Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorsteuerberichtigung aufgrund von Verwaltungshandlungen des Zwangsverwalters. Geltendmachung nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Eigentümers

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Grundstückseigentümers geht die Verfügungsbefugnis des Schuldners an der Zwangsverwaltung unterliegenden Grundstücken auf den Insolvenzverwalter über. Die Befugnis, das Grundstück zu verwalten und zu benutzen und insbesondere der Besitz an dem Grundstück verbleiben aber bei dem Zwangsverwalter.

3. Ein Vorsteuerberichtigungsanspruch des Finanzamts nach § 15a UStG, der dadurch entsteht, dass der Zwangsverwalter ein Wirtschaftsgut abweichend von den für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnissen verwendet, ist gegenüber dem Zwangsverwalter geltend zu machen.

3. Mit der Beendigung der Zwangsverwaltung nach der Zwangsversteigerung des Grundstücks endet die Verfügungsbefugnis des Zwangsverwalters. Damit kann eine Festsetzung gegenüber dem Zwangsverwalter nicht mehr erfolgen. Die Forderung ist dann gegen das insolvenzfreie Vermögen des Schuldners geltend zu machen.

 

Normenkette

UStG § 15a; InsO §§ 35, 55, 80 Abs. 1, 2 S. 2; ZVG § 153b Abs. 1; FGO § 69 Abs. 3 S. 1, Abs. 2 S. 2

 

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.

2. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

 

Tatbestand

I.

Der Antragsteller wendet sich gegen den Umsatzsteuerbescheid 2012 für das insolvenzfreie Vermögen vom 3.8.2018.

Der Antragsteller war Organträger der X GmbH (Organgesellschaft). Er hatte mit Mietvertrag vom 31.3.1998 (Bl. 4 der Umsatzsteuerakten) das in seinem Eigentum stehende Betriebsgrundstück (Grundbuch von Y., Blatt 1909, Bl. 13 ff. Dauerunterlagen) an die Organgesellschaft vermietet. Der Antragsteller hatte im Jahr 2007 Leistungen für das Grundstück bezogen, aus denen er Vorsteuerbeträge i.H.v. 420.107,24 EUR von der Umsatzsteuer 2007 abgezogen hat.

Das Amtsgericht … hat am 27.12.2011 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Organgesellschaft eröffnet. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens wurde das Grundstück zunächst weiter überlassen; ein schriftlicher Mietvertrag wurde nicht abgeschlossen.

Am 11.4.2012 wurde die Zwangsverwaltung über das Grundstück angeordnet.

Am 18.7.2012 hat das Amtsgericht … das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Antragstellers eröffnet.

Am 9.11.2012 erfolgte die Zwangsversteigerung des Grundstücks.

Der Antragsgegner hat eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs nach § 15a UStG ab 27.12.2011 durchgeführt. Er hat (unter Berufung auf die Ausführungen im BmF-Schreiben vom 3.5.2017) Insolvenzforderungen i.H.v. 3.499,49 (2011), 6.675,68 EUR (1.1.2012 bis 27.2.2012) und 15.505,39 EUR (28.2.2012 bis 17.7.2012), Forderungen gegen das insolvenzfreie Vermögen i.H.v. 12.727,86 EUR (18.7.2012 bis 09.11.2012) und Masseforderungen i.H.v. 213.554,50 EUR (Vorsteuerberichtigung nach Zwangsversteigerung) angenommen.

Mit Umsatzsteuerbescheid 2012 vom 3.8.2018 (Bl. 39 der Umsatzsteuerakten) hat der Antragsgegner Umsatzsteuer für das insolvenzfreie Vermögen des Antragstellers i.H.v. 12.727,86 EUR festgesetzt.

Der Antragsteller hat mit Schreiben vom 15.8.2018 Einspruch eingelegt, Aussetzung der Vollziehung beantragt und vorgetragen, im Kalenderjahr 2012 habe es von Seiten des Insolvenzverwalters keine Freigabe für ein insolvenzfreies Vermögen gegeben. Diese Freigabe sei erst 2013 erteilt worden. Das Grundstück habe unter Zwangsverwaltung gestanden und sei von der Masse aufgrund der Veranlassung des Insolvenzverwalters der Organgesellschaft genutzt worden.

Mit Bescheid vom 22.8.2018 hat der Antragsgegner den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung abgelehnt. Zur Begründung hat er ausgeführt: Der Berichtigungsanspruch, der durch die schädliche Nutzung im Zeitraum ab Insolvenzeröffnung bis zum Ende der Zwangsverwaltung begründet sei, führe nicht zu Masseverbindlichkeiten der Insolvenzmasse, da es an der für die Begründung von entsprechenden Masseverbindlichkeiten notwendigen Verwaltungs- und Verfügungsmacht des Insolvenzverwalters fehle. Nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO liege nur dann eine Masseverbindlichkeit vor, wenn sie durch Handlungen des Insolvenzverwalters oder in anderer Weise durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse begründet werde. Die Verfügungsmacht liege nach §§ 148 i.V.m. 152 ZVG jedoch beim Zwangsverwalter. Dem Insolvenzverwalter sei die Verfügungsmacht für das angeordnete Zwangsverwaltungsverfahren entzogen, § 80 InsO. Somit könne nicht darauf abgestellt werden, dass keine Freigabe des Grundstücks aus dem Insolvenzbeschlag erfolgt sei.

Im laufenden Zwangsverwaltungsverfahren gehöre auch die durch die Nutzung des zwangsverwalteten Grundstücks entstandene Umsatzsteuer zu den Kosten des Zwangsverwaltungsverfahrens gemäß § 155 Abs. 1 ZVG.

Zwischenzeitlich sei jedoch die Zwangsverwaltung des Grundstückes aufgehoben worden mit der Folge, dass nicht die Masse, sondern der Insolvenzschuldner mit seinem insolvenzf...

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