Entscheidungsstichwort (Thema)

Erlöszuschätzungen bei nicht ordnnungsgemäßer Kassenbuchführung. Einkommensteuer 1995 und Umsatzsteuer 1995 und 1996

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ist die Kassenbuchführung nicht ordnungsgemäß, weil die Geschäftsvorfälle zu keinem Zeitpunkt zeitnah oder zeitlich geordnet verbucht, keine Anfangs- und Schlussbestände ausgewiesen worden sind und sich zudem regelmäßig erhebliche Kassenfehlbeträge ergeben haben, ist das Finanzamt zu Erlöszuschätzungen berechtigt.

2. Wird eine Schätzung erforderlich, weil der Steuerpflichtige seiner Buchführungspflicht nicht genügt, kann sich die Schätzung auch an der oberen Grenze des Schätzungsrahmens orientieren, weil der Steuerpflichtige möglicherweise Einkünfte verheimlichen will. Im Streitfall war die Höhe der Schätzung, bei der Kassenfehlbeträge und gebuchte Einlagen, deren Herkunft nicht nachvollzogen werden konnte, angesetzt wurden und ein Kassenbestand zugeschätzt wurde, nicht zu beanstanden.

 

Normenkette

AO 1977 § 162 Abs. 1-2, § 146 Abs. 1

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

Streitig ist die Hinzuschätzung von Erlösen infolge nicht ordnungsgemäßer Buchführung.

Der Kläger erzielte in den Streitjahren 1995 und 1996 aus einem Einzelunternehmen Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Jeweils gegen Barzahlung schaffte er laut Anlageverzeichnis am 2. Februar 1995 einen Lkw „Mercedes-Benz” zu 8.000 DM und am 23. Januar 1996 einen Transporter „Daimler-Benz 601 D” zu 4.500 DM an. Er erklärte 1995 Einkünfte von 24.503 DM und 1996 von 3.251 DM. Der Beklagte setzte mit Bescheiden zuletzt vom 3. März 1997 die Einkommensteuer 1995 auf 1.017 DM, sowie vom 17. März 1997 und 25. Februar 1998 die Umsatzsteuer 1995 auf 2.170 DM und die Umsatzsteuer 1996 auf ./. 2.507,10 DM fest. Eine 1999 durchgeführte Betriebsprüfung gelangte unter anderem zu der Feststellung (Bl. 19 ff. der Betriebsprüfungsakte), daß der Kläger in den Jahren 1994 bis 1996 Einnahmen und Ausgaben zeitlich ungeordnet oder tageweise zusammengefaßt, zum Teil in der falschen Kassenbuchspalte aufgezeichnet hatte (vgl. Bl. 62 f. der Rechtsbehelfsakte). Aufgrund fehlender Anfangs- und Schlußbestände und nicht durchgeführter Kassenendbestandskontrollen konnte die Entwicklung des Kassenbestands nicht geprüft werden. 1995 und 1996 ergaben sich regelmäßig Kassenfehlbeträge innerhalb oder am Ende eines Monats. Einlagebuchungen zum 31. Dezember 1995 von 7.000 DM und zum 1. Januar 1996 von 4.000 DM dienten nach Auffassung der Betriebsprüfung nur dazu, die Fehlbeträge auszugleichen. Zur Erklärung der Einlagen legte der Kläger Eigenbelege über Geldzuwendungen („Privatdarlehen”) über 8.000 DM unter der Datumsangabe II/95 sowie über 4.000 DM unter der Datumsangabe I/96 vor (Bl. 64 der Rechtsbehelfsakte). Der Beklagte führte daraufhin eine Teilschätzung an zusätzlichen Betriebseinnahmen in Höhe der Kassenfehlbeträge zuzüglich eines fiktiven durchschnittlichen Kassenbestandes der Jahre 1994 bis 1996 für 1995 von 7.500 DM und für 1996 von 4.500 DM durch. Unter Berücksichtigung der Schätzung änderte der Beklagte am 13. Oktober 1999 die vorbezeichneten Bescheide und setzte die Einkommensteuer 1995 auf 3.214 DM, die Umsatzsteuer 1995 auf 3.197 DM sowie die Umsatzsteuer 1996 auf ./. 1.236 DM fest. Hiergegen gerichtete Einsprüche wies der Beklagte mit Entscheidungen vom 20. April 2000 zurück. Der Kläger erhob daraufhin am 22. Mai 2000 Klage.

Der Kläger wendet sich gegen die Zuschätzungen. Er trägt für das Streitjahr 1995 vor, der Kassenfehlbetrag sei durch die Privateinlage zur Finanzierung des Lkw „Mercedes-Benz” geklärt. Die sich buchungstechnisch ergebenden Unstimmigkeiten ließen sich durch eine Umbuchung („Löschung der DM 7.000 Einlage im Dezember; Einfügung der DM 8.000 Einlage im Februar”) beseitigen. Im übrigen seien die Kassenfehlbeträge auf die nicht korrekte Aufzeichnung und Verbuchung von zugeführten Barmitteln aus dem Privatbereich zurückzuführen, die sich durch die Privatdarlehen geklärt hätten. Jedenfalls sei die von dem Beklagten erfolgte Zuschätzung unrealistisch, käme nicht der Wirklichkeit nahe und sei eine unzulässige Strafschätzung.

Der Kläger beantragt sinngemäß, unter Aufhebung der Einspruchsentscheidungen vom 20. April 2000 den Einkommensteuerbescheid 1995 sowie die Umsatzsteuerbescheide 1995 und 1996 jeweils vom 13. Oktober 1999 dahingehend zu ändern, daß die Zuschätzung von Betriebseinnahmen von 7.500 DM in 1995 und von 4.500 DM in 1996 unterbleibt.

Der Beklagte beantragt Abweisung.

Er ist der Auffassung, die Buchführung des Klägers sei insgesamt fehlerhaft. Sie ließe den Schluß zu, daß nicht alle Bareinnahmen verbucht wurden. Auch habe die Herkunft der zum 31. Dezember 1995 und 1. Januar 1996 gebuchten Einlagen nicht nachvollzogen werden können. Es handele sich um Buchungen allein zum Ausgleich von Fehlbeträgen. Daher sei eine Erlöszuschätzung in der vorgenommenen Höhe rechtmäßig. Sie falle niedrig aus und sei keine Strafschätzung. Statt einer Addition sämt...

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