehoben.

2. Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.

3. Die Revision wird zugelassen.

4. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

5. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten, ob im Streitjahr 2010 die Verpachtung eines Badesees mit Freibad durch die Klägerin, einer Gemeinde, an eine Eigengesellschaft einen Betrieb gewerblicher Art (BgA) iSd. § 4 Abs. 4 KStG darstellt.

Der Stadtrat der Klägerin beschloss im Jahre 1998 die Ausgliederung des Badesees mit Freibad aus dem Geschäftsbereich der Stadtverwaltung (Beschluss vom 16. Dezember 1998 Nr. 98/0789, Blatt 1 der Dauerakte). Mit einem Betriebsüberlassungs- und Betriebsführungsvertrag vom Februar 1999, auf den im Einzelnen Bezug genommen wird (Blatt 2 ff. der Dauerakte) übertrug die Klägerin auf der Grundlage des Stadtratsbeschlusses ab dem 1. März 1999 den Betrieb „ Badesee und Freibad „ an die B-GmbH. Die Klägerin ist über eine Beteiligungs- und Verwaltungsgesellschaft C zu 100 % an der B-GmbH beteiligt.

Unter § 1 des Vertrages überließ die Klägerin der B-GmbH für zunächst 25 Jahre unentgeltlich den Besitz an dem Grundstück Badesee mit allen auf dem Grundstück bestehenden Bauten (ausgenommen eine Lagerhalle). Unter § 3 des Vertrages verpflichtete sich die Klägerin u.a. zur Entschlammung des Sees sowie der Neuverlegung von Trinkwasser- und Abwasserleitung. Alle künftigen Maßnahmen zur Umgestaltung bzw. zum weiteren Ausbau des Badesees mit Freibad sollten im gegenseitigen Einvernehmen zwischen der Stadt und der B-GmbH abgestimmt und insbesondere hinsichtlich der Übernahme der Investitionskosten gesondert geregelt werden. Die B-GmbH übernahm das bereits vorhandene Inventar zu einem Zeitwert von DM 1.000,– sowie die Beschäftigungsverhältnisse der im Freibad beschäftigten Mitarbeiter der Klägerin (§ 8 des Vertrages).

Die B-GmbH verpflichtete sich, auf dem Grundstück ein Schwimmerbecken, ein Nichtschwimmerbecken und ein Kleinkinderbecken zu errichten (§ 4 des Vertrages) und auf dem Gelände jeweils von Mai bis September den Badebetrieb zu unterhalten und durchzuführen (§ 6 Abs. 1 des Vertrages). Sie wurde nach § 9 des Vertrages verpflichtet, das Grundstück, die übernommenen Gebäude und Gegenstände sowie die von ihr errichteten Baulichkeiten in einem ordnungsgemäßen Zustand zu erhalten bzw. zu warten und angemessen zu versichern.

Unter § 6 Abs. 3 des Vertrages heißt es: „Die B-GmbH erstellt bis zum 31.12. eines jeden Jahres die Ist-Abrechnung für die Sparte ‚Bäder’ sowie deren Wirtschaftsplan für das neue Geschäftsjahr. Auf dieser Grundlage zahlt die Stadt den jährlichen Zuschuss für die Durchführung des Badebetriebes. Die Höhe des Zuschusses wird jährlich durch den Stadtrat für das Folgejahr beschlossen”.

Ab dem 1. November 2005 wurde die unentgeltliche Überlassung des Besitzes an dem Grundstück in eine entgeltliche Überlassung umgewandelt und sollte jährlich EUR 3.684,– betragen (Nachtrag vom 1. Oktober 2005, Blatt 12 der Dauerakte). Die Pacht orientierte sich an den Bodenwerten der zum Badebetrieb überlassenen Flächen.

Im Streitjahr 2010 erhielt die B-GmbH einen Betriebskostenzuschuss zum Verlustausgleich iHv. EUR 197.368,03. Auch in den Vorjahren überstieg der Betriebskostenzuschuss die Pachteinnahmen um ein Vielfaches. Die Zahlung des Zuschusses beruht auf dem jeweiligen Beschluss des Stadtrates der Gemeinde (vgl. für das Jahr 2010 z.B. Blatt 48 der Betriebsprüfungsakte).

In der Körperschaftsteuererklärung für das Streitjahr 2010 erklärte die Klägerin, die für den BgA „…” ihren Gewinn durch Einnahme-Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt, einen Verlust iHv. EUR 197.425,–. Mit Körperschaftsteuerbesch...

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