Leitsatz

Die Rückzahlung ursprünglich als laufender Arbeitslohn gezahlter Beträge gilt nicht schon in dem Kalenderjahr als abgeflossen, in dem der laufende Arbeitslohn selbst gem. § 11 Abs. 1 Satz 3 (jetzt Satz 4) EStG i.V.m. § 38a Abs. 1 Satz 2 EStG als bezogen galt. Die Rückzahlung ist erst im Kalenderjahr des tatsächlichen Abflusses Einkünfte mindernd zu berücksichtigen.

 

Normenkette

§ 163 AO, § 11, § 19 Abs. 1, § 38a Abs. 1 Satz 2 EStG

 

Sachverhalt

Die Klägerin ist Alleinerbin nach ihrem verstorbenen Ehemann (G). G wurde im Streitjahr 1998 zusammen mit der Klägerin zur ESt veranlagt. 2001 beantragte G, den bestandskräftigen ESt-Bescheid für 1998 zu ändern, weil er überzahlten Arbeitslohn des Streitjahrs i.H.v. rd. 7.000 DM im Jahr 1999 zurückgezahlt habe. Später beantragte G außerdem, die ESt für das Streitjahr nach § 163 AO abweichend in der Weise festzusetzen, dass die Lohnrückzahlung Steuer mindernd berücksichtigt werde.

Das FA lehnte die Anträge auf Änderung des ESt-Bescheids und auf abweichende Steuerfestsetzung ab. Die Klage hatte keinen Erfolg.

 

Entscheidung

Der BFH bestätigte die Vorentscheidung. Sie entspreche den o.a. Grundsätzen zu § 11 EStG.

Das angefochtene Urteil sei auch insoweit nicht zu beanstanden, als das FG die Entscheidung des FA, die ESt nicht nach § 163 AO aus Billigkeitsgründen abweichend festzusetzen, als ermessensfehlerfrei beurteilt habe. Die diesbezügliche Entscheidung des FA stelle eine Ermessensentscheidung (§ 5 AO) dar, die nach § 102 FGO grundsätzlich nur eingeschränkter gerichtlicher Nachprüfung unterliege. Die Entscheidung könne im finanzgerichtlichen Verfahren nur auf Ermessensfehler überprüft werden (§ 102 FGO). Die Entscheidungen sowohl des FA als auch des FG seien nicht zu beanstanden.

 

Hinweis

1. Wer die jüngst zu diesem Themenkreis ergangenen Urteile, sämtliche vom 4.5.2006, VI R 19/03, BFH-PR 2006, 349; VI R 17/03, BFH-PR 2006, 387, VI R 33/03, BFH-PR 2007, 1 gelesen hat, kann durch das Ergebnis der Besprechungsentscheidung nicht überrascht sein. Hatte doch der BFH in allen Fällen dahingehend erkannt, dass zurückgezahlte Einnahmen erst im Zeitpunkt des Abflusses Steuer mindernd zu berücksichtigen sind. Dies folgt aus dem Zu- und Abflussprinzip des § 11 EStG.

Es ist hinzunehmen, wenn es hierdurch zu Ergebnissen kommt, die als Folge der ESt-Progression oder fehlender tatsächlicher Ausgleichsmöglichkeiten zu steuerlichen Be- oder Entlastungen führen können. Wer die o.a. Urteile analysiert, wird demzufolge auch feststellen können, dass die vorbezeichnete Rechtsprechung für die Kläger im Ergebnis sowohl ungünstig (VI R 19/03 und VI R 17/03) als auch vorteilhaft (VI R 33/03) gewesen ist.

2. Der BFH hat sich zur Veröffentlichung der Besprechungsentscheidung auch deshalb entschlossen, weil die Klägerin hier zusätzlich einen Billigkeitsantrag nach § 163 AO (allerdings erfolglos) gestellt hatte. Hierzu ist Folgendes anzumerken:

Nach § 163 Satz 1 AO kann eine Steuer u.a. niedriger festgesetzt werden, wenn ihre Erhebung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre. Die Unbilligkeit kann entweder in der Sache liegen oder – was hier nicht geltend gemacht worden war – ihren Grund in der Person des Steuerpflichtigen haben.

Sachlich unbillig ist die Erhebung einer Steuer vor allem dann, wenn sie im Einzelfall nach dem Zweck des zugrunde liegenden Gesetzes nicht (mehr) zu rechtfertigen ist und dessen Wertungen zuwiderläuft. Allerdings (und dies ist hier entscheidend) können Umstände, die – wie oben unter Ziffer 1 zu § 11 EStG ausgeführt – dem Besteuerungszweck entsprechen oder die der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung eines Tatbestands bewusst in Kauf genommen hat, einen Billigkeitserlass aus sachlichen Gründen grundsätzlich nicht rechtfertigen.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 7.11.2006, VI R 2/05

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