Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerfreier Sanierungsgewinn nach Abschaffung von § 3 Nr. 66 EStG a. F. nur noch bei Darlegung eines besonderen Härtefalls

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Nach der Gesetzesbegründung bei der Aufhebung der Steuerbefreiung für Sanierungsgewinne nach § 3 Nr. 66 EStG a. F. durch das Gesetz zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform vom 29.10.1997 (BGBl I 1997, 2590; BStBl I 1997, 928) ist es ausgeschlossen, die Besteuerung eines Sanierungsgewinns i. S. v. § 3 Nr. 66 EStG a. F. weiterhin – allein aufgrund der §§ 163, 227 AO – als sachlich unbillig anzusehen und von der Besteuerung auszunehmen, wenn außer der Tatsache des sanierungsbedingten Verzichts eines Gläubigers keine besonderen sachlichen oder persönlichen Billigkeitsgründe ersichtlich sind.

2. Wird ein besonderer Härtefall i. S. d. Gesetzesbegründung zur Abschaffung des § 3 Nr. 66 EStG nicht vorgetragen, können die abstrakten Merkmale des BMF-Schreibens v. 27.3.2003 (IV A 6-S 2140-8/03, BStBl I 2003, 240) allein einen Erlass der auf einen Sanierungsgewinn entfallenden Steuer auch dann nicht (mehr) begründen, wenn die Voraussetzungen des BMF-Schreibens erfüllt sind.

 

Normenkette

EStG 1990 § 3 Nr. 66, § 52 Abs. 2i; AO §§ 5, 227, 163; FGO § 102

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob ein Sanierungsgewinn vorliegt und deshalb ein Steuererlass zu gewähren ist.

Der Kläger, der als Schausteller einzelunternehmerisch tätig ist, schloss am 15. November 2008 mit der S eine Vereinbarung zur Regelung seiner Darlehensschulden (Forderungsverzicht mit Besserungsschein). Aus dieser erklärte der Kläger für das Jahr 2008 beim Beklagten einen außerordentlichen Ertrag von 79.202,69 EUR. Er vertrat die Auffassung, es handele sich um einen Sanierungsgewinn, und beantragte den Erlass der insofern entstandenen Steuerschuld nebst Solidaritätszuschlag nach Maßgabe des BMF-Schreibens vom 27. März 2003 (BStBl. I 2003, 240). Der Beklagte lehnte den Erlass mit Verwaltungsakt vom 22. Februar 2010 ab und veranlagte den Kläger mit Bescheid vom gleichen Tag unter Ansatz des ungekürzten Gewinns.

Der Kläger legte gegen den Steuerbescheid Einspruch ein und stellte im selben Schreiben einen erneuten Antrag auf Steuererlass aufgrund des genannten BMF-Schreibens. Diesen legte der Beklagte als Einspruch gegen den Ablehnungsbescheid vom 22. Februar 2010 aus und wies ihn mit Entscheidung vom 25. Oktober 2011 zurück. Die Einspruchsentscheidung zum Steuerbescheid für 2008 erging am 6. Dezember 2011.

Der Kläger hat am 25. November 2011 Klage erhoben, mit der er sein Erlassbegehren weiter verfolgt. Er ist der Auffassung, die Voraussetzungen des BMF-Schreibens seien erfüllt.

Der Kläger beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 22. Februar 2010 und der Einspruchsentscheidung vom 25. Oktober 2011 zu verpflichten, die Einkommensteuer 2008 nebst Solidaritätszuschlag zu erlassen; hilfsweise, den Beklagten zu verpflichten, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu verbescheiden,

sowie die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Ertrag aus dem Forderungsverzicht sei kein Sanierungsgewinn im Sinne des BMF-Schreibens vom 27. März 2003 (BStBl. I 2003, 240), denn eine Sanierungsabsicht der S sei nicht festzustellen.

Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf die eingereichten Schriftsätze, das Protokoll der mündlichen Verhandlung sowie die zum Streitfall übergebenen Steuerakten verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage hat keinen Erfolg.

Der Kläger kann wegen eines etwaigen Sanierungsgewinns keinen Erlass beanspruchen.

Gemäß § 227 der Abgabenordnung (AO) können die Finanzbehörden Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falles unbillig wäre. Dabei handelt es sich um eine Ermessensentscheidung, bei der Inhalt und Grenzen des Ermessens durch den Begriff der Unbilligkeit bestimmt werden. Die behördliche Entscheidung über ein solches Erlassbegehren darf gemäß § 102 der Finanzgerichtsordnung (FGO) gerichtlich (nur) daraufhin geprüft werden, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder ob von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist. Dabei kann eine sachliche Unbilligkeit durch den Steuerpflichtigen nur geltend gemacht werden, wenn die streitige Steuererhebung zwar dem Gesetz entspricht, aber den Wertungen des Gesetzgebers derart zuwiderläuft, dass nach dem erklärten oder mutmaßlichen Willen des Gesetzgebers davon ausgegangen werden kann, er hätte die im Billigkeitswege zu entscheidende Frage im Sinne der beabsichtigten Billigkeitsmaßnahme entschieden (zum Ganzen: Beschluss des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 28. Februar 2012, VIII R 2/08, BFH/NV 2012, 943 m.w.N.).

Nach diesen Maßstäben besteht kein Anspruch auf die begehrte Billigkeitsmaßnahme ...

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